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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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denk nach und teil mir das Ergebnis spätestens bis zwölf Uhr mit. Aber wenn du irgendwas rumerzählst, dann soll deine Zunge vertrocknen!»
    «Hoho! Alttestamentarische Flüche. Das machst du doch sonst nicht, Laura. Bist auch nicht besonders gut drauf, oder?»
    «Nein! Würdest du jetzt bitte mein Büro verlassen. Ich habe nämlich eine Menge zu tun.»
    Kommissar Baumann zuckte die Achseln und ließ die Tür etwas zu laut ins Schloss fallen. Eine Weile betrachtete Laura die Tür, dann stand sie auf und verriegelte sie. Das machte sie hin und wieder, wenn sie ungestört sein wollte. Natürlich war es in den Augen vieler Kollegen eine völlig unverständliche und eigentlich nicht akzeptable Verhaltensweise, ein Spleen, aber das war Laura egal.
    Es gab Momente in ihrem Leben, da durfte niemand unverhofft in ihr Zimmer stolpern, und so ein Moment dehnte sich schon über diesen gesamten Morgen. Niemals würde Laura das Lächeln vergessen, mit dem Sofia an diesem Morgen neben ihr aufgewacht war: ein Kinderlächeln, voll Vertrauen, geradezu selig.
    Sie hatte zurückgelächelt, in dem Bewusstsein, dass sie ihre Tochter vor den Schmerzen des Lebens nicht beschützen konnte, und genau diese Hilflosigkeit klang noch immer in ihr nach.
    Sofia dagegen hatte ihren Rückfall ins Kleinkindalter kurz darauf abgeschüttelt und sich in die coole Fünfzehnjährige zurückverwandelt, die offensichtlich ihrem derzeitigen Selbstbild entsprach. Für längere klärende Gespräche war keine Zeit geblieben. Alle drei hatten sie ein bisschen zu lange geschlafen. Luca und Sofia stoben davon, Laura war zurückgeblieben, mit halbleeren Müslischalen, halbvollen Teetassen und halbklaren Gefühlen. Deshalb musste die Tür für eine Weile abgeschlossen bleiben.
    Sie hatte es nicht einmal geschafft, Angelo Guerrini in Siena zurückzurufen, hatte nur seiner Stimme zugehört, ein paarmal sogar. Ein Vorteil von Anrufbeantwortern. Man konnte Stimmen immer wieder abrufen, alle Nuancen herausfiltern. Der Commissario hatte ein wenig angespannt geklungen, ungeduldig, weil Laura nicht erreichbar war. Weder Luca noch Sofia hatten sein Gespräch angenommen. Auch das kam Laura seltsam vor, denn sie mochten ihn und hatten inzwischen eine ziemlich freundliche Beziehung zu ihm.
    Und trotzdem: Wenn Laura Schwierigkeiten mit ihren Kindern hatte, rückte Angelo Guerrini jedes Mal ein Stück weg. Noch immer trennte sie die Beziehung zu ihm von der Beziehung zu ihren Kindern. Wenn es um Sofia und Luca ging, rief sie eher ihren Vater Emilio an und bat ihn um Rat. Hin und wieder sogar ihren Exmann Ronald.
    Angelo war etwas anderes, etwas, das nur zu ihrem eigenen Leben gehörte. Vielleicht war es falsch, so zu denken. Aber sie empfand genau so. Ganz besonders seit dem ersten, etwas längeren Urlaub mit ihm. Gerade mal sechs Wochen waren seither vergangen. Die Verse des römischen Dichters Petronius, die er damals für sie ausgewählt hatte, trug sie stets mit sich herum – in einem Geheimfach ihres ledernen Rucksacks:
Welch eine Nacht! Ihr Götter und Göttinnen! Wie Rosen war das Bett! …
    Manchmal las sie diese Verse, um sich ihrer zu vergewissern. Nein, nicht jetzt und nicht hier in diesem Büro! Es wäre besser, wenn sie die Arbeit der letzten Nacht fortsetzte. Der Aktenberg war noch immer ziemlich hoch, und sie war neugierig, ob Signora Cipriani tatsächlich anrufen würde. Dass Peter Baumann bei einer Überwachung des Schließfachs mitmachen würde, dessen war sich Laura ziemlich sicher. Beinahe hundertprozentig.
     
    Als das Zimmermädchen die Tür aufriss und erschrocken wieder zuknallte, fuhr Donatella Cipriani auf. Erst nach ein paar Sekunden fand sie sich halbwegs zurecht. Der Fernseher lief ohne Ton. Sonnenlicht fiel durch die Ritzen der Vorhänge, die eine ganze Fensterwand verhüllten. Sie war also doch eingeschlafen, irgendwann gegen Morgen. Immer dann, wenn sie erst gegen Morgen einschlief, fiel sie in eine Art Tiefschlaf, der einer Ohnmacht nahekam oder dem Sturz in einen tiefen dunklen Schacht. Sie fühlte sich benommen, war versucht, wieder wegzudämmern, fuhr erneut hoch und tastete nach ihrer Uhr. Beinahe zehn! Wie konnte sie in dieser Situation verschlafen? Donatella sprang aus dem Bett, taumelte und musste sich setzen, weil ihr schwarz vor Augen wurde.
    Um elf war sie mit Benjamin zum Brunch verabredet, und sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Ihr Flieger nach Mailand startete um halb vier. Sie musste also spätestens um halb drei am

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