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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Commissario. Möchten Sie einen Caffè oder ein anderes Getränk?»
    «Nein, nein. Ich möchte mich auch nicht setzen. Meine Zeit ist etwas knapp. Ich wollte Sie, wie gesagt, nur informieren.»
    «Danke, eine unangenehme Sache.»
    «Ja, das ist es. Und besonders grausam.»
    Remus massierte mit seiner linken Hand den rechten Oberarm und schaute auf die Landschaft hinaus.
    «Hat Ihre Frau erzählt, worum es sich handelt?»
    «Nein.»
    «Interessiert es Sie nicht?»
    «Nein, ich hasse Grausamkeiten.»
    «Ich schätze sie auch nicht besonders, aber es gibt sie.»
    «Leider. Dieser Ort ist ein Ort des Friedens, der Ruhe und der Erholung von der Welt da draußen.»
    «Wie schön.»
    «Ja, es ist schön. Alle, die sich hier erholen, sind vollkommen glücklich. Wir ermöglichen eine Zeit in einer Art paradiesischem Zustand. Unseren Gästen wird jeder Wunsch erfüllt.»
    «Jeder?»
    «Eigentlich jeder.» Jetzt massierte Remus mit der rechten Hand den linken Oberarm. Plötzlich entschuldigte er sich für sein Verhalten. «Ich habe heute Morgen zu heftig trainiert. Meine Muskeln rebellieren.»
    «Ach so. Wenn ich zu lange mit dem Rad fahre, dann muss ich auch meine Beine massieren. Ich übertreibe es manchmal, genau wie Sie.» Guerrini redete absichtlich so harmlos vor sich hin, lächelte harmlos und fügte hinzu: «Ich kann mir vorstellen, dass es ganz schön teuer ist, wenn man jeden Wunsch erfüllt bekommt.»
    «Es ist nicht billig, aber angemessen.»
    «Wahrscheinlich. Bene, Sie wissen jetzt Bescheid. Falls Sie irgendetwas hören oder Ihnen etwas auffällt, dann rufen Sie mich doch bitte an.» Guerrini reichte Michael Remus seine Karte.
    «Ich glaube zwar nicht, dass ich etwas hören werde … aber danke.» Remus legte die Karte auf seinen Schreibtisch.
    «Ja, dann werde ich jetzt gehen. Der oder die Mörder hatten dem Toten übrigens Geldscheine in den Hals gestopft. Es muss also in irgendeiner Weise um Geld gegangen sein. Ich meine, bei dem Motiv.»
    Remus verzog das Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse. «Genau das wollte ich vermeiden», flüsterte er. «Ich kann solche Schilderungen nicht ertragen. Es erschüttert mich zu sehr.»
    «Tja, ich kann das verstehen. Mir wird es auch oft zu viel. Was glauben Sie, was ich alles sehen muss …»
    «Sie sollten den Beruf wechseln, Commissario. Es ist nicht gut für die geistige Gesundheit, wenn man sich ständig mit den Abgründen der Menschheit befassen muss.» Remus strich sein halblanges, sehr gepflegtes graues Haar zurück und lächelte kaum merklich – wieder mit einem Ausdruck, als litte er Schmerzen.
     
    Als Guerrini kurz darauf seinen Wagen die schmale Straße den Hügel hinab lenkte, dachte er, dass die Besitzer von
Vita divina
entweder sehr seltsam oder sehr zwielichtig waren. Aber dieser Eindruck konnte auch mit ihm selbst zu tun haben, mit seinen Schwierigkeiten mit Vertretern der Oberklasse in diesem Land … und möglicherweise im Allgemeinen. Immerhin war Michael Remus Deutscher. Außerdem diente er ausschließlich der Oberklasse und war vermutlich ein Aufsteiger. Dass er keine Fragen gestellt hatte, war ebenfalls auffällig. Ein Ausdruck der Verachtung alles Niederen? Schwer einzuschätzen, fand der Commissario.
    Er fuhr jetzt auf das große Tor zu, und es öffnete sich vor ihm, als hätte er magische Fähigkeiten. Auch etwas, das er nicht mochte: Tore, die sich automatisch öffneten und schlossen.
    Diesmal fand er die Teerstraße, die das Institut
Vita divina
mit der Hauptstraße verband. Es war eine schöne Straße, sie führte durch einen Zypressenwald, durchquerte sanfte Wiesen, auf denen einzelne alte Olivenbäume standen, und tauchte endlich in ein Gemisch aus Macchia und halbhohen Eichen ein.
    Als Guerrini um eine scharfe Kurve bog, brach von rechts etwas Schwarzes aus dem Gebüsch und überquerte knapp vor ihm die Straße. Guerrini bremste scharf, der Lancia schleuderte und stand quer. Genau neben Guerrinis Seitenfenster landete auch das dunkle Etwas und starrte ihn an: ein schwarzbehaartes, stämmiges Schwein. Es stand fünf Sekunden lang bewegungslos, stieß dann ein schrilles Quieken aus, das einem Schrei ähnelte, und raste davon.
    Bellagambas Schwein, dachte Guerrini und war froh, dass er es nicht überfahren hatte. Froh auch für seinen Lancia. Langsam stellte er den Wagen wieder in Fahrtrichtung und empfand eine Art lustvoller Neugier, wenn er an diesen neuen Fall dachte. Es könnte einer von diesen Fällen werden, die allumfassend

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