Nachtglut: Roman (German Edition)
will.«
»Der Wagen ist sauber«, entgegnete Carl. Sie hatten, zwanzig Kilometer von der Bank entfernt, das Fahrzeug gewechselt. Connie hatte den zweiten Wagen an einer LKW-Raststätte abgestellt, wo Tag und Nacht Verkehr war, er also eigentlich nicht auffallen dürfte. »Nach diesem Wagen suchen sie nicht, Cec. Außer du hast mich angelogen.«
»Laß ihn doch endlich mal in Frieden«, fuhr Connie ihn an.
»Leck mich doch endlich mal am Arsch«, gab Carl zurück.
»Natürlich ist der Wagen sauber«, mischte sich Cecil hastig ein. »Mit dem Nummernschild stimmt auch alles. Aber auf der Straße sind wir für jeden sichtbar. Da kann uns leicht jemand erkennen. Wir müssen versuchen, den Risikofaktor so klein wie möglich zu halten.«
»Tolles Wort, Risikofaktor. Du hast wohl ’ne Menge HBO gesehen.« Carl wies mit dem Daumen auf Connie. »Oder bringt sie dir solche hochtrabenden Wörter bei?«
»Ich sag doch nur, daß wir hier bleiben sollten, bis die nicht mehr jede Stunde unsere Bilder im Fernsehen zeigen«, beschwichtigte Cecil. »Möchtest du auch einen Pfirsich, Schatz?«
Er hielt Connie eine Dose Pfirsiche hin. Sie fischte sich mit einem Plastiklöffel einen heraus und nahm ihn dann in die Finger. Mit einem anzüglichen Lächeln zu Carl, biß sie von der Frucht ab und lutschte schmatzend das weiche Fleisch vom Stein. Saft rann ihr über das Kinn. Die Symbolik entging ihm nicht, und er erkannte, daß das genau ihre Absicht war.
Lachend wischte sie sich den klebrigen Sirup mit dem Handrücken vom Mund und stach Cecil mit einem langen Fingernagel, der auberginefarben lackiert war, scherzhaft in den Bauch. »Seit ich dich kenne, sind meine Tischmanieren rapide den Bach runtergegangen. Meine Mama würde einen Anfall kriegen, wenn sie mich sähe.«
Carl starrte finster in seine Dose Schweinefleisch mit Bohnen. Er hatte den Anschiß, den er Cecil verpaßt hatte, ins Scherzhafte gezogen – aber es war ihm mit jedem Wort ernst gewesen. Dieses Luder hatte sich ja bei dem Überfall als ganz nützlich erwiesen… und wie sie den Bullen umgelegt hatte, das war auch nicht von schlechten Eltern gewesen. So weit, so gut.
Aber das letzte, was eine Gruppe auf der Flucht brauchte, war ein Weib wie Connie Skaggs, die sich einbildete, sie müßte zu allem ihren Senf dazugeben. Und die hier hatte ein größeres Mundwerk als die meisten und war offensichtlich nicht bereit, sich ein Blatt vors Maul zu nehmen. Das Ärgerlichste war jedoch, daß sie auch vor ihm nicht zurückschreckte.
Fluchend rammte Carl den Plastiklöffel in die Bohnendose und stellte diese krachend auf den Tisch.
»Ißt du die nicht auf, Carl?«
Er bedeutete Myron, sich zu bedienen. Der hatte gerade eine Dose Ravioli verdrückt und leckte begierig die letzten Reste von seinem Löffel. Vorher hatte er sich schon eine Portion Sardinen zu Gemüte geführt. Jetzt griff er zu den Bohnen.
Zum Kotzen! dachte Carl erbittert. Statt sich in der Sonne Mexikos von einer feurigen Señorita mit Riesentitten verwöhnen zu lassen, Tequila zu schlürfen und eine dicke Zigarre zu rauchen, war er dazu verdammt, in dieser stinkenden Bruchbude irgendwo in der Prärie rumzuhängen und sich mit Leuten wie diesem Waschlappen von Bruder, einer Tussi mit unverschämter Klappe und einem verfressenen Vollidioten abzugeben.
Und wie Cecil das Kommando an sich gerissen hatte, das paßte ihm auch nicht. Wer hatte ihn denn zum Herrn und Meister ausgerufen? Connie natürlich. Genau, sie hatte Cecil mit allem möglichen Scheiß darüber, wer das Sagen haben sollte, die Ohren vollgeblasen.
Carl wußte, wie leicht Cecil zu beeinflussen war. Eindeutig bestimmte Connie, wo es langging. Er hatte sich nur zu gern einreden lassen, er wäre mutiger und schlauer, als er tatsächlich war.
Na ja, demnächst würde er es den beiden schon zeigen!
Inzwischen spielte er eben mit. Carl riß mit den Zähnen einen Beutel gesalzene Erdnüsse auf, spie den Fetzen Zellophan aus und schüttete die Nüsse in seine offene Hand.
»Weißt du, was ich an deinem Plan auch nicht verstehe, Cecil, ist die Route. Wir halten uns genau südlich. Aber wenn man im Nordosten von Texas startet, müßte man sich doch südwestlich halten, um nach Mexiko zu kommen, oder täusch ich mich da?«
»Da draußen gibt’s nicht genug Möglichkeiten, sich zu verstecken«, nuschelte Cecil, dem Connie gerade einen der glitschigen Pfirsiche in den Mund praktiziert hatte.
»Kann ich auch einen haben?« fragte Myron.
Connie
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