Nachtkrieger: Ewige Begierde
solchen Mann verlobt hatte, und auf Steinarr, weil er sie auf der Straße hier allein gelassen hatte, auch wenn sie verstand, warum – denn hätte Baldwin Steinarr erkannt, hätte er einen zweiten Blick auf die Frau an seiner Seite geworfen, ungeachtet der plötzlich breiteren Hüften. Aber wo steckte Steinarr jetzt? Sie presste sich mit dem Rücken gegen die Wand und wagte nicht, den Kopf mehr als eine Nasenlänge um die Ecke herauszustrecken, um nachzusehen, ob Baldwin weg war. Als dann auch noch ein Wagen mit ächzenden Rädern vorbeifuhr, zog sie sich hastig weiter in die Gasse zurück und hockte sich hinter ein leeres Weinfass.
Dort kauerte sie noch immer, umgeben vom essigsauren Geruch des Fasses, als sich Schritte näherten. Sie zog ihr Messer, bereit, sich zu verteidigen, wenn es sein musste.
»Marian? Verflucht noch mal, ich habe doch gesehen, dass du hierhergelaufen bist. Wo steckst du?«
Sie richtete sich auf und stand zitternd auf den Beinen. »Wo wart
Ihr?
Ich dachte schon … ich dachte …«
»Ich weiß. Ich auch.«
»Lammpastete«, sagte sie.
»Er hat drei Pasteten gekauft.«
»Ihr wart also ganz in der Nähe?«
»Niemals hätte ich zugelassen, dass er dich mitnimmt.«
Die bange Entschlossenheit seiner Worte trieb Matilda die Tränen in die Augen. Sie nickte, unfähig, etwas zu sagen.
»Er ist davongerollt, um sich vollzufressen. Ich bin noch eine Weile stehen geblieben und habe beobachtet, in welche Richtung er gefahren ist. Komm, meine stämmige Fleischersfrau. Lass uns diese Kleidung zurückbringen und zusehen, dass wir von hier wegkommen. Und dann«, er senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern und streckte eine Hand aus, »zeige ich dir, was ich auf dem Friedhof gefunden habe.«
Seine Hand nehmen? Keine sichere Angelegenheit angesichts dessen, wie aufgewühlt sie ohnehin noch war. Doch nun, da die erste Aufregung sich gelegt hatte, entschied sie, dass sie durchaus einen starken Arm brauchte, der ihr Halt gab. Sie holte tief Luft und wappnete sich, bevor sie hinter dem Fass hervortrat. Dann legte sie ihre Hand in seine. Seine Finger schlossen sich um ihre, und die tiefempfundene Erleichterung, die diese einfache Geste mit sich brachte, ganz gleich, ob dieses Gefühl von ihr oder von ihm ausging, war ihr mehr als willkommen.
»Das wäre sehr schön, Mylord. Je weiter weg, desto besser.«
Steinarr ritt in Richtung Westen und brachte Marian in einen Wald der Grafschaft, in dem er sich auskannte, um sie so weit wie möglich von Baldwin wegzubringen. Der Gedanke daran, sie könne dieses
hrosshvalr
heiraten, müsse ihm zu Willen sein und in seinem Bett liegen, brachte ihn dazu, den Pferden alles abzuverlangen, und noch bevor die Hälfte des Nachmittag vergangen war, befanden sie sich so tief im Wald, dass er endlich das Gefühl hatte, sie sei in Sicherheit. Und offenbar hatte sie das gleiche Gefühl, denn je mehr er sich entspannte, desto mehr entspannte sich auch sie, so dass sie sich gegen Ende des Ritts an seinen Rücken lehnte und einen Seufzer ausstieß, der eher nach einem Gähnen klang.
»Du wirst müde.«
»Ein wenig«, räumte sie ein.
»Wir machen bald Rast. Ich kenne einen geeigneten Ort.«
»Wieder eine von Euren Höhlen oder Klausen?«
Angesichts ihres stichelnden Tons musste er lächeln und antwortete mit dem gleichen Unterton: »Besser. Ein Elfenhaus.«
»Wirklich?« Sie hob den Kopf. »Meine Amme erzählte mir immer Märchen von Elfen, bis Vater sie dabei erwischte. Er schickte sie fort, weil sie mir angeblich Flausen in den Kopf gesetzt hatte, und holte einen Geistlichen ins Haus, der mich stattdessen in Latein unterrichten sollte.«
»Was uns bei dieser Suche durchaus von Vorteil ist. Aber wie auch immer, Elfen sind ebenso wirklich wie du und ich«, versicherte er ihr.
»Und sie leben dort, wo Ihr mich hinbringt?«
»Ich habe sie noch nicht gesehen, aber mir scheint, es würde ihnen dort gefallen.«
»Gunnora sagte, sie lebten unter der Erde, in unterirdischen Gängen und tiefen Höhlen.«
»Nur die Elfen der Dunkelheit. Andere leben in den Wassern von Quellen und in den dunklen Teilen des Waldes. Wieder andere, die Elfen des Lichts, bewegen sich zwischen den Lichtungen des Waldes und den Wolken und mischen sich unter Männer und Frauen, verkleidet als die Schönsten der Schönen. Du könntest eine solche Elfe sein.«
»Ihr schmeichelt mir, Mylord. Und Ihr überrascht mich. Ich wusste gar nicht, dass Euch die Sprache eines Barden eigen
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