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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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wär’s wohl lieber gewesen, wenn mich irgendein besoffener Randalierer abgeknallt hätte, was? Dann müßtest du dir jetzt keine Gedanken darüber machen, wie du mich in Zukunft ertragen sollst.«
    Cora kochte. »Du versuchst schon den ganzen Abend, mich zu reizen, und jetzt hast du’s endlich geschafft! Du weißt genau, daß solches Gerede mich wütend macht, Ezra Hardge.«
    Sie riß am Messingkettchen der Nachttischlampe und tauchte das Schlafzimmer in Dunkelheit, rollte sich auf die Seite und drehte ihm den Rücken zu. Normalerweise schliefen sie einander zugewandt ein.
    Zweifellos hatte er die Bemerkung absichtlich gemacht, weil er wußte, daß sie sie in Rage bringen würde. Offen gestanden hatte er während seiner Amtszeit als Sheriff jeden Tag darum gebetet, daß er nicht im Dienst draufgehen und als blutige Leiche zu Cora heimkehren würde.
    Aber wenn man es einmal vom praktischen Standpunkt aus betrachtete, wäre es tatsächlich besser gewesen, er hätte in Ausübung seines Amtes das Zeitliche gesegnet. Es wäre sauberer und einfacher für alle Beteiligten gewesen. Den Gemeindevätern wäre die Peinlichkeit erspart geblieben, ihm nahezulegen, sich nicht noch einmal um das Sheriffsamt
zu bewerben. Sie hätten sich die Ausgaben für die Fete heute abend sparen oder das Geld zumindest für lohnendere Dinge verwenden können. Wenn er früher abgetreten wäre, brauchte er jetzt nicht einer Zukunft entgegenzublicken, in der er sich ungefähr so nützlich fühlen würde wie ein Paar Skier in der Sahara.
    Zweiundsiebzig Jahre alt, auf die Dreiundsiebzig zugehend. Arthritis in allen Gliedern. So fühlte es sich jedenfalls an. Und sein Verstand war wahrscheinlich auch nicht mehr das, was er einmal gewesen war. Nein, er selbst hatte kein Nachlassen bemerkt; aber andere lachten wahrscheinlich bereits hinter seinem Rücken über die Anzeichen vorrückender Senilität.
    Am schlimmsten war es, sich eingestehen zu müssen, daß sie möglicherweise recht hatten. Er war alt und abgewirtschaftet und hatte in diesem Amt nichts mehr zu suchen. Okay, das sah er ein. Auch wenn es ihm nicht gefiel – diese Sache mit dem Ruhestand –, er konnte ihn akzeptieren, weil den Leuten der Gemeinde mit einem Jüngeren besser gedient sein würde.
    Er wünschte nur, er hätte die Arbeit nicht niederlegen müssen, bevor sie abgeschlossen war. Und sie würde so lange nicht abgeschlossen sein, bis er wußte, was Patsy McCorkle zugestoßen war.
    Seit zweiundzwanzig Jahren teilte das Mädchen das Bett mit ihm und Cora. Natürlich nur im übertragenen Sinn. Vom schlechten Gewissen getrieben, gerade auch im Licht ihres Streits, drehte er sich herum und legte Cora die Hand auf die Hüfte. Er tätschelte sie liebevoll.
    »Cora?«
    »Ach, laß mich in Frieden«, fauchte sie. »Ich bin zu wütend.«
     
    Als Ezra ein paar Stunden später sein altes Amt betrat, hob der diensthabende Deputy verschlafen den Kopf und sprang auf. »Hey, Ezzy, was, zum Teufel, machen Sie denn hier?«
    »Tut mir leid, daß ich Sie aus Ihrer Nachtruhe gerissen hab, Frank. Lassen Sie sich von mir nicht stören. Ich hab noch ein paar Akten da, die raus müssen.«
    Der Deputy sah zur großen Wanduhr auf. »Um diese Zeit?«
    »Ich konnte nicht schlafen. Und deshalb hol ich noch meine restlichen Sachen, wo ich jetzt offiziell weg bin. Sheriff Foster wird sicher gleich morgen einziehen wollen.«
    »Ja, wahrscheinlich. Was halten Sie von ihm?«
    »Guter Mann. Er wird ein tüchtiger Sheriff werden«, antwortete Ezzy aufrichtig.
    »Kann sein, aber Ezzy Hardge ist er nicht.«
    »Danke, Frank.«
    »Tut mir leid, daß ich gestern abend nicht zu dem Essen kommen konnte. Wie war’s denn?«
    »Sie haben nichts verpaßt. Ich hab mich noch nie in meinem Leben so gelangweilt.« Ezzy ging in sein Büro und machte Licht, wahrscheinlich zum letztenmal. »Endlose Reden! Man braucht den Leuten nur ein Mikrofon in die Hand zu drücken, und sie können gar nicht mehr aufhören zu quasseln.«
    »Na, Sie sind schließlich eine lebende Legende, Ezzy. Über so jemanden gibt’s viel zu sagen.«
    Ezzy räusperte sich laut und nachdrücklich. »Ich bin nicht mehr Ihr Chef, Frank – aber wenn Sie weiter so reden, werd ich handgreiflich. Haben Sie vielleicht eine Tasse Kaffee für mich? Die könnte ich jetzt gebrauchen.«
    »Klar. Kommt sofort.«
    Unfähig, nach Coras grober Zurückweisung und diesem Abend, der ihn doch sehr aufgewühlt hatte, Schlaf zu finden, war er wieder aufgestanden, hatte sich

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