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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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so wie jedes Tier, das seine Behausung verteidigen musste. Er rammte Brand seine Hauer in die Hüfte, die scharf waren wie Speere. Brand schrie auf vor Schmerz.
    Der Schrei schien das Wildschwein nur noch anzustacheln. Lautstark quiekend warf es den Kopf vor und zurück und setzte Brand ordentlich zu, bis eine lange Wunde an seiner Hüfte klaffte. Verzweifelt tastete Brand nach etwas, womit er sich zur Wehr setzen konnte. Er griff nach einem Ast und schlug dem Wildschwein damit auf den Kopf. Doch das Holz war so morsch, dass es sogleich zerbrach. Für einen Augenblick wich der Keiler zurück, schnaufend und quiekend, dann rannte er auf Brands Kopf zu. Brand rief Skadi, der Göttin der Jagd, ein Stoßgebet zu und stieß dem Wildschwein das spitze Ende des zersplitterten Asts in den offenen Schlund. Mit voller Wucht rammte das wütende Tier sich den Ast selbst in den Rachen. Brand bot all seine Kraft auf und stieß ihn tiefer hinein, während die Hauer des Keilers sich in seine Arme gruben.
    Das Wutgequiekse des Wildschweins wurde zu einem Todesschrei, der in einer Fontäne warmen Blutes erstickt wurde, und bald war Brand von oben bis unten besudelt. Als das Tier endlich zusammenbrach, steckte seine Hand noch immer in seinem Schlund. Brand riss sich los und schleppte sich zu einer knorrigen Baumwurzel, während das Wildschwein seinen letzten Tropfen Blut auf dem Waldboden vergoss.
    Wie Brand feststellen musste, blutete auch er. Noch war er durch den Kampf so erregt, dass er keinen Schmerz spürte, doch das würde sich sehr bald ändern. Die Verletzung würde ihn nicht umbringen – dafür hatte Cwen schließlich gesorgt –, dennoch brauchte er dringend Hilfe.
    »Ari?«, rief er und schreckte damit ein kleineres Tier auf, das davonhuschte. Dann hörte er das Schlagen von Flügeln, doch es klang zu leise für einen Raben. »Verflucht! Ari, wo steckst du?«
    Sicher war er bei Ivo und den Pferden, wo immer das auch sein mochte. Brand sah sich suchend um, fand bei dem Dämmerlicht aber keinen Anhaltspunkt. Er hatte nicht die geringste Ahnung, in welche Richtung er gehen musste. Er schien so stark zu bluten wie das Wildschwein, das nur wenige Meter von ihm entfernt auf dem Waldboden lag. Genau konnte er es jedoch nicht feststellen, denn er war über und über mit dem Blut des Tieres beschmiert. Da er ohne Kleidung war, die er zerreißen konnte für einen Verband, nahm er Moos und presste es auf die Wunde, die sich am schlimmsten anfühlte. Es würde ganz schön unangenehm werden.
    Brand biss die Zähne zusammen und schob sich an dem Baumstamm hoch, zwischen dessen Wurzeln das Moos wuchs. Als er auftrat, spürte er, wie sein warmes Blut ihm das Bein hinunterlief, und auch der Schmerz setzte ein. Wenn er nicht bald Hilfe fand, würde er früher oder später das Bewusstsein verlieren und die nächsten Nächte nackt und frierend im Wald liegen, während sein Körper um Heilung kämpfte.
    »Ich schaffe es«, sagte er laut vor sich hin. »Vorwärts!«
    Er schleppte sich weiter, wobei ihm jeder Schritt schwerer fiel. Schließlich gelangte er an eine Lichtung. Der Himmel war sternenklar, so dass er sich endlich orientieren konnte. Er wandte sich in Richtung Osten, wo Alnwick lag, und ermahnte sich abermals: »Vorwärts.«
    Quälend langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, während seine Kräfte weiter schwanden. Sein Bein schmerzte so sehr, dass er fürchtete, er werde jeden Moment zusammenbrechen. Allein durch schiere Willenskraft hielt er sich aufrecht.
    Plötzlich sah er zwischen den Bäumen ein flackerndes Licht. Spielte ihm sein Verstand etwa einen Streich? Das konnten unmöglich die Lichter des Dorfes sein, denn davon war er viel zu weit entfernt. Doch da war es wieder: ein schwacher Lichtstrahl. Falls es sich lediglich um eine Sinnestäuschung handelte, kam sie ihm gerade recht. Er humpelte weiter auf das Licht zu. Wenig später war er gebadet in Schweiß, der in der kalten Nachtluft sogleich auf seiner nackten Haut gefror.
    Aber er hatte sich nicht getäuscht. Am Rande einer kleinen Lichtung stand tatsächlich eine Hütte, durch deren Fensterläden ein schwacher Lichtstrahl schien. Menschen. Brand schleppte sich weiter und wollte an die Tür klopfen.
    Aber sein Arm gehorchte ihm nicht. Er versuchte zu schreien, doch ihm versagte die Stimme. Dann stürzte er gegen die Tür, die sogleich aufsprang. Und er fiel weiter – dem wärmenden Licht entgegen. Hinein ins Nichts.
     
    Ivo hörte die Schreie in dem Augenblick,

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