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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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herumflattern und mit der Schnelligkeit von Fledermaus flügeln ihren Nervenbahnen folgen.
    Von dem Moment an, als sich die Strahlen der Taschenlampen in den Händen von Dr. Ignis und Mr. Kinsley auf dem Gesicht des Dämons kreuzten, vergingen vielleicht zwei, höchs tens drei Sekunden, bis Mr. Hawks aktiv wurde. Er preschte mit der Pistole in beiden Händen vor. Als er sich näherte, wurden die Augen des Rakshasa groß und rollten in ihren Höhlen herum. Er hob seinen Mund vom Mund seines Opfers, gefolgt von einer glitzernden grauen Zunge, die so rund und so lang und so seltsam war, dass es sich dabei vielleicht gar nicht um eine Zunge handelte, und begann Mr. Sanchez loszulassen; seine langen Finger zogen sich von seinem Kinn zurück und die Faust, die das Haar des Blinden gepackt hielt, ließ los. Auch wenn das Ding noch so flink war, erwies sich Hawks doch als schnell genug, um die Mündung der Pistole an den glatten grauen Schädel zu pressen und zweimal den Abzug zu betätigen, bevor der Rakshasa auf ihn springen konnte.
    Als die Schüsse durch den Flur krachten, spritzte dunkles Gewebe an die Wand. Der böse Geist fiel von Mr. Sanchez, der nach links in sich zusammensackte. Mr. Hawks ging an dem Blinden vorbei und feuerte aus nächster Nähe drei weitere Schüsse in die Brust des Angreifers ab, obwohl es schien, als hätten ihn die Kopfwunden bereits getötet.
    Einen Moment lang fehlte Padmini die Kraft, sich von der Stelle zu rühren, aber nicht etwa aufgrund der Gräuel oder der Gewalttätigkeit, sondern weil sie in dem Moment, als die Waffe an den Kopf des Rakshasa gepresst wurde und er seine furchterregenden Augen in Hawks’ Richtung verdrehte, etwas Schockierendes in seinem Gesicht gesehen zu haben glaubte, eine subtile Ähnlichkeit mit jemandem, den sie kannte. Die Schüsse wurden abgegeben und die Kreatur wurde getötet, ehe Padmini ein Name einfiel. In dieser diabolischen Fratze glaubte sie eine Spur des Gesichts von Miss Hollander entdeckt zu haben, der hübschen Sally Hollander, die für die Cupp-Schwestern arbeitete und allein in Apartment 1-C wohnte. Sie musste sich natürlich irren, aufgewühlt durch die Ereignisse und zusätzlich verwirrt durch die gekreuzten Strahlen der Taschenlampen.
    Sie ging zu Mr. Sanchez und kniete sich neben ihn, ebenso wie Tom Tran. Der Blinde war am Leben, aber er schien gelähmt zu sein, wenn auch ohne die bei einer Lähmung übliche Muskelerschlaffung; seine Muskulatur war angespannt und seine Gelenke hatten sich versteift, so starr, als widersetzte er sich einem erbarmungslosen Druck.
    Seine künstlichen Augen – nicht aus Glas, sondern naturgetreue Halbkugeln aus Kunststoff – waren nie exakt auf sie gerichtet gewesen, wenn sie mit ihm redete. Als sie ihn jetzt mit seinem Namen ansprach, bewegten sich die Augen rasch hin und her und richteten sich auf nichts, als sei er so orientie rungslos, dass er aus ihrer Stimme allein keine Rückschlüsse auf ihren Standort ziehen konnte. Als sie ihm eine Hand auf die Schulter legte, während sie ihn wieder mit seinem Namen ansprach, schien ihm die Verbindung von Berührung und Klang die Orientierung zurückzugeben; seine blicklosen Augen hörten auf herumzuruckeln und wandten sich ihrem Gesicht zu.
    Sein Mund stand offen, doch er schien nicht sprechen zu können. Auf seinen Lippen glitzerte etwas Dunkles, Feuchtes und Dickes, wovon sie anfangs glaubte, es müsse Blut sein. Aber als Mr. Kinsley sich vorbeugte und den Strahl seiner Taschenlampe auf das Gesicht des armen Sanchez richtete, sah Padmini, dass die feuchte Substanz nicht rot war, sondern stattdessen verschiedene Grautöne aufwies, in erster Linie bleigrau und anthrazit, mit silbernen Glanzlichtern.
    »Sehen Sie sich vor«, warnte Mr. Hawks sie mit scharfer Stimme, als er sich neben der Leiche des Rakshasa erhob. »Fassen Sie Julian nicht an, gehen Sie von ihm weg.«
    »Er ist verletzt«, sagte Padmini. »Er braucht Hilfe.«
    »Wir wissen nicht, was er braucht.«
    Diese Ermahnung leuchtete Padmini nicht ein, doch ehe sie fragen konnte, was Hawks meinte, sah sie, dass sich der silbern gesprenkelte graue Schleim auf den Lippen des Blinden bewegte, aber nicht etwa nach unten rann, sondern von seiner Oberlippe aus zu seinen Nasenlöchern kroch und sich von seiner Unterlippe aus seitlich über sein Gesicht bewegte, als sei das Zeug lebendig.
    * * *

Winny
    In dem Pilzlicht war die obere Etage von Gary Dais leer stehender zweistöckiger Wohnung gespenstisch, nicht

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