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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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ihre Schulter entstellte. Er folgte der Spur eines Messerstichs. Sein Lächeln verschwand.
    »Ich habe dir doch nicht wehgetan«, fragte er und beugte sich zu ihr hinüber, um ihr einen flaumleichten Kuss auf die Schulter zu drücken. »Ich habe mich doch nicht vergessen und dir wehgetan.«
    Er blickte zu ihr auf, und sie sah die Selbstvorwürfe und die Qualen in seiner Miene. »Du bist noch immer nicht gesund. Du bist noch immer höchst fragil. Ich hätte besser aufpassen sollen. Ich hätte warten sollen …«
    »Wenn du gewartet hättest, hätte ich mich auf dich gestürzt, und das wäre doch wohl kaum ein angemessenes Verhalten für eine Königin gewesen!« Jenna strich mit der Hand über sein Gesicht, seine Augenbrauen, seine Stirn. »Es geht mir gut, Leander. Ich bin nur etwas wund.«
    »Von mir oder von …«
    Er beendete die Frage nicht. Sie hatte ihn noch nie so beunruhigt oder auch so schön gesehen. In seinen Haaren spiegelte sich das Licht der Mitternacht, und die Strähnen schimmerten onyxschwarz, nerzgrau und indigoblau.
    »Du hast mir nicht wehgetan«, erklärte sie langsam und legte beide Hände an sein Gesicht. »Falls du den Unterschied nicht bemerkt haben solltest: Das waren Seufzer der Lust, mein Liebster.«
    Er atmete erleichtert auf, schloss die Augen und legte seinen Kopf an den ihren. »Nichts darf dir jemals wieder wehtun«, flüsterte er in ihr Ohr. »Niemand – weder ich noch diese Schweinehunde. Als ich dich da so gesehen habe, angekettet und bleich wieder der Tod, und all das Blut …«
    Er vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Eine Weile sagte sie nichts. Jenna legte ihre Hand auf seine Brust, wo sie sein Herz kraftvoll und unruhig schlagen spürte.
    »Ich dachte, ich werde verrückt«, meinte er schließlich und drückte sie enger an sich. »Ich bin so was wie verrückt geworden. Und als du dann so lange nicht aufgewacht bist …«
    Sie lag still und fast regungslos neben ihm, während sie seinem Herzen nachspürte und die Stärke seiner Arme genoss, die sie an ihn zogen.
    »Sie werden dafür bezahlen, was sie getan haben«, flüsterte er leidenschaftlich. »Sie werden dafür mit ihrem Blut bezahlen.«
    »Ja«, erwiderte Jenna leise. Sie streichelte seinen Rücken und ließ dann ihre Finger über sein Rückgrat wandern. »Ich weiß. Und wir werden diesen Krieg gewinnen – oder was immer es ist. Weil wir stärker als sie sind. Klüger.«
    »Besser«, erklärte er heiser.
    Sie nickte und rieb ihren Kopf an seiner Schulter. »Und besser informiert.«
    Er blickte zu ihr auf und sah sie abwartend und fragend an.
    »Ein Gutes hatte das Ganze nämlich«, sagte sie ernst und leise, während sie sein Gesicht musterte. »An dem Tag, an dem ich Daria gesucht habe … An dem Tag, an dem sie mich erwischt haben, da gab es eine gute Sache.«
    Seine Miene verdüsterte sich. »Das kann ich mir kaum vorstellen, dass es da irgendetwas Gutes gab.«
    »Er hat mich berührt«, flüsterte Jenna.
    »Dessen bin ich mir durchaus im Klaren«, erwiderte Leander steif. Er löste sich von ihr und setzte sich aufrecht hin, die Arme um seine Knie geschlungen. Die Decke legte sich in Falten um seine Taille. »Ich bin mir durchaus bewusst, was sie dir angetan haben.«
    Jenna setzte sich ebenfalls auf und schob ihre Hand über seinen Rücken, wo sie die festen Muskeln unter seiner glatten Haut spürte. Sein Haar fiel seidig auf seinen Nacken. »Nein, ich habe damit gemeint, dass er mich berührt hat. Ihr Anführer. Mit seiner bloßen Hand.«
    Er brauchte einen Moment, bis er begriff, was sie meinte. Fassungslos drehte er sich zu ihr und starrte sie an. Das Mondlicht fiel durch das Fenster hinter ihm, sodass sie seine Miene nicht ausmachen konnte.
    »Willst du damit sagen …«
    »Genau«, unterbrach sie ihn. »Das will ich damit sagen.«
    »Du konntest also …«
    »Alles sehen. Seine Erinnerungen, seine Gedanken.« Ihre Stimme klang düster. »Seine Pläne.«
    Eine Zeit lang war nur Leanders Atmen und das leise Knistern des verlöschenden Feuers im Zimmer zu hören. Nach einer Weile beugte sich Leander zu Jenna und drückte sie mit einer sanften Geste wieder auf die Matratze zurück.
    »Erzähl mir davon«, bat er sie leise und legte sich mit abgestützten Ellenbogen neben sie. Seine Augen funkelten.
    »Es wird nicht leicht werden«, begann Jenna stockend. »Es gibt so viele von ihnen. Sie sind völlig durchorganisiert und sehr …« Sie schnitt eine Grimasse, ehe sie entschlossen fortfuhr. »… sehr gut ausgebildet.

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