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Nachtflug Zur Hölle

Nachtflug Zur Hölle

Titel: Nachtflug Zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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Minuten lang warten, bis Sie Ihre Mitteilung geschrieben haben.«
    White hätte lieber sofort telefoniert, aber er wußte, daß Knowltons Vorschlag vernünftig war. Alarmierte er die zuständigen Stellen jetzt nur telefonisch, hatte er keine Garantie, daß sie sich tatsächlich damit befaßten. Womöglich kehrte irgendein Arschloch, das ein Problem weniger haben wollte, den Fall einfach unter den Teppich. Und Paul White war entschlossen, genau das nicht zuzulassen.
Luftraum über Westlitauen
Später am selben Morgen
    »Dort vorn muß es sein«, sagte der Pilot des litauischen Militärhubschraubers über die Bordsprechanlage zu seinem Fluggast. »Verdammt, sehen Sie sich bloß an, wie die Schweinehunde das Land zugerichtet haben!« Er zeigte nach vorn auf die Absturzstelle. Mehrere Hubschrauber, Dutzende von Fahrzeugen – darunter einige Schützenpanzer BTR – und Hunderte von Soldaten umgaben einen kleinen dunklen Fleck auf dem schlammigen Boden. Die Soldaten hatten schweres Pioniergerät eingesetzt, um eine Fahrspur anzulegen, die als breite Schneise von der Asphaltstraße quer über die Felder, durch Weidezäune und eine Fichtenschonung zur Absturzstelle führte. Aus der Luft erinnerte die fast drei Kilometer lange Spur der Verwüstung an den Pfad eines Wirbelsturms.
    »Die weißrussische Infanterie versteht ihr Handwerk, das sieht man«, sagte General Dominikas Palcikas, der Oberkommandierende der litauischen Streitkräfte, während er das Gebiet vom Copilotensitz aus begutachtete. »Ihre Fahrzeuge sind gut verteilt«, erklärte er dem Piloten. »Sehen Sie? Alle Straßen und freien Flächen in der näheren Umgebung sind mit Fahrzeugen blockiert. Niemand soll dort landen können.«
    Der Hubschrauberpilot nickte. Obwohl die Republik Litauen 1990 die Sowjetunion verlassen hatte, war nach dem Zerfall der UdSSR und der Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten als friedenserhaltende Maßnahme vertraglich die Stationierung von GUS-Truppen in den baltischen Staaten vereinbart worden. Trotzdem befürchteten viele Litauer, ihre Beschützer – vor allem die Weißrussen – könnten sich eines Tages über ihre Verpflichtungen hinwegsetzen und versuchen, sich Litauen einzuverleiben.
    „Was soll ich tun, General?« fragte sein Pilot.
    „Versuchen Sie noch mal, die Kerle über Funk zu erreichen. Ein paar Wagen sollen wegfahren, damit wir landen können.«
    Der Pilot bemühte sich nochmals, Funkverbindung zu bekommen.
    Während Palcikas auf eine Antwort der Weißrussen wartete, verfinsterte sich seine Miene mit jeder Sekunde, die ergebnislos verstrich. General Dominikas Palcikas war ein 53jähriger Veteran – ein geborener Litauer, der seine Ausbildung jedoch in der ehemaligen Sowjetarmee erhalten hatte. Als russischer General war sein Vater Kommandeur einer litauischen Division gewesen, die den Beinamen »Brigade Eiserner Wolf« getragen hatte – eine Erinnerung an das gefürchtete Heer der litauischen Großfürsten im Mittelalter. Im Zweiten Weltkrieg hatte General Palcikas’ Brigade heldenhaft gekämpft, was die Offizierskarriere seines Sohnes sehr gefördert hatte.
    Dominikas Palcikas stieg rasch bis zum Oberst auf, war im Militärbezirk Fernost stationiert und kommandierte danach in Afghanistan ein Panzerbataillon. Nach dem sowjetischen Rückzug aus Afghanistan wurde er in den Militärbezirk West versetzt. Doch die militärische Niederlage in Afghanistan hatte seiner Karriere geschadet: Palcikas wurde zu den Grenztruppen des Innenministeriums versetzt, kam in die Weißrussische SSR und kommandierte dort ein zur Grenzsicherung eingesetztes Regiment.
    Dieser plötzliche Karriereknick beeinflußte sein Bild von der Sowjetunion. Palcikas erkannte, daß Litauen unter sowjetischer Herrschaft ebenso zu verarmen drohte wie Afghanistan. Er begann sich mit litauischer Geschichte zu beschäftigen, und seine Enttäuschung über die UdSSR erreichte ihren Höhepunkt mit den 1989 und 1990 von Sondertruppen des Innenministeriums – den berüchtigten Schwarzen Baretten – in Riga und Wilna verübten Massakern.
    1990 quittierte Palcikas den Dienst in der Sowjetarmee und wanderte nach Litauen aus. Als sich die Republik Mitte 1991 für unabhängig erklärte, übernahm er als General den Oberbefehl über ihre Selbstverteidigungsstreitkräfte. Seinem ersten Offiziers- und Freiwilligenkader gab er den Namen »Brigade Eiserner Wolf«, womit er nicht nur an die litauischen Großfürsten, sondern auch an die Einheit erinnerte, die

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