Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
uns raushauen muß«, antwortete Carl höhnisch, bevor er sich wieder Connie zuwandte: »Hat dieser Don Juan dir mal erzählt, wie er in Arkadelphia gekniffen hat?«
    »Meine Kanone hatte Ladehemmung, Himmel noch mal!« Cecils Stimme überschlug sich förmlich.
    »Ja, das hast du mir damals auch erzählt, aber vor Gericht hat sich’s anders angehört. Da hast du behauptet, als es hart auf hart ging, hättest du’s nicht fertiggebracht, abzudrücken und diesen Typen umzulegen.«
    »Das hat mir doch mein Anwalt geraten. Er hat gesagt, daß ich das aussagen soll, Carl. Du hattest diesen blindwütigen Liberalen, diesen Yankee mit dem Pferdeschwanz, und was haben seine tollen Ideale dir eingebracht, hä? Mein Anwalt hat gesagt, ich soll Reue zeigen, und das hab ich getan.«
    »Kann schon sein – aber ich glaub trotzdem, daß du vor
Gericht die Wahrheit gesagt hast. Und das heißt, großer Bruder, daß du ein feiger Hosenscheißer bist!«
    Cecil warf sich über den Sitz und packte Carl bei der Kehle.
    Carl rammte Cecil seine Pistole in den Bauch.
    Connie schrie: »Hört auf, ihr Idioten!«
    Cecil fiel keuchend nach rückwärts und drückte die Hände auf seinen Bauch.
    Carl fing an zu lachen. Er steckte die Waffe wieder in seinen Hosenbund, dann beugte er sich zu seinem Bruder hinüber und umfaßte dessen rotes Gesicht mit seinen Händen. »Ich wollt dich nur mal auf die Probe stellen, großer Bruder! Wollte sehen, ob du endlich ein bißchen Mumm in die Knochen gekriegt hast. Echt, ich glaub, du hast ganz schön zugelegt. Wau! Wie du auf mich losgegangen bist! Hast du das gesehen, Myron?«
    »Ja, Carl.«
    »Den hätten wir in Tucker gegen diese fiesen Nigger brauchen können, was, Myron?«
    »Klar, Carl.«
    »Ihr seid alle miteinander total durchgeknallt«, sagte Connie. Aber sie lachte auch, erleichtert, daß die Spannung sich entladen hatte.
    Carl gab Cecil einen Klaps auf die Wange. »Alles okay, Cec?«
    Cecil rang immer noch nach Atem; aber um Carl nicht erneut aufzubringen, bedeutete er ihm, es gehe ihm gut.
    »Dann mach die Kiste mal wieder flott und fahr, großer Bruder, fahr! Damit wir endlich dahinkommen, wo wir hin wollen, und ich diese beschissenen Klamotten ausziehen kann. Ich und der gute G.R. Bailey, Gott hab ihn selig, haben leider nicht denselben Geschmack.«
    »Wer ist G. R. Bailey?«
    »Schnee von gestern. Genauso wie seine Alte und ihre fette Schwester«, antwortete Carl. »Alles Schnee von gestern. Ich konzentrier mich nur noch auf die Zukunft. Wir
müssen planen, Cec. Je eher, desto besser. Mann, tut das gut, wieder im Geschäft zu sein!«
    »Du sagst es, Carl«, röchelte Cecil. »Geht doch nichts über die vereinigten Gebrüder Herbold.«
    Carl drehte sich nach Connie um. »Ich hab Hunger. Kannst du kochen?«
    »Meinetwegen kannst du Scheiße fressen.«
    Wieder lachte er und schlug Cecil auf die Schulter. »Clever und frech. Kein Wunder, daß du auf sie stehst.«
     
    Nie besann man sich bereitwilliger auf Tradition als im Angesicht des Todes. Selbst wenn der Verstorbene bei Gott und den Menschen in Ungnade gefallen war, hielt man unerschütterlich an den überlieferten Gebräuchen fest. Delray Corbetts Tod ging an der Gemeinde, in der er gelebt hatte, nicht unbemerkt und auch nicht ungeachtet vorüber.
    Am Morgen nach seinem Ableben erschien in der Zeitung ein Nachruf auf ihn, in aller Eile nach den Angaben geschrieben, die Marjorie Baker im Namen Annas geliefert hatte. Der Wohltätigkeitsausschuß der Kirche war für den Leichenschmaus zuständig, dessen Lieferung den Frauen zufiel, die, wie Anna vermutete, die kurzen Hölzchen gezogen hatten. Mit Aufläufen, Kuchen, Brathähnchen und geschmortem Schinken rückten sie im Hause an, fühlten sich unwohl in Gegenwart einer Gehörlosen, mit der man nicht richtig reden konnte, und suchten das Weite, sobald es die Höflichkeit gestattete.
    Delray wurde ohne Pomp zwischen seiner Ehefrau und seinem Sohn begraben. Die Alten waren es, die an den Trauerritualen festhielten; aber sie waren es auch, die sich an die Sache mit Patsy McCorkle erinnerten und an die zweifelhafte Rolle von Delrays mißratenen Stiefsöhnen dabei. Immer hatte diese indirekte Verbindung zu der unglückseligen Geschichte wie ein Makel an Delray gehaftet – der ihn nun sogar bis ins Grab begleitete.
    Zu seinen Lebzeiten hatte er nur eine kleine Zahl echter Freunde gehabt. In den letzten Jahren hatte er auch sie fallen gelassen, um sich ganz in sein selbstgewähltes Exil

Weitere Kostenlose Bücher