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Nachtklinge: Roman (German Edition)

Nachtklinge: Roman (German Edition)

Titel: Nachtklinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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nicht
dieses
Blut.
    »Gib mir die
Wolfsseele
«, befahl Tycho, und Rosalie gehorchte.
    Der Kriegshund verwandelte sich. Der Silberpelz glitt in die Haut zurück, sein Leib zerriss, die sichtbar gewordenen Knochen splitterten, Eingeweide schimmerten glitzernd auf. Für einen Augenblick waren alle Rippen des Prinzen zu erkennen, als sein Oberkörper sich aufrichtete. Einen Moment lang stand er mit aufgerichtetem Glied da, keine Haut bedeckte die Muskeln, und sein Schmerzensgeheul war durchdringend. Dann sank ein junger Mann mit breiten Schultern und Leopolds Augen auf die Knie.
    Der Prinz war vollständig schutzlos.
    Im Nu setzte die Verwandlung der anderen Kriegshunde ein, die gleichfalls vor Schmerzen wimmerten. Tycho nahm seinen Umhang und legte ihn um die Schultern des Anführers.
    »Die Hölle«, sagte er, »ist leer, denn alle Teufel haben sich hier versammelt.«
    »Das ist wahr; nicht alle, die von Noahs Arche verbannt wurden, hatten den Anstand zu ertrinken«, stimmte Frederick zu. Er hatte das gleiche Lächeln wie sein Bruder.
    Dann stellte er sich mit einer Verbeugung vor. »Prinz Frederick zum Bas Friedland. Ich muss gestehen, dass ich etwas in Verlegenheit bin, was die junge Dame betrifft …« Er blickte Rosalie an, die erst nach einem Moment begriff, dass er sich nach ihrem Namen erkundigte.
    »Ich heiße Rosalie.«
    »Ich bin entzückt.«
    »Ihr kennt meinen Meister?«
    »Ein Freund von Prinzessin Giulietta?«
    »Und ein Freund Eures Bruders«, fügte Tycho hinzu. »Ich stand bei seinem letzten Kampf an seiner Seite. Außerdem bin ich der Liebhaber seiner Witwe.«
    Frederick riss die Augen auf. »Ihr gebt es zu?«
    »Wir wollen heiraten. Dadurch werde ich zu Leos Vormund. Ihr wisst bestimmt, dass Leopold Giuliettas Sohn in jeder Hinsicht zu seinem Erben gemacht hat.«
    Frederick hatte es nicht gewusst.
    »Das Kind ist ein Kriegshund?«, vergewisserte er sich.
    »Ja, Leopold hat ihn als seinen Sohn anerkannt, in Anwesenheit des Königs von Zypern und Abt Ignatius, vor der versammelten Bruderschaft der Weißkreuzler. Der König hat seine Erlaubnis erteilt und der Abt seinen Segen gegeben.«
    »Damit ist die
Wolfsseele
Leos rechtmäßiges Eigentum.«
    »Giulietta hat mich gebeten, das Schwert aufzubewahren. Die Waffe erinnert sie zu sehr an ihren verstorbenen Mann.« Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, klang aber einleuchtend. »Sie hat Euren Bruder so geliebt, wie sie nie wieder einen Mann lieben wird.«
    Das allerdings war nur zu wahr, und er würde damit leben müssen.
    Tycho reichte Leopolds Bruder den Griff der
Wolfsseele.
    »Ist es Euch ernst damit?«, fragte Frederick.
    »Ich übergebe Euch die
Wolfsseele,
bis Leo alt genug ist, um sie selbst zu tragen.«
    »Ich schwöre es bei meiner Seele«, sagte Frederick. »An seinem sechzehnten Geburtstag werde ich ihm das Schwert überreichen.«
    Dieses Versprechen sicherte Leo die zukünftige Herrschaft über die Wolfsbrüder und machte Frederick bis zu diesem Zeitpunkt zu ihrem Anführer. Dann bedeutete Tycho den Wolfsbrüdern, näher zu kommen, und schilderte die Lage.
    »Leo befindet sich in Andronikos' Gewalt?«
    »Leo und seine Mutter.«
    »Wahrscheinlich ist sich der Byzantiner nicht darüber im Klaren, welchen Fang er da gemacht hat«, äußerte Frederick.
    »Ich bezweifle, dass er weiß, was er an beiden hat«, sagte Tycho. Prinz Frederick musterte ihn.
    »Ihr liebt Giulietta?«
    »Vom ersten Augenblick an.«
    »Leopold schrieb mir, dass Ihr gefährlich seid. Ich antwortete ihm, es hieße, Ihr seht aus wie ein Mädchen. Er schrieb mir zurück, man müsse ein Narr sein, Euch zu unterschätzen.« Fredericks Blick wanderte von Tychos geflochtenem Haar und dem schwarzen Gewand weiter zu den Toten. »Ich bin ebenso wenig ein Narr wie mein Bruder.«
    »Ich werdet kämpfen?«
    »Wer in dieser Nacht stirbt, braucht die nächste nicht erdulden.«
    Plötzlich wirkte Frederick ebenso draufgängerisch und großherzig wie sein Bruder. Er erteilte einen knappen Befehl und verwandelte sich erneut. Das Rudel tat es ihm nach, und ihr Gestaltwandel erfolgte so schnell und qualvoll, dass sich sogar Rosalie, deren Zorn über Eleanors Tod alle anderen Gefühle überschattete, abwandte.

59
    D ie Inselgruppe Giudecca gehörte nicht direkt zu Venedig, und das war den Bewohnern nur recht. Auf den Inseln gab es Fischerhütten, Kloster für Mönche und Nonnen, Speicher und Bordelle, eine Handvoll kleiner Plätze und einige bescheidene Bauernhöfe. Genau wie in Venedig

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