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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Mannes, der zwei junge Männer in Berlin ermordet und auf Giglio mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls zwei junge Homosexuelle umgebracht hatte, war identisch.
    Susanne zitterte, so aufgeregt war sie.
    Der Kerl hatte doch wirklich die Unverfrorenheit besessen, ihr eine Ansichtskarte von Giglio zu schicken, auch auf die Gefahr hin, dass sie ihm auf die Spur kam.
    Er musste sich seiner Sache absolut sicher sein und besaß anscheinend eine Hybris, dass einem Hören und Sehen verging.
    Susanne rief die Soko zusammen und teilte die neuen Erkenntnisse mit.
    Die Kollegen trommelten vor Begeisterung auf ihre Tische. Dies alles zeigte zwar, dass dieser Mörder unberechenbar war und seine Taten keineswegs auf einen gewissen Radius oder eine einzige Stadt eingrenzte, aber sie hatten doch alle das Gefühl, ihm einen Schritt näher gekommen zu sein, auch wenn sie noch nicht genau wussten, wie.
    Um einundzwanzig Uhr kam sie endlich aus dem Büro. Es hatte den ganzen Abend gewittert, jetzt regnete es heftig und dauerhaft.
    Susanne rannte zu ihrem Auto und hechtete auf den Fahrersitz, wurde aber dennoch klatschnass. Ich müsste mal wieder ins Kino gehen, dachte sie, oder ins Theater. Manchmal ist es gar nicht schlecht, auf andere Gedanken zu kommen, vielleicht finde ich durch eine völlig irrsinnige Geschichte einen Weg aus dem Dilemma.
    Wenn jemand auf dieser Welt ganz schräge und unkonventionelle Gedanken hatte, dann war es ihre Tochter. Und plötzlich spürte sie die heftige Sehnsucht, mal wieder die halbe Nacht mit ihr am Küchentisch zu sitzen und zu reden oder kichernd mit Chips und Cola vor dem Fernseher zu hocken.
    Doch die Hoffnung auf solche Abende hatte sie längst aufgegeben.
    Als sie die Wohnungstür aufschloss, hielt sie überrascht inne und horchte einen Moment. Ganz klar. Ihre Tochter war offensichtlich zu Hause und sah in idiotischer Lautstärke eine TV -Schnulze. Susanne hörte einen Mann und eine Frau, die sich während eines alles überlagernden Geigenkonzerts ihre Liebe gestanden.
    Leise zog sie Jacke und Schuhe aus und schlich sich mit einem Glas Wasser in der Hand ins Wohnzimmer.
    Melanie hob abwehrend die Hand. »Sei still und untersteh dich auszuschalten. Den Film will ich jetzt auch zu Ende sehen.«
    »Schon gut, schon gut«, murmelte Susanne. »Ich sag ja gar nichts.«
    Sie ging in die Küche, machte sich ein Salamibrot, kehrte mit ihrem Teller ins Zimmer zurück und setzte sich Melanie stumm gegenüber. Lange hatte sie sie nicht mehr so ausgiebig und in Ruhe ansehen können, denn Melanie war eigentlich nur immer in Eile gewesen und an ihr vorbeigestürmt.
    Alles an Melly war ein wenig anders. Sie hatte kein Nutellabrot in der Hand und trank auch keine Cola, sondern einfach nur Wasser. Ihre Haare waren länger und ihre Taille ein wenig schmaler geworden, zumindest bildete Susanne sich das ein. Entweder war mit dem neuen Liebhaber Schluss, oder aber er tat ihr richtig gut.
    Zum ersten Mal begriff Susanne, dass ihr da kein kleines Mädchen mehr, sondern eine Frau gegenübersaß, die ihre Knie mit den Armen umschlang und sich nicht regte.
    Und es tat weh, dass der Liebhaber jetzt wichtiger in Mellys Leben war als sie.
    Noch zwanzig Minuten studierte sie ihre Tochter, dann war der Film zu Ende, und Melanie sah sie an.
    »Und?«, sagte sie. »Was gibt’s Neues von der Mörderfront?«
    »Wir strecken jetzt unsere Fühler weiter aus, bis nach Italien«, antwortete Susanne. »Und das ist etwas, worüber ich unbedingt mit dir reden muss.«
    »Bitte schön.« Melanie streckte sich auf der Couch lang aus und schloss die Augen.
    Susanne war schon wieder verärgert.
    »Jemand zu Hause?«, fragte sie daher.
    »Aber sicher. Ich bin ganz Ohr, Muttertier.«
    »Es macht mich wahnsinnig, wenn du mich nicht anguckst, sondern so aussiehst, als würdest du schlafen.«
    »Ich schlafe nicht.«
    »Aber du siehst so aus.«
    »Himmel-Arsch-und-Zwirn, ich schlafe nicht!«
    »Aber wahrscheinlich gleich.«
    Melanie schwang die Beine von der Couch, setzte sich auf und sah ihrer Mutter direkt ins Gesicht.
    »Hast du mal beobachtet, wie oft dich irgendwas wahnsinnig macht? Da muss man ja verrückt werden! Du bist übernervös, völlig überdreht und gehst einem tierisch auf den Zeiger!«
    Susanne wusste, dass das Gespräch in den nächsten Sekunden beendet war, wenn sie ihm nicht schleunigst eine andere Wendung gab.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte sie daher sanft. »Ich bin wahrscheinlich überarbeitet, und der Fall geht mir

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