Nachtgefluester 01 - Der gefaehrliche Verehrer
Schulterhalfter.
Sie hatte noch nie jemanden kennengelernt, der so mühelos mit seiner Umgebung verschmolz. Im Moment sah er aus, als würde er jeden Morgen seines Lebens an diesem Ort verbringen, hier bei ihr, die Sportseiten lesend und eine zweite Tasse Kaffee trinkend.
Er blickte zu ihr hoch. Obwohl er nicht lächelte, wirkte seine totale Entspanntheit beruhigend. »Guten Morgen.«
»Guten Morgen.« Verlegen ging sie auf ihn zu. Sie war nicht sicher, ob sie mit einer Entschuldigung oder einer Erklärung anfangen sollte.
»Deborah hat mich hereingelassen.«
Sie nickte und wünschte sich, anstelle der Leggings eine Hose mit Taschen angezogen zu haben. Sie konnte nichts mit ihren Händen machen, außer sie ineinander zu verschränken. »Du warst die ganze Nacht hier.«
»Teil des Services.«
»Du hast in deinem Wagen geschlafen.« Ihr Ton klang fast vorwurfsvoll.
Er neigte den Kopf. »Es war nicht das erste Mal.«
»Tut mir leid.« Mit einem langen Seufzer setzte Cilla sich auf den Beistelltisch ihm gegenüber. Ihre Knie stießen zusammen. Er hielt das für eine freundliche Geste. Eine der freundlichsten, die sie ihm je gezeigt hatte. »Ich hätte dich ins Haus lassen sollen. Ich hätte wissen müssen, dass du bleibst. Ich schätze, ich war …«
»Durcheinander.« Er reichte ihr seinen Kaffee. »Du hattest allen Grund dazu, Cilla.«
»Ja.« Sie nahm einen tiefen Schluck. »Ich hatte mir selbst eingeredet, ihr würdet ihn letzte Nacht schnappen. Es hat mich … das ist merkwürdig, aber es hat mich sogar ein wenig nervös gemacht, mir vorzustellen, dass ich ihn endlich sehen und die ganze Geschichte erfahren würde. Als wir dann hierher kamen und du mir sagtest … Ich konnte nicht darüber sprechen. Ich konnte es einfach nicht.«
»Es ist schon in Ordnung.«
Ihr Lachen klang etwas bemüht. »Musst du so nett zu mir sein?«
»Wahrscheinlich nicht.« Er streckte die Hand aus und berührte ihre Wange. »Wäre es besser, wenn ich dich anschreien würde?«
»Vielleicht.« Unfähig zu widerstehen, hob sie ihre Hand zu seiner. »Streiten fällt mir leichter, als vernünftig zu sein.«
»Das habe ich bemerkt. Bist du je auf die Idee gekommen, dir einen Tag nur zum Entspannen freizunehmen?«
»Eigentlich nicht.«
»Wie wäre es mit heute?«
»Ich wollte meinen Papierkram aufarbeiten. Und ich muss einen Klempner rufen. Wir haben eine undichte Stelle unter der Spüle.« Sie ließ ihre Hand zu den Knien sinken, wo sie sich unruhig bewegte. »Ich bin an der Reihe mit der Wäsche. Und heute Abend lege ich die Platten auf bei diesem Klassentreffen im Stadtzentrum. Bill und Jim teilen sich meine Schicht.«
»Ich habe davon gehört.«
»Diese Klassentreffen … da kann es ganz schön wild zugehen.« Sie redete nur so herum und kam sich mit jeder Sekunde alberner vor. Er hatte ihr die leere Tasse abgenommen und sie weggestellt, um ihre Hände zu halten. »Es kann allerdings auch viel Spaß machen. Vielleicht möchtest du kommen und … ein wenig dableiben.«
»Bittest du mich zu kommen und … ein wenig dazubleiben wie bei einer Verabredung?«
»Ich werde arbeiten«, begann sie und lenkte dann ein. Sie verstrickte sich immer tiefer. »Ja, so ungefähr.«
»In Ordnung. Kann ich dich auch so ungefähr abholen?«
»Um sieben«, sagte sie. »Ich muss zeitig genug da sein, um alles vorzubereiten.«
»Dann sagen wir sechs. Wir können zuerst was essen.«
»Ich …« Tiefer und tiefer. »Also gut. Boyd, ich muss dir jetzt was sagen.«
»Ich höre.«
»Ich will noch immer keine Beziehung. Nicht ernsthaft.«
»Mhm.«
»Du bist der völlig Falsche für mich.«
»Das ist nur einer der Punkte, in denen wir nicht einer Meinung sind.« Er hielt sie fest, als er aufstand. »Lauf nicht auf und ab, Cilla. Atme nur ein paarmal tief durch.«
»Ich halte es für wichtig, dass wir von Anfang an wissen, wie weit das gehen kann und wo die Grenzen sind.«
»Wollen wir eine Liebesaffäre haben, Cilla, oder eine Geschäftsvereinbarung?«
Er lächelte. Sie machte ein finsteres Gesicht.
»Ich finde, wir sollten es nicht eine Liebesaffäre nennen.«
»Warum nicht?«
»Weil es … weil eine Liebesaffäre gewisse Folgen nach sich zieht.«
Er kämpfte gegen das nächste Lächeln an. Es hätte ihr nicht gefallen, dass sie ihn amüsierte. »Was für Folgen?« Langsam zog er ihre Hand an seine Lippen und beobachtete sie dabei.
»Eben …«
Sein Mund strich über ihre Knöchel, und als ihre Finger erschlafften, drehte er ihre
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