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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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machen. Nur der Geruch war ihr Wegweiser gewesen.
    Daria hatte sie überhaupt nicht gespürt. Sie konnte sie weder vor ihrem inneren Auge vor sich sehen, noch irgendwo in der Nähe ihren Herzschlag spüren. Es war so, als ob sie bis auf ihren Geruch vom Erdboden verschluckt worden wäre.
    Jetzt hockte Jenna hungrig und nackt hinter einer stinkenden Tonne, aus der der Müll quoll, und sog den Gestank von Männern ein, der so widerwärtig war, wie sie das noch nie gerochen hatte. Sie verströmten einen übelriechenden Nebel, der nicht zu ignorieren war.
    Die vergangene Stunde hatte sich Jenna großenteils über ihre eigene Dummheit geärgert. Dieser kleine Abstecher würde sie höchstwahrscheinlich das Leben kosten.
    Es gab keine Möglichkeit, ins Haus zu gelangen. Erst einmal drinnen, würde es keinen Ausweg mehr geben. In den Ziegeln fand sich kein Loch, in den Fenstern kein Riss, und auf dem Dach war keine der Platten lose. Diese Tatsache bestätigte ihr gemeinsam mit dem auffallenden Geruch nach Daria und dem Bösen, dass sie am richtigen Ort gelandet war.
    Auf einmal wurde die Haustür geöffnet. Jenna sog durch zusammengebissene Zähne überrascht die Luft ein und machte sich hinter der Metalltonne noch kleiner als zuvor.
    Ein Mann blickte auf die Straße hinaus. Er war groß, drahtig und hatte einen Buckel. Von Kopf bis Fuß war er in Schwarz gekleidet, wobei er in einer Hand einen schmalen Aktenkoffer aus Metall hielt. Aufmerksam sah er sich auf der stillen Straße um. Eine Weile regte er sich nicht. Erst als er offenbar sichergestellt hatte, dass keine Gefahr bestand, trat er hinaus und gab einem anderen hinter sich ein Zeichen, ihm zu folgen. Hastig ging er zu dem parkenden Auto, das in der Ausfahrt stand, stieg ein und ließ den Motor an.
    Ein weiterer Mann folgte ihm. Er war ebenfalls in Schwarz gekleidet, hatte jedoch riesige Oberarmmuskeln und Schenkel, die sich unter seiner Hose gewaltig abzeichneten. Er trug eine Nylontasche mit Reißverschluss über der Schulter. Einen Moment lang blieb er an der Tür stehen, um einen letzten Blick in das Innere des Hauses zu werfen. Dann drehte er sich um und begann, die Tür hinter sich zuzuziehen.
    Ehe diese ins Schloss fiel, schwebte ein fast durchsichtiger Nebel über den Kopf des Mannes und glitt durch den mit Metall verstärkten Türrahmen. Er verschwand wie ein Luftgeist in dem düsteren, unheimlichen Haus.

27
    Vor langer Zeit, als er vierzehn Jahre alt gewesen war und gerade zu verstehen begonnen hatte, wie die Welt, in der er lebte, funktionierte und wie seine zukünftige Rolle darin aussehen sollte, war Leander von zu Hause weggelaufen.
    Er hatte es nicht geplant. Er war mitten in der Nacht in einem besonders milden Frühling durch den Schimmer des Mondes aufgewacht, der so hell durch die Scheiben hereinfiel, dass sein ganzes Zimmer von einem magischen Glanz erfüllt war. Leander war aufgestanden und zum Fenster getreten, wo er auf die nebelverhangene, grüne Landschaft geblickt und auf einmal das überwältigende Bedürfnis verspürt hatte, das taufeuchte Gras unter seinen nackten Füßen zu spüren.
    Er hatte immer dazu geneigt, Dinge heimlich zu tun. Das hatte sich noch verstärkt, als er sich drei Jahre zuvor das erste Mal verwandelt hatte. Es war so leicht gewesen, die Treppe hinabzuschleichen und durch die hintere Küchentür das Herrenhaus zu verlassen, das damals noch seinen Eltern gehört hatte. Die Angeln dort waren besonders gut geölt, sodass sie nicht den geringsten Laut von sich gaben.
    Im Haus selbst hatte er sich nicht verwandeln können. Sein Vater hätte es sofort gespürt und ihn problemlos entdeckt.
    Also wartete er, bis er sich tief in der brusthohen Rosmarinhecke befand, die würzig duftend den Marmorbrunnen mit der Triton-Statue umgab, und verwandelte sich dort.
    Er erinnerte sich noch genau daran, wie frei er sich bei diesem Streifzug gefühlt hatte. Immer wieder war er zum Tier, zum Menschen und zum Nebel geworden, was ihm das Gefühl verlieh, der Herrscher dieses dunklen Waldes zu sein, Prinz des sternenklaren Himmels, König der schönen, magischen Welt.
    Frei.
    Dieser heimliche Moment der Freiheit hatte ihn zutiefst befriedigt. Er ließ das Blut in seinen Ohren rauschen, während er über die weiche Erde und das seidige Gras sprang und der Wind in den uralten Bäumen flüsterte. Das Mondlicht krönte ihn mit seinen milchigen perlweißen Strahlen.
    Gewöhnlich war er nie allein. Er durfte nie spielen, erkunden und rennen, bis

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