Nachtklinge: Roman (German Edition)
zusammen.« Nikolaos erinnerte sie an ihren Cousin; als habe Marco einen dunklen, gefährlichen Bruder, wie ein Abbild auf der Rückseite des Spiegels.
»Wie alt seid Ihr?«, fragte sie.
Nikolaos zog eine Braue hoch.
»Ich bin achtzehn Jahre alt«, fügte Giulietta hinzu.
»Willst du mit mir Freundschaft schließen?«
»Ich will herausfinden, wie alt Ihr seid.« Sie wollte so viel wie möglich über ihn erfahren. Seine Fehler, seine Schwächen, alles, was sich gegen ihn verwenden ließ. Prinz Nikolaos sah enttäuscht aus.
»Freundschaft interessiert mich nicht, dann macht es mir keinen Spaß mehr mit dir.«
»Seid unbesorgt«, erwiderte sie gereizt. »Wir werden bestimmt niemals Freunde.«
Er grinste breit.
»Neunzehn Jahre«, gab er schließlich zu.
Giulietta sparte sich die Antwort, was sein Grinsen noch verstärkte.
Nach einer Weile nahm er einen Dolch mit Elfenbeingriff zur Hand und begann, seine Fingernägel zu säubern, während er munter vor sich hin summte. Anschließend zog er einen Kamm aus Schildplatt hervor, mit dem er sich durch die blonden Locken fuhr, bis sie gleichmäßig um seine Schultern wallten. Vermutlich wollte er sie wütend machen.
Er hatte Erfolg.
Die Millioni herrschten seit fünf Generationen, verheirateten ihre Nachkommen nur mit Sprösslingen anderer mächtiger Familien und hatten Marco hervorgebracht. Byzantinische Adelige dagegen heirateten, mordeten und folterten andere adelige Familien seit tausend Jahren. Im Grunde war es ein Wunder, dass Nikolaos nicht noch schlimmer war.
»Was murmelst du vor dich hin?«
»Ich glaube, ich bin Republikanerin.«
Er gluckste vor Vergnügen. »Wirklich, dass wird ein Spaß! Womit vertreiben wir uns die Zeit, während wir auf Andronikos warten? Hast du einen Vorschlag? Was mich betrifft, ich hätte da den einen oder anderen Einfall …«
Giulietta unterdrückte ein Schaudern und dachte fieberhaft nach.
In Mondlicht und Nebel wirkten die Kriegshunde wie Riesen. Ihre geisterhaften Umrisse zeichneten sich vor den Apfelbäumen ab. Einer von ihnen legte den Kopf zurück und heulte auf.
Sein Fell war grau wie Tychos Haar, und die qualvoll langen Arme endeten in bösartigen Klauen. Er stank wie ein Iltis, säuerlich und nach Urin. Als er den Kopf herumriss, traf Tycho ein stechender Blick. Ein kleinerer Kriegshund am Ende der Reihe kauerte nieder und ging blitzschnell auf allen vieren zum Angriff über.
Im gleichen Augenblick setzte sich Rosalie in Bewegung.
Die beiden prallten schräg zusammen und wirbelten aneinander vorbei. Der Kriegshund blieb stehen und knurrte wütend, als er die blutigen Kratzwunden sah, die Rosalies Nägel an seiner Brust hinterlassen hatten. Sie pfiff und schnippste mit den Fingern, als würde sie einen Schoßhund rufen. Der zweite Zusammenstoß war frontal und so kräftig, dass das Krachen zwischen den Bäumen widerhallte.
Für einen kurzen Moment umklammerten sie sich wie Liebende, dann rissen sie sich voneinander los.
Blut tropfte von Rosalies Kinn. Sie wandte sich ihrem Angreifer eine Winzigkeit langsamer zu, obwohl beide sich immer noch mit übermenschlicher Geschwindigkeit bewegten.
Iltisgestank hinter dir.
Tycho fiel auf die Knie und bohrte dem heranstürmenden Kriegshund eine Schulter in die Eingeweide, woraufhin sich sein Angreifer überschlug und stürzte. Blitzschnell rammte er einen Fuß in den Nacken der Bestie, Knorpel brachen, und die Verwandlung setzte beinahe augenblicklich ein. Im nächsten Moment war es ein junger Mann, der vergeblich nach Luft schnappte. Tycho riss die
Wolfsseele
von seinem Rücken und schlug zu.
Er hatte die Klinge zum Singen gebracht.
Als Tycho sich umwandte, lag ein toter Junge zu Rosalies Füßen. Das restliche Rudel stürmte zwischen den Bäumen hervor, der Gedanke an einen Kampf Mann gegen Mann war vergessen. Tycho zog seinen Dolch. Ein einziger Schritt, und er stand vor einem der Ungeheuer und trieb den Dolch in sein Herz. Mit einer raschen Drehung schlitzte er die Kehle des nächsten Angreifers auf.
»Der war für mich!«, schrie Rosalie erbost.
Tycho hob kampflustig die
Wolfsseele.
»Es sind noch viele übrig.«
»Warum nimmst du dann ausgerechnet meinen?«
Sie wich einem Hieb aus, sprang dem Feind in den Nacken und schloss die Beine wie Zangen um seinen Hals. Das brechende Rückgrat knirschte laut durch die Nacht.
Statt sich den nächsten Gegner vorzunehmen, grub sie die Zähne in den Nacken des Sterbenden. Er begann sich zu wandeln. Die von Krämpfen
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