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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Mailbox erst heute früh abgehört und war Jo-like
natürlich kaum mehr zu bremsen. Ein Wortschwall ergoss sich über ihn, bezüglich
Kassandra, die weggefahren war, woran er schuld sei. Bezüglich der Leiche, über
die Jo alles wissen wollte. Jo kannte das Mädchen, sie hatte mal im
Tourismusverband gearbeitet. Gerhard bemühte sich um Objektivität und konnte Jo
erst dann bremsen, als er ihr sagte, er müsse sie sowieso offiziell befragen.
Es folgte noch eine weitere Rüge wegen Kassandra, dann hatte er aufgelegt.
Eigentlich hätte er Jo wegen Kassandras Schwester fragen können, Jo hatte
sicher eine Telefonnummer in Freiburg. Jo wusste doch immer alles.

Kapitel 3
    »Alles altert und verjüngt sich wieder.
    Warum sind wir ausgeschlossen vom schönen
    Kreislauf der Natur?«
    Hölderlin, Hyperion
    Gerhard ging im Büro erst mal zu Evi. »Und, Magen
voll? Laune besser?«, fragte die, ohne den Kopf zu heben.
    »Ja, entschuldige. Der ganze Tag gestern hat mich auf
dem falschen Fuß erwischt.«
    »Tage können einen nicht auf Füßen erwischen.« Evi war
anscheinend noch nicht bereit, ihm zu vergeben.
    »Ja, Frau Germanistin. Sorry, Entschuldigung, Pardon,
ich war gestern einfach nicht so ganz fair.«
    »Ja, unfair, launisch und ein Grantler! Aber wenn du
jetzt mal deine Lauscherchen aufmachen möchtest: Ich habe gerade mit der
Gerichtsmedizin telefoniert.« Sie lächelte.
    »Das ging aber schnell.«
    »Ja, die haben das tatsächlich gleich gestern noch
erledigt. War gerade wenig los in den Kühlschränken, wie sich die Frau Doktor
auszudrücken pflegte.« Evi schüttelte den Kopf.
    »Mediziner! Und was hat sie gesagt?«, fragte Gerhard.
    »Nun, Jacky ist ertrunken. Ein genauer Bericht folgt.
Todeszeitpunkt etwa drei Uhr. Wie ich dem Fachchinesisch entnehmen konnte, sind
sich die Gerichtsmediziner da vollkommen sicher – wohl wegen des Wassers in der
Lunge. Und nun kommt es: Die Pathologin, mit der ich gesprochen habe, hat noch
mehrere Kollegen zugezogen, und die sind sich alle einig, dass sie sozusagen
quasi zweimal ertränkt wurde. Keine Ahnung, mit welchen Finessen die so was
rausfinden können.«
    »Bitte?« Gerhard war zumindest jetzt hellwach.
    »Ja, es sieht folgendermaßen aus: Einmal konnte sie
sich wohl noch wehren. Ist dem Angreifer entkommen. Und beim zweiten Mal hat er
sie dann eben doch erwischt. Unter Wasser gedrückt, bis sie starb. Sie wurde
nicht vergewaltigt, hatte auch länger schon keinen Verkehr mehr, es wurde kein
Sperma gefunden. Kein Alkohol. Keine Drogen. Keine Tabletten.«
    »Sonstige Spuren?«
    »Keine verwertbare DNA ,
wenn du das meinst. Nichts unter den Fingernägeln oder so. Keine
Fingerabdrücke, da hat die kurze Zeit im Wasser auch schon genügt, Spuren zu
tilgen. Und um deiner Frage zuvorzukommen: Auch die Spusi hat nichts oder eben
eine Lebensaufgabe. Wie du das sehen willst. Es gibt natürlich Hunderte von
Spuren, Fußabdrücke, Fahrradreifen. Wir reden hier von einem Kurpark in der
Hauptwandersaison.«
    »Gar nichts, was uns nutzt?«, fragte Gerhard.
    »Doch, ein kleiner Hoffnungsschimmer: Sie haben einige
Holzspreißel gefunden«, sagte Evi.
    »Holzspreißel? Wo?«
    »An der Fingern und an den Knien«, sagte Evi.
    »Öha, das ist interessant. Denkst du, was ich denke?«
    »Ja, sie könnte auf einem Boot gewesen sein, oder?«
Evi sah ihn aufmerksam an.
    »Ja, das könnte sie. Oder sie hat sich sonst wo einen
Schiefer eingezogen.« Sich einen Schiefer einziehen, eine treffliche
Beschreibung für anecken, für unangenehm auffallen. Das klang hier so zynisch.
Das Mädchen hatte sich mehr als nur einen Schiefer eingezogen, es war tot.
Mausetot und leichenblass und ermordet. Gerhard straffte die Schultern. »Sie
könnte auch irgendwo im Holz gearbeitet haben, Dachsenprügel geputzt haben …«
    »Was geputzt haben?« Evi runzelte die Stirn.
    »Ach Evi, aus dir wir nie eine Landfrau!
Dachsenprügel, Äste, an denen die Dachse noch dran sind.«
    »Danke, das hilft mir ungeheuer weiter.« Evi
schüttelte den Kopf.
    »Egal, da fehlt’s weit nei, dir das Wesen der
Forstwirtschaft zu erläutern. Bei dir kommt die Wärme aus dem Heizkörper, das
genügt dir, oder?«
    »Ja, und der Strom kommt aus der Steckdose. Himmel,
Weinzirl, führen wir jetzt eine Energiediskussion? Oder bleiben wir bei den
Spreißeln?«
    Gerhard verdrehte die Augen. »Herzblatt, aber ja. Sie
war im, am, um das Holz herum oder auf einem Boot oder einem Steg oder
irgendwo, wo’s holzig herging. Kann man die Spreißel

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