Nachtkrieger: Ewige Begierde
Frau sollte nicht beim Bad eines fremden Mannes behilflich sein.«
»Eine unverheiratete Frau sollte auch nicht mit fremden Männern schlafen, aber darüber habt Ihr Euch nicht beschwert.«
»Das ist etwas anderes.«
»Aye, das ist es.« Sie drückte ihn kurz. »Frauen, die an einem Hof dienen, waschen ständig irgendwelche Männer. Hat man Euch noch nie ein Bad angeboten, wenn Ihr zu Gast bei einem Edelmann wart?«
»Nein.« In Wahrheit war er so selten Gast eines Edelmanns gewesen, dass er nie Zeit für ein Bad gehabt hatte. »Und in meiner Heimat ist so etwas nicht üblich. Männer und Frauen baden getrennt.« Das taten sie jedenfalls früher.
»Nun, hier gehen alle Damen an die Hand, ganz gleich, ob verheiratet oder nicht. Es ist eine Art, dem Gast seine Ehre zu erweisen und, ich glaube, Ehemänner für die überzähligen Töchter zu finden, demnach zu urteilen, wie oft bei einem unserer Nachbarn gebadet wurde.«
»Warum?«
Sie musste lachen. »Sie hatten acht Töchter.«
»Acht!« Er grinste, als er an das Gekicher anderer junger Mädchen denken musste. »Ich hatte einen Freund, der hatte sechs, alle rothaarig wie ihre Mutter. Ich habe sie einmal gesehen, als er auf dem Weg nach London zur Curia Regis war. Aber ich bezweifle, dass er sie irgendjemanden hat waschen lassen.«
»Ich wette, das hat er doch. Vater sagte immer, rothaarige Frauen bringen Unglück.«
»Diese Frauen brachten meinem Freund nur Glück. Insbesondere seine Ehefrau. Ihr Name war Alaida. Ich habe sie leider nur einmal gesehen, doch selbst als sie schon leicht ergraut und ein wenig unförmig war, nachdem sie all die Töchter bekommen hatte, konnte ich verstehen, warum sie Ivar so viel bedeutete.« Bis zum heutigen Tag war sie die Frau, an deren Bild Steinarr sich klammerte, um nicht die Hoffnung zu verlieren, so wie die Christen sich an ihre heilige Jungfrau klammerten. Schon vor langer Zeit hatte er diese Hoffnung so tief in sein Inneres verbannt, wo sie ihn nicht quälen konnte, nun aber stieg sie erneut auf – dieses Mal mit einem Gesicht mit Erdbeermund und einer Krone aus wunderbar goldenem Haar.
»Er hat sie wohl sehr geliebt«, sagte die Besitzerin ebendieses Gesichts leise. »Das höre ich am Klang Eurer Stimme.«
»Ja, das hat er.«
»Dann konnte sie sich ebenso glücklich schätzen wie er.«
Danach herrschte Schweigen, das jedoch nur ein paar Dutzend Yards anhielt, denn plötzlich spitzte der Hengst die Ohren und drehte sie nach hinten. Das Packpferd wieherte und tat es ihm nach, und Steinarr straffte die Schultern. »Wir werden verfolgt.«
»Wirklich?« Sie wollte sich umdrehen und nachsehen, aber Steinarr drückte kurz ihren Arm.
»Nicht bewegen«, sagte er, während er seinen Bogen, der neben seinem Knie hing, loshakte und einen Pfeil aus dem Köcher daneben herauszog. »Halt dich fest und mach dich auf alles gefasst!«
Er hatte gerade den Pfeil angelegt und rechnete sich aus, wie lange es dauern würde, die Abtei zu erreichen, als hinter ihnen lauter werdender Hufschlag ertönte. Marian schrie leise auf und klammerte sich an Steinarr, während dieser den Hengst herumriss und seinen Bogen spannte.
Der junge
jongleur
aus Hokenall kam in Sicht, auf dem hässlichsten Falben, den Steinarr je gesehen hatte. Als der Bursche den Bogen sah, brachte er das Pferd abrupt zum Stehen. »Bitte, tötet mich nicht, Mylord! Ich bin Euch nur gefolgt, um mit Euch zu reiten.«
»Herrgott noch mal, Mann!« Steinarr ließ die Sehne los und hakte den Bogen wieder ein. »Man reitet einem Mann nicht einfach so hinterher, wenn man sich in einem Wald befindet, wo es Vogelfreie gibt.«
»In allen Wäldern gibt es Vogelfreie, Mylord.«
»Aber in Sherwood ist es schlimmer als in den meisten anderen.«
»Das weiß ich wohl, Mylord.«
»Was machst du überhaupt hier, Spielmann?«, fragte Marian.
»Mit Euch reiten, will ich doch hoffen, Mylady, als Euer Begleiter.«
»Sie hat schon einen Begleiter«, sagte Steinarr.
»Natürlich, Mylord. Aber ein solches Juwel sollte lieber von mehr als nur einem Mann gehütet werden.«
»Eher ein getreuer Krieger als ein Fremder und Spielmann.«
»Ich könnte ein wenig singen, aber ich habe ein scharfes Schwert und bin willens, es zu gebrauchen. Lasst mich Euer Vertrauen erwerben, Mylord.«
»Erwirb dir Lord Peters Vertrauen. Ihm kann ein guter Mann von Nutzen sein.«
»Er hat mir angeboten zu bleiben, aber das kann ich nicht, Mylord. Ich bin nämlich ein Geächteter, so wie Ihr.«
»Ich bin kein
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