Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
Widerstand gegen den Dämon aufzugeben. Nur die drei Tage in Paris hatten sich eingebrannt, auch wenn Adam alles dafür tat, es zu verbergen. Nicht nur vor anderen, sondern auch vor sich selbst.
»Du hättest gleich anrufen sollen, als du am LAX gelandet bist. Dann hätte ich dir verraten, dass die Goldenen Fünfziger leider gerade vorbei sind. Kein Mensch wohnt heutzutage mehr in West Hollywood, nur Einheimische und schreckliche Touristen, die die Bars und Nachtclubs bevölkern, als handele es sich um einen Jahrmarkt.«
Adam zuckte gleichgültig mit der Schulter. »Das Hotel mag seine beste Zeit hinter sich haben, aber mir gefällt diese leicht heruntergekommene Atmosphäre. Das ganze Viertel strahlt so einen Charme des Ausgedienten aus. Würde mich trotzdem nicht überraschen, wenn hier deutlich mehr Leben herrscht als in den Hügeln, in die du dich zurückgezogen hast. Aber in deinem Geschäft ist es sicherlich klüger, die Leute zu sich kommen zu lassen, anstatt ihnen auf der Straße zu begegnen. Dann kann man höhere Preise verlangen.«
Rischka machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nach wie vor ein Mistkerl. Manche Dinge ändern sich eben nie.«
Sie setzten sich in eine Nische der verwaisten Bar, wo sie vom Barkeeper ignoriert wurden, der mit einem verbissenen Gesichtsausdruck Gläser polierte. Das rote Leder der Sitzbank wies Brandstellen auf, und Rischka kitzelte Staub in der Nase, während Adam seine langen Beine wenig gentlemanlike ausstreckte. Ein Zeichen, dass er sich wohlfühlte, also ließ sie es ihm durchgehen. Betont langsam zog sie einen Handschuh aus und strich durch sein schweres Haar, woraufhin er ihr einen Blick aus den Augenwinkeln zuwarf und die Beine anzog.
»Kannst du immer noch keine Berührungen ertragen?«
Mit einer Drehung des Kopfes brachte Adam sie dazu, die Hand zurückzuziehen, obwohl sie das eigentlich nicht wollte. »Ich habe kein Problem mit Berührungen. Ich will nur nicht mehr - und du weißt, woran das liegt.«
»Der Geruch des Dämons, er widert dich an. Was bin ich froh, dass meine Nase nicht in der Lage ist, diesen angeblich so abstoßenden Muskatduft wahrzunehmen.«Vordergründig klang Rischka mitfühlend, aber Adam entging ihr unzufriedener Unterton keineswegs.
»Du bist die aufregendste Frau, die mir je begegnet ist«, versicherte er sogleich und nahm ihre Hand. Jene Hand, die noch mit einem Handschuh versehen war, so dass das dünne Leder eine Barriere bildete.
Rischkas Lippen verwandelten sich in einen schmalen Strich. Dieses Geständnis hatte er ihr im Laufe der Jahre, in denen sie sich immer wieder begegnet waren, stets aufs Neue gemacht. Er meinte es tatsächlich ernst. Aber sie bemerkte auch, wie lustlos er es sagte, und genau das quälte sie. Alles an ihm lockte sie, sie wollte ihn zu ihrem Eigentum machen. Und obwohl Adam, seit er sich dem Dämon verschrieben hatte, ansonsten alles zu tun bereit war, was sie wünschte, war ihr diese eine
Sache verwehrt geblieben. Mittlerweile sollte sie vermutlich darüber hinweg sein, ihn nicht verführen zu können, aber es fühlte sich nichtsdestotrotz wie ein Stachel in ihrem Fleisch an.
Jetzt sorgte der Stachel dafür, dass sie Adam unbedingt eine Gemeinheit an den Kopf werfen musste, um die Qual zu lindern: »Du bist der Erste, von dem ich gehört habe, dass der Beherrscher ihn zum Eunuchen gemacht hat. Eine wahre Verschwendung.«
Während die Wärme in seinen Augen deutlich abkühlte, hoben sich seine Lippen zu einem Lächeln. »Sei doch froh, Rischka. Denn selbst wenn mich der Geruch des Dämons nicht abstoßen würde, hielte ich mich von dir fern. Ansonsten wäre es schließlich, als würde ich das Bett mit meiner Mutter teilen.«
»Du bist widerlich«, zischte Rischka ihn an, fing sich jedoch sofort wieder. »Ich könnte dich zwingen, indem ich deinen Beherrscher verführe. Du weißt, dass er nur darauf wartet, seitdem ich ihn einmal auf meine ganz spezielle Art berührt habe.«
Das Lächeln auf Adams Gesicht ließ keinen Deut nach. »Wenn du das tun würdest, müsste ich dich leider umbringen. Denn ich mag dich zwar lieben wie eine Mutter, aber es ist mir bislang noch nie gelungen, in Extremsituationen gegen meine Instinkte zu handeln. Du weißt ja, wie rachsüchtig ich bin. Dann könnte dich nicht einmal Lakas retten. Wo treibt sich dein Schatten überhaupt herum?«
»Oh, Lakas …« Rischka zog die Schultern hoch, obwohl sie damit verriet, wie unangenehm ihr das Thema war. »Nun ja, wie soll ich es
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