Nachtkrieger: Ewige Begierde
ist.«
»Ist sie auch nicht. Das habe ich mir nur von Ari abgeschaut.«
»Ah, nun ja, ich bin ja auch keine Elfe, weder Licht- noch Dunkelelfe. Dafür kann ich dem Leben im Wald nicht genug abgewinnen. Mir ist es lieber, in einer Halle zu essen und in einem weichen Bett zu schlafen. Euch hingegen scheinen Bäume und Laub im Blut zu liegen. Gehört Ihr gar etwa selbst zu den Elfen?«
»Nun hast du mich doch noch durchschaut«, sagte er in verschwörerischem Ton. »Ich bin ein geächteter elfischer Forstwart.«
»Wusste ich’s doch«, sagte sie, und ihr Lachen stieg ihm zu Kopf wie schwerer Wein. »Erzählt mir mehr von Euren Leuten, Mylord Elf, damit ich nicht immer daran denken muss.« Sie klopfte auf den Beutel an seinem Gürtel, worin sich das Stück befand, das er in Sudwell gefunden hatte.
»Du
bist
schon ungewöhnlich geduldig.«
»Nur weil mir nichts anderes übrigbleibt. Ich habe nämlich beschlossen, dass ich es mir erst ansehe, wenn wir die Stelle erreicht haben, wo wir unser Nachtlager aufschlagen werden, um keine Zeit zu verlieren. Aber Ihr spracht gerade über Elfen,
Monsire.
Stimmt es, dass sie ewig jung bleiben, so wie Gunnora gesagt hat?«
»Jung, hübsch und voller Magie, die sie leider einsetzen, um mit Menschen Unfug zu treiben. Da war einmal eine Hebamme, die von den Elfen geholt wurde, als ihre Königin ein Kind zur Welt brachte …« Er erzählte das alte Märchen, das ihm einst seiner Mutter erzählt hatte und das er später auch von Ari gehört hatte, als sie alle gemeinsam am Feuer saßen. Und nun bediente er sich abermals der Sprache des
Skalden,
soweit er sich erinnerte zumindest, um Marian möglichst gut zu unterhalten.
Die letzte Meile war fast geschafft, und schließlich erkannte er den alten Weg wieder, der nicht viel mehr war als ein Wildwechsel. Er ritt ihn entlang, tiefer in den unberührten Wald hinein. Die Zeit reichte gerade noch, um das Märchen zu Ende zu erzählen, bevor sie die Lichtung erreichten, die auf merkwürdige Weise noch immer frei war, wohingegen die Bäume ringsherum höher und dichter geworden waren. »Und als sie bemerkten, dass sie den magischen Spiegel der Elfenkönigin gestohlen hatte, um sich selbst darin zu bewundern, schlugen sie ihr rechtes Auge mit Blindheit und ließen sie zurück, so dass sie ihr Leben in Armut fristen musste.«
»Ich frage mich, ob unserer Köchin nicht das Gleiche passiert ist«, sinnierte Marian. »Sie ist auch blind auf dem rechten Auge.«
»Vielleicht hat sie ja für die Elfen gekocht und das Essen versalzen. Da sind wir.« Steinarr schwang sich aus dem Sattel und half ihr abzusitzen.
»Zeigt es mir!« Ihre Geduld war am Ende, sobald sie ihre Füße auf den Boden setzte. Sie riss ihm das Kästchen aus der Hand, sobald er es hervorgeholt hatte, und fuhr mit den Fingerspitzen über die Zeichnung, die in das grün angelaufene Kupfer eingraviert war. »Ich kenne dieses Kästchen! Vater bewahrte seine besten Edelsteine und Ringe darin auf. Ihr habt noch gar nicht erzählt, wie Ihr darauf kamt, dass es dort unter dem Grabstein verborgen war.«
»In einer Ecke war ein kleiner Schlüssel eingeritzt. Mir fiel die Fuge auf, die an einer Stelle zugespachtelt war. Sieh nach, was darin ist.«
Sie kniete sich hin, noch an Ort und Stelle, zog den kleinen Lederbeutel aus ihrem Pilgerbeutel und fischte den kleinen Schlüssel heraus. Doch als sie ihn in das Schlüsselloch steckte, zögerte sie. Ihre Hand erstarrte, und ihre Lippen pressten sich aufeinander zu dieser verführerischen Linie. Einmal mehr wünschte Steinarr, er hätte nicht davon abgeschworen, sie zu küssen. Diese Lippen waren einfach zu verlockend …
Während er sie beobachtete, zeigte sich ein Hauch von Röte auf ihren Wangen.
»Worauf wartest du?«, fragte er.
»Ihr habt diesen Teil des Rätsels gelöst und das Kästchen gefunden. Deshalb gebührt es Euch, es zu öffnen.«
»Das Rätsel ist doch gar nicht für mich.«
»Für mich auch nicht, und trotzdem sind wir dabei, es gemeinsam zu lösen.« Ihre Finger schlossen sich fester um den Schlüssel, drehten ihn aber noch immer nicht herum. »Ich muss immer wieder daran denken, was Ihr in Harworth gesagt habt, dass Vater entweder grausam oder ein Mistkerl war. Was, wenn das hier eine falsche Spur ist? Was, wenn Vater sie nur geschickt gelegt hat, um Robin ein letztes Mal zu demütigen?«
»Solange es Hinweise gibt, musst du davon ausgehen, dass er es ehrlich meinte.« Er hockte sich neben sie und schloss seine Hand
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