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Nachtklinge: Roman (German Edition)

Nachtklinge: Roman (German Edition)

Titel: Nachtklinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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ein Schauspieler, auch diejenigen, die glaubten, sie hätten die Hauptrolle in diesem Stück, das unerwartet einen anderen Verlauf genommen hatte.
    Mit Tychos nächstem Schritt erwachte Venedig zum Leben.
    Die ganze Stadt schien darauf zu warten, was als Nächstes geschehen würde.
    Er war die Flamme.
    Er war Eis und Feuer zugleich.
    Das Kind eines Bürgerlichen blickte auf, und sein Gesicht verzerrte sich vor Angst, als der gesamte Saal plötzlich in Dunkelheit getaucht wurde. Eine mächtige Bestie schien alles Licht aufzusaugen. Ein Nachtfalter warf seinen Schatten auf eine unvorstellbare Welt.
    Wie sich Tycho vor der Sonne fürchtete, fürchteten sich die Menschen vor der Finsternis.
    Ihr Licht vergiftete seine Welt. Seine Dunkelheit konnte ihre Welt erfüllen. Es würde mehr Dunkel als Licht geben; die Stadt hielt den Atem an, als Tycho für die Ewigkeit eines Sekundenbruchteils über dieses dunkle Reich nachdachte. Dann wurde es wieder hell und der langsam zurücktaumelnde Langbogenschütze kippte rücklings hinaus.
    Alonzo tastete nach seinem Dolch, die Wache der Zollbehörde hob die Armbrüste. Entrüstete Schreie drangen von der
piazzetta
in den Festsaal.
    »Tötet ihn«, brüllte Alonzo.
    Tycho blieb neben Dr. Crow stehen, zog ihn auf die Füße und schob ihn zwischen sich und die Schützen. Er riss das Besteckmesser aus der Hand des fassungslosen Alchemisten und setzte es ihm an die Kehle.
    »Schießt«, donnerte Alonzo.
    Die Wache zögerte. Die Männer hatten Angst, den Alchemisten zu verletzen. Aus dem Augenwinkel nahm Tycho die panische Miene des Regenten wahr, bevor er selbst Dr. Crow einen Befehl erteilte. »Macht es dunkel.«
    »Das dauert … ich kann nicht.«
    »Ich habe gesehen, wie Ihr Feuer erschafft.«
    »Es auszulöschen ist schwieriger.«
    »Es ist mir gleich, ob es Euch umbringt.«
Tycho setzte das Messer fester unter das Kinn des Alchemisten und zog es langsam zur Seite. Blut quoll hervor.
    »Los, macht schon.«
    Fackeln erloschen, Kerzen flackerten unruhig, Öllampen verglühten. Die Adern auf der Stirn des Alchemisten traten wie Seile hervor, sein Gesicht färbte sich scharlachrot. Als die Lichter erneut aufflackerten, bohrte sich Tychos Messer tiefer.
    Die Wachen verharrten unentschlossen, Alonzo brüllte Befehle, und der Alchemist stieß einen erstickten Schrei aus. Dann erloschen alle Fackeln, Kerzen und Lampen mit einem Schlag.
    »Das ist für Giulietta.«
    Tycho schlitzte Hightown Crows Kehle auf. Er würde einen anderen finden, der ihm erzählte, was man Giulietta angetan hatte. Nötigenfalls Alonzo selbst.
    Hoch oben hörte er das Surren eines Pfeils.
    Tycho flog durch die Dunkelheit, wich Tischen und Wachleuten aus, um sich schützend über den Prinzen zu werfen. In der Nähe schrie eine junge Frau auf. Der Pfeil hatte sein eigentliches Ziel verfehlt.
    Prinz Frederick wehrte sich weder gut noch besonders wirksam, aber mit wütender Entschlossenheit. Tränen der Wut liefen ihm übers Gesicht. Tycho packte seine Handgelenke und knurrte: »Ich bin hier, um Euch zu beschützen.« Der Prinz wurde still.
    Das war dumm von ihm, aber verständlich.
    »Eleanor!«,
hörte er Alexa schreien.
    Der für Frederick bestimmte Pfeil steckte zwischen Eleanors Rippen, eine Blutspur rann über ihr weißes Seidenkleid. Sie versuchte vergebens, aufzustehen, eine Hand an den Schaft gelegt, als sei sie unsicher, ob sie ihn herausziehen sollte oder nicht. Dann sackte sie zusammen.
    »Licht!«, befahl Alexa.
    Aber das erwies sich als schwierig.
    Im Festsaal herrschte heilloses Durcheinander. Edelleute standen mit gezückten Dolchen im Dunkeln, Alonzo brüllte wie ein Wahnsinniger nach der Wache. Ein Bürgerlicher versuchte verzweifelt, eine Kerze mit Feuersteinen zu entzünden, und die aufblitzenden Funken wirkten wie ein billiger Zaubertrick.
    Es wäre so einfach, Frederick zu töten. Dann gäbe es keinen Prinzen mehr, den Giulietta heiraten müsste. Niemand würde etwas bemerken. Nun, Alexa vielleicht.
    »Danke«, sagte Frederick.
    »Geht, solange es noch möglich ist.«
    »Wer seid Ihr?«
    »Tycho Bell‘ Angelo Scuro.«
    »Giuliettas …?« Der junge Mann schluckte vernehmlich.
    »Geht zu Eurem Schiff zurück und seht Euch vor. Hier sind einige auf Euren Kopf aus.«
    Er führte Frederick durch die dunkle Halle zur Küchentür. Im Gang zwischen Saal und Küche brannte eine Lampe. Tycho sah noch, wie ein Koch dem Prinzen, der wie Espenlaub zitterte, die Richtung wies.
    Der Doge und Prinzessin Giulietta

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