Nachtjäger
aktiven Meditation. Dass sie die daoistische Tradition der inneren Kampfkünste, wie das Taijiquan, perfekt beherrschte, verstand sich von selbst.
Kurz gesagt: Sie perfektionierten sich.
Und jagten.
Bis heute.
Bis zu dem Tag, an dem sie erfuhren, dass Morgos Daargon zurückgekehrt war.
2012
»Und nun sollten wir in der Gegenwart bleiben. Im Jahre 2012. Wir erinnern uns, Lilou. Trotzdem sollten wir Daargon nicht so dankbar sein, dass wir dafür unser Leben geben«, sagte Frederic.
» Unser Leben?« Lilou runzelte die Stirn. »Soviel ich weiß, bis du sowieso …«
»Hör auf mit der Stichelei«, sagte Caroline. »Er hat recht. Wenn der Mächtige tatsächlich zurück ist, wird er Dinge planen, die uns nicht gefallen werden.«
Lilou nahm die Zeitung und studierte das Foto. Es zeigte eindeutig Morgos Daargon im Vordergrund, im Hintergrund zwei seiner Leute. Das Foto war scharf und klar und schien dennoch nebenbei gemacht worden zu sein, also nicht gestellt.
»Er will, dass wir es sehen«, flüsterte Lilou. »Er provoziert uns.«
Ludwig nahm ihr die Zeitung aus der Hand. »Und wenn wir so tun, als wüssten wir es nicht?«
Frederic rieb sich das Kinn.
Caroline sagte: »Niemand weiß, ob er wieder zur alten Stärke zurückgekehrt ist. Ein zweites Mal werden wir ihn nicht reinlegen können. Aber vielleicht ist alles nur ein Zufall oder wir täuschen uns tatsächlich. Es ist sehr lange her, seitdem wir ihm begegneten.«
»Ich habe ein ausgezeichnetes Gesichtergedächtnis«, sagte Frederic.
»Wir haben vieles vergessen«, gab Caroline zurück.
Ludwig stöhnte. »Er ist es, meine Freunde. Und nicht nur er … oh, lieber Gott, nein …«
»Was ist los?«, fragte Lilou und war bei ihm.
»Schau genau hin. Ich weiß, das kann nicht sein, aber …«
Sie nahm die Zeitung entgegen und studierte das Bild. »ich verstehe nicht …«
»Geb sie Caroline.« Ludwigs Stimme zitterte.
Lilou stieß einen spitzen Schrei aus und ließ die Zeitung fallen. Sie schwebte direkt in Carolines Schoß.
Frederic war blitzschnell bei ihr und blickte über ihre Schulter.
Ludwig hielt sich an der Stuhllehne fest. Schweiß trat auf seine Stirn.
Caroline hatte den Mann noch nie so aufgebracht gesehen, abgesehen von … damals, als … sie schaute genau hin. Oh nein, liebe Güte!
»Er starb bei der Bombardierung Londons«, stieß Lilou hervor. »Er starb doch …«
»Das ist ein böser Scherz des Teufels«, sagte Ludwig. »Das kann nur ein böser Scherz sein.«
»Ist es nicht«, sagte Frederic hart. »Der Mann im Hintergrund ist Maurice, euer Sohn!«
»Was ist da geschehen?«, fragte Caroline, nachdem Lilou sich beruhigt und Ludwig den dritten Whiskey intus hatte, die Ersten seit Jahrzehnten.
»Das ist seine Rache«, sagte Frederic. »Entweder er hat ihn zu einem Bruder gemacht …«
»Oh nein«, jammerte Lilou und Ludwig tätschelte ihre Schulter, viel zu schockiert, um sie mit aller Stärke zu trösten. Denn die Antwort lag auf der Hand.
Es gab nur zwei Möglichkeiten.
Daargon hatte auch Maurice die Unsterblichkeit geschenkt oder er hatte ihn zu einem Vampir gemacht.
Und niemand glaubte an die erste Möglichkeit.
Lilou blickte mit verweinten Augen zu ihren Freunden auf und Ludwig fand endlich die Kraft, sie in den Arm zu nehmen. Auch ihm liefen Tränen über die Wangen.
Der Schock saß zu tief und würde die Eltern von Maurice ein für alle Mal verändern.
Sie nahmen die Boeing 787, einen sogenannten Dreamliner .
Frederic hatte das Flugzeug vor einigen Jahren gekauft und es in einem Hangar des Flughafens Stuttgart geparkt. Sie bekamen ihre Startgenehmigung und waren wenig später in der Luft. In knapp 9 Stunden würden sie auf den John F. Kennedy Airport landen. Doch bis dahin galt es, sich über weitere Schritte klar zu werden.
Wie sie über Funk erfuhren, lag das Schiff noch immer in der Mündung zum Hudson und Spezialisten waren unterwegs, um zu prüfen, was auf dem Schiff los war.
Am liebsten hätte Frederic versucht, das zu verhindern, denn seine Vermutung ging noch einen Schritt weiter.
»Das Schiff ist voller Vampire«, sagte er kalt.
»Falls das so ist, frage ich mich, warum er nicht heimlich in New Jersey angelegt hat. Warum das Theater mit der Krankheit?«, fragte Caroline.
»Eitelkeit«, sagte Frederic. »Er hat vermutlich Jahrzehnte gewartet. Nun will er Rache. Und da er Maurice bei sich hat, hat er uns beobachtet oder beobachten lassen. Alle die Jahre über. Er will nichts heimlich
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