Nachthaus
sei schon in Ordnung. Aber eines Tages merkte er, dass er Dad zu ihm sagte und dass er das schon seit einiger Zeit tat, ohne sich Gedanken darüber zu machen, und auch das ging in Ordnung. Er hatte zwei Dads und er liebte beide – oder wollte es zumindest –, und irgendwie war es prima, zwei Dads zu haben, obwohl der alte Farrel Barnett dad mit einem kleinen d und Bailey Hawks Dad mit einem großen D war. Sie schafften sich auch einen Hund an, einen Golden Retriever, den er Merle nannte, nach einem Hund in einem Buch, das er mal gelesen hatte. Und nicht lange danach war die Rede von einer kleinen Schwester. Im Leben kam eines nach dem anderen. Manchmal kriegte man kleine Schwestern ab und manchmal Monster, Pyjamapartys mit Freunden oder Darmgrippe, man war Schüler des Jahres an der Grace-Lyman-Schule oder eine Bowlingkugel fiel einem auf den Fuß. So, wie Winny das sah, waren die besten und die schlimmsten Dinge ein und dasselbe: Nichts dauerte ewig, abgesehen davon, dass er vielleicht immer spindeldürre Arme haben würde. Also musste man aus allem, was einem zugeteilt wurde, das Beste machen, grinsen und es über sich ergehen lassen und Stürme lächelnd durchstehen. Und das Komische war, wenn man das Beste daraus machte, wenn man jeden Sturm lächelnd überstand, dann waren die schlimmen Dinge nie ganz so schrecklich, wie man es erwartete, und die guten Dinge besser als alles, was man sich jemals hätte wünschen können. Er begann sogar zu glauben, der Tag würde kommen, an dem er wüsste, was er zu jedem verflixten Zeitpunkt und an jedem beliebigen Ort zu jemand anderem sagen sollte. Denn was er mit der Zeit erkannte, war, dass unter den zahllosen wunderbaren Dingen auf Erden das Beste von allem die Menschen sind, jeder Einzelne von ihnen eine neue und faszinierende Welt. Deswegen hatte er immer so viele Bücher gelesen: um früher, als er noch nicht so gut darin gewesen war, echte Menschen kennenzulernen, in Geschichten neuen Menschen zu begegnen. Lange wartete er auf Albträume über das, was er im Jahr 2049 gesehen hatte, aber sie kamen nie. Er hatte sogar gute Erinnerungen von dieser Reise mitgebracht. Die besten waren die, wie seine Mutter mit der Waffe in der Hand dagestanden, einen knallharten Eindruck gemacht und dem Pogromiten kühn entgegengetreten war, und wie Iris ihm zum ersten Mal direkt in die Augen gesehen und gesagt hatte, dass sie sich fürchtete, und ihm dann ihr Leben anvertraut hatte. Also ganz ehrlich, besser konnte es doch gar nicht kommen, ob im Jahr 2049 oder hier in der Gegenwart.
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