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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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seinen Füßen wackelte, und schritt auf der Suche nach der Sängerin tapfer durch das Pilzlicht voran.

Sparkle Sykes
    Smoke und Ashes hatten früher nahezu identisch ausgesehen und sich nur durch das Zucken ihrer Ohren und die Farbe ihres Brustfells geringfügig voneinander unterschieden. Aber als Edna auffiel, was mit den beiden passierte, und als alle anderen es einen Sekundenbruchteil später ebenfalls sahen, weil Edna einen erstickten Laut des Ekels von sich gab, hatten Smoke und Ashes schon nicht mehr viel Ähnlichkeit mit Katzen, geschweige denn miteinander. Etwas war in sie gefahren und jetzt kam es heraus und schien dabei ihre grundlegende Substanz zu verändern. Sie verwandelten sich auf unterschiedliche Weise, zwei sich sträubende Gestalten, in denen biologisches Chaos ausgebrochen war: Eidechse gepaart mit Spinne, fiese Fratze, Auge über Auge gepackt, Maul über Schnauze, zuckende Fühler, die sich gerade erst bildeten, Schwanz eines Skorpions … Obwohl sie Romanautorin und noch dazu eine erfolgreiche war, sah Sparkle nicht oft in der Form, in der sie Leben in der Literatur sah, Literatur im Leben, aber das hier erinnerte sie an manche Werke von Thomas Pynchon, sechs Genres im selben Buch, Grauen, das aus Grauen erwuchs, mit einem fieberhaften Vergnügen an der nihilistischen Frevelhaftigkeit all dessen.
    Zehn Sekunden lang ließ sie sich von den neuen, wenn auch nicht verbesserten Gestalten von Smoke und Ashes lähmen und faszinieren. Dann drehte sie sich zu Iris um und streckte trotz der Panik, die eine Berührung auslösen könnte, die Hände nach dem Mädchen aus, aber Iris war nicht mehr dort, wo sie gerade noch gestanden hatte – und auch sonst nirgendwo –, als hätte sie sich den Wald so lebhaft ausgemalt, dass sie eine magische Tür durchschritten hatte, um bei dem Reh zu sein. Und Winny war mit ihr gegangen.
    Twyla stellte das Verschwinden der Kinder in demselben Moment fest, als Sparkle die Entdeckung machte, und das Entsetzen, das sie in einem Blick miteinander austauschten, war wie ein Blitz, der von den Augen der einen auf die der anderen übersprang. Sie hätten sich sofort in Bewegung gesetzt, hätten nach ihrem Mädchen gerufen, nach ihrem Jungen, und verzweifelt dieses zeitengebeutelte Pendleton durchsucht, dieses Gruselkabinett, doch stattdessen wurden sie zu schwesterlicher Verteidigung zusammengetrieben, als Ex-Smoke und Ex-Ashes gänzlich ausrasteten.
    * * *

Julian Sanchez
    Im Lauf der letzten vierzig Jahre hatte er seinen Frieden mit der Blindheit geschlossen und die Dunkelheit war sein Freund geworden. Ohne visuelle Stimuli, die ihn ablenkten, war gute Musik eine grandiose Klangarchitektur, durch die er spazierte. Audiobücher waren Welten, in denen er so vollständig aufging, als könne er dort seine Fußspuren hinterlassen. Und wenn er über sich selbst, das Leben und das, was danach kommen mochte, nachdachte, reiste er tiefer in diese Dunkelheiten hinein, als es die meisten sehenden Menschen getan hätten, und entdeckte dort ein unsichtbares Licht, die Lampe, die ihn festen Schrittes und ohne zu zaudern seinen Weg durch die Jahre finden ließ.
    Als er jetzt mit dem Ohr am Verputz dastand und den bedrohlichen Stimmen lauschte, die aus den Wänden drangen, verließ sich Julian auf diese Lampe im Inneren, die verhindern würde, dass sich sein leises Grauen zu ausgewachsener Panik steigerte. Unwissenheit erzeugte grässliche Ängste, wogegen Wissen Frieden hervorrief, und daher musste er Nachbarn ausfindig machen, die ihm erklären konnten, was passierte.
    Er tastete sich an der Wand entlang in die Diele und zur Wohnungstür, die angelehnt war, obwohl er sie abgeschlossen hatte. Wenn Möbelstücke im Nu verschwinden konnten und wenn eine saubere Umgebung von einem Moment zum anderen verschmutzte, dann war es müßig, sich Sorgen darüber zu machen, wie Schlösser sich selbsttätig öffnen konnten.
    Bisher hatte er immer, wenn er seine Wohnung verließ, den weißen Stock mitgenommen, weil er nicht die ganze Welt so gut wie seine eigenen Räumlichkeiten kannte. Aber der Stock lehnte nicht mehr an dem Tisch in der Diele und er sah keinen Grund dafür, ihn auf dem Boden zu suchen, denn der Tisch war ebenfalls verschwunden. Der Stock war folglich nicht umgefallen oder verlegt worden, sondern gemeinsam mit allem anderen verschwunden.
    Die Stimmen in den Wänden verstummten, als Julian die Schwelle in den Hausflur überquerte. Auch der Hausflur wirkte anders auf ihn, hohl und

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