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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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der seine Frage wiederholte. »Solltest du das nicht deine Mama fragen?«
    »Ich habe immer Opa gefragt.«
    Jack sah Anna an, die David erlaubte, den Tisch zu verlassen.
Er ging ins Wohnzimmer, um fernzusehen. Jack half Anna trotz ihrer Proteste beim Aufräumen der Küche, und als sie fertig waren und er schon zur Hintertür gehen wollte, bat sie ihn zu seiner Überraschung, sie ins Arbeitszimmer zu begleiten.
    Sie lud den Computer. Jack setzte sich wieder schräg neben sie, so daß er den Bildschirm und Anna sein Gesicht sehen konnte.
    Als erstes tippte sie: »Ich brauche Ihren Rat.«
    »Okay. Schießen Sie los.«
    »Bitte lesen Sie das, und sagen Sie mir, was Sie darüber denken«, meldete der Bildschirm.
    Nach dem Tippen nahm Anna einen Brief aus einem Hefter und reichte ihn ihm.
    Das Schreiben trug den Briefkopf einer regionalen Holzverwertungsgesellschaft, die daran interessiert war, einen Teil des Waldes, der zur Corbett Ranch gehörte, abzuholzen. Die Firma bot an, für das Holz den gängigen Marktpreis zu bezahlen – einen Betrag, der sich ihrer Berechnung nach auf insgesamt etwa fünfzehntausend Dollar belaufen würde. Jack pfiff lautlos durch die Zähne, als er diesen Teil las.
    Während er sich mit dem Brief befaßte, fuhr Anna schon mit ihrem Bericht fort.
    »Delray hat überhaupt nicht daran gedacht, das Angebot anzunehmen. Er wollte hier nichts verändern. Er wollte den Wald nicht lichten lassen, schon gar nicht von Fremden. Was meinen Sie?«
    Nachdenklich rieb sich Jack den Nacken. »Na ja, hier steht, daß sie bereit sind, für jeden gefällten Baum einen Heister zu pflanzen – das ist gut für die Ökologie. Für das Holz zahlen sie und machen außerdem die ganze Arbeit. Sie sollten den Vertrag einem Anwalt zeigen, bevor Sie ihn unterschreiben. Aber was haben Sie schon zu verlieren außer Bäumen?«
    Sie schrieb: »Ich kann ohne die Bäume leben – aber nicht ohne Geld. Lomax war auf der Beerdigung.«
    »Dieser Aasgeier!«
    »Genau«, tippte sie. »Ich habe Angst, er wird den Kredit kündigen, wenn ich mich weigere, an EastPark zu verkaufen. Deshalb muß ich anfangen, ihn zurückzuzahlen. Aber bei den derzeitigen Preisen für Rinder…« Sie blickte auf, um zu sehen, ob Jack ihren Überlegungen folgte.
    »Es reicht zum Leben, aber übrig bleibt nichts.«
    »Der Holzverkauf würde mir etwas zusätzliches Bargeld bringen«, tippte sie. »Delray hat alle derartigen Angebote ausgeschlagen. Aber wenn ich nicht einen Teil des Holzes verkaufe, verliere ich vielleicht die ganze Ranch. Das ist doch eine vernünftige Überlegung, finde ich.«
    Jack sah sie lächelnd an. »Anna, Sie brauchen meinen Rat nicht. Im Gegenteil, Sie sollten mich bei meinen Finanzen beraten.«
    Ihr Lachen hatte einen wunderschönen Klang. »Ich ruf die Leute gleich morgen an«, tippte sie. Dann trübte sich ihr Blick, und sie schrieb: »Kaum liegt Delray unter der Erde, da mißachte ich schon seine Wünsche. Finden Sie das schlimm? Der Brief ist schon Wochen alt. Wenn ich nicht schnell antworte, ziehen sie ihr Angebot vielleicht zurück.«
    »Sie haben jetzt die Verantwortung, Anna. Ihre Entscheidungen über den Betrieb der Ranch brauchen Sie nicht zu rechtfertigen. Schon gar nicht vor mir. Es steht mir nicht zu, anderen zu raten, wie sie sich verhalten sollen.«
    Sie sah ihm lange in die Augen, dann kehrte sie zur Tastatur zurück. »Erzählen Sie mir Ihre Geschichte, Jack?«
    Er lächelte mit leichter Bitterkeit. »Ich habe keine Geschichte.«
    »Jeder hat eine.«
    »Ich nicht. Außerdem ist sie nicht sehr interessant.«
    Ihre Miene sagte ihm, daß sie das nicht glaubte. Und es sagte ihm noch etwas anderes – daß sie ihn ziemlich gut
kannte, obwohl sie einander vor noch nicht einmal zwei Wochen das erstemal begegnet waren. Sie war taub – aber sie kompensierte diesen Mangel durch eine ungewöhnlich fein ausgebildete Wahrnehmungsgabe auf anderem Gebiet. Sie verstand es wie nur wenige, in den Gesichtern der Menschen zu lesen.
    Jack folgte den Worten, die auf dem blauen Computerschirm erschienen. »Sie werden wieder gehen, nicht wahr?«
    »Ja«, bedeutete er ihr mit Handzeichen.
    Ihr Blick glitt von seiner Hand zu seinen Lippen, dann zu seinen Augen.
    Es würde vielleicht nur noch Stunden dauern, vielleicht ein, zwei Tage, höchstens eine Woche, bis die Herbolds gefaßt oder getötet wurden. Wenn es soweit war, würde Jack gehen. Das hatte von vornherein festgestanden. Er konnte nicht bleiben.
    Diesem Moment sah er nicht mit

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