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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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hat er es um so mehr zu schätzen gewußt, daß Sie bei ihm geblieben sind.«
    Im ersten Moment machte sie ein Gesicht, als wollte sie mit ihm streiten, aber dann löste sich ihre Anspannung. Er spürte es. Ihre Gesichtszüge wurden weich, Kälte und Unzugänglichkeit wichen einer tiefen Traurigkeit.
    Es war ganz sicher nicht ihre Absicht; aber dieser sanfte Gesichtsausdruck hatte etwas ungeheuer Erotisches, und er veranlaßte Jack, sich das Bild vor Augen zu rufen, das er den ganzen Tag in den Hintergrund gedrängt hatte.
    Er sah sie, wie sie am Morgen beim Wecken vor ihm gestanden hatte. Ihr Nachthemd hatte nur schmale Träger gehabt, aber es war gewiß nicht entworfen worden, um zu verführen. Anna trug keine raffinierten Negligés.
    Aber es hatte zart und duftig gewirkt, ätherisch beinahe, als würde es einem in der Hand zerfließen. Und darunter hatte sie nichts angehabt.
    Es war ihm nicht vergönnt gewesen, sich den Gedanken an dieses Bild hinzugeben. Zuviel anderes ereignete sich den Tag über – das Gespräch mit der Intensivstation, Davids Tränen über die verschüttete Milch, Annas Hetze, so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu gelangen. Danach hatten die Arbeit auf der Ranch und die Beschäftigung mit David es Jack verwehrt, die Erinnerung an Anna auszukosten.
    Jetzt aber ließ er seine Phantasie schweifen und rief sich die Form ihres Körpers ins Gedächtnis, wie sie sich ihm unter dem dünnen Stoff, der feucht vom Morgentau an ihren Beinen haftete, gezeigt hatte. Sie hatte sehr zart gewirkt, schutzbedürftig.
    Genauso empfand er sie jetzt. Er stand ihr so nahe, daß er bei jedem ihrer Atemzüge die sachten rhythmischen Bewegungen ihrer Brust spürte. Nur der Hauch einer Bewegung von ihr oder von ihm, und ihre Körper würden einander berühren.
    Bei keiner anderen Frau pflegte er lange nachzudenken. Normalerweise leitete ihn der Instinkt. Da hätte er gewußt, wie sie zu berühren, wo sie zu liebkosen, wann sie zu küssen, wann ihr die Kleider abzustreifen. Mit seinen Zufallsbekanntschaften war der Verlauf immer der gleiche. Er schlief eine Nacht mit ihnen und verließ sie am Morgen, körperlich erfrischt, aber emotional unberührt.
    Doch bei Anna funktionierte das nicht. Anna kannte er. Er kannte ihre Lebensverhältnisse und ihre Familie; er wußte, wie schwach sie in diesem Moment war und wie sehr sie ihn später hassen würde, wenn er das ausnutzte.
    Außerdem hatte es ihn nicht plötzlich überkommen. Das war kein spontanes Aufflammen triebhafter Lust. Bei ihrer ersten Begegnung hatte es angefangen, und das Gefühl war seither beständig gewachsen. Tagelang hatte er sich geweigert, es zur Kenntnis zu nehmen, auch dann noch, als ihm bewußt geworden war, was der Moment im Pferdestall für sie beide enthüllte. Es hatte ihm geschmeichelt, o ja, aber er hatte es auf sich beruhen lassen, weil … nun, weil er nicht lange hier sein würde.
    Und weil er nicht wie sein Vater war.
    Vor allem aber Delrays wegen. Nachdem er einmal Delrays Liebe zu Anna erkannt hatte, war eine Annäherung überhaupt nicht mehr in Frage gekommen. Er hätte sie nicht einmal zugelassen, wenn die Initiative von Anna ausgegangen wäre.
    Aber Delray war tot, und Jack sehnte sich danach, sie zu berühren. Doch er tat es nicht. Es war zu riskant. Sie würde ihm entweder entgegenkommen, dann würden sie miteinander ins Bett fallen. Oder sie würde ihn zum Teufel schicken.
    So oder so wäre er der Dumme.
    Deshalb nahm er seine Hände von ihren Schultern; genauer gesagt, er ließ sie an ihren Armen herabgleiten bis zu ihren Handgelenken und trat dann einen Schritt zurück. Sie hob den Kopf. Die Zunge war ihm schwer, aber er schaffte es trotzdem zu sagen: »Sie sollten jetzt besser reingehen, Anna.«
    Sie spürte wohl, daß etwas Entscheidendes auf dem Spiel stand, daß sein Rat gut war und sie ihn unbedingt befolgen sollte – ihrem inneren Gleichgewicht zuliebe.
    Nur einen Moment zögerte sie, dann ging sie rasch um ihn herum und verschwand im Haus.
    Jack sah ihr nach und flüsterte in die Dunkelheit: »Delray, ich bewundere Sie.«

30
    W as ist eigentlich mit dem los?« Connie Skaggs, die hinten im Wagen saß, hielt sich tunlichst auf ihrer Seite.
    Myron hockte zusammengekrümmt in der anderen Ecke. Der Raum zwischen den vorderen und hinteren Sitzen reichte kaum aus, seinen langen Beinen Platz zu bieten. Seine Knie waren fast bis zu seinem Kinn hochgeschoben.
    »Ist bei dem was nicht in Ordnung, oder schaut er nur so gruselig

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