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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gehen, um mich mit deiner schlechten Laune zu beballern? Dann sollten wir’s lieber lassen.«
    »Schon gut. Es ist nichts.«
    Alex atmete tief durch und sah ihn von der Seite an. Abschätzend und voller Kritik. Du bist einfach ein beschissener Kleingeist, ein Pfennigfuchser und Korinthenkacker, sagte der Blick, bis auf dein elendes Rumgemache mit deinen Jungs bist du so spießig, dass es aus ist.
    Einige Minuten lang schwiegen sie, bis Matthias fragte: »Und? Wie geht’s dir?«
    »So einigermaßen.«
    »Was macht das Bein?«
    »Wird langsam. Ich kann’s noch nicht richtig belasten, das ist alles.«
    »Und die Zähne?«
    »Tun nicht mehr weh.«
    »Du siehst auch fast schon wieder aus wie ’n Mensch.«
    »Danke für die Blumen.«
    Nur wenige Schritte vom Rautmann’s entfernt fand Matthias auf Anhieb einen Parkplatz. Er nahm es als gutes Omen, dass der Abend mit Alex vielleicht doch erträglich sein würde.
    Als sie bestellt hatten und die Karten zuklappten, entspannte sich Matthias etwas.
    »Hast du noch mal was von den Typen gehört, die dich zusammengeschlagen haben?«
    Alex schüttelte den Kopf. »Ja, was denkst du denn? Denkst du, diese wildfremden Typen lauern mir noch mal auf, um sich nach meinem werten Befinden zu erkundigen? Die wissen ja noch nicht mal, wo ich wohne, und kennen auch nicht meine Telefonnummer! Was für eine bescheuerte Frage.«
    »Dann haben sie dich anscheinend wirklich nicht gemeint. Es war reiner Zufall, dass sie dich erwischt haben. Du hattest eben einfach Pech.«
    »So ist es.«
    Am liebsten hätte er seinem Vater erzählt, was es wirklich mit dem Überfall auf sich hatte, denn er wurde fast verrückt vor Angst und konnte mit niemandem darüber reden. Aber sein Vater war ein schwules Weichei, und eher würde er sich die Zunge abhacken, als ihm von seinen Problemen zu erzählen.
    Leyla hatte ihm jeden Tag mehrere SMS geschickt und ihn angefleht, sich mit ihr zu treffen. Sie wollte ihm alles erklären, aber er hatte die Nachrichten stur ignoriert. Wenn diese dumme Nuss die SMS nicht sofort löschte und das Handy ihrem Vater in die Hände fiel, dann war er sowieso dran. Und dann würde er sicher nicht mit ein paar gebrochenen Knochen davonkommen. Leylas Vater war alles zuzutrauen, er würde nicht lange fackeln und ihn umbringen.
    Vorgestern hatten die SMS dann plötzlich aufgehört. In ihrer letzten, die er am Donnerstagvormittag bekommen hatte, hatte sie noch geschrieben: »Ich brauche dich so sehr«, und dann kam nichts mehr. Er konnte sich das nicht erklären, aber er hatte auch keine Lust, sich über Leyla noch den Kopf zu zerbrechen. Wenn sie sich nicht mehr meldete, war ihm das nur recht.
    »Wie lange bist du noch krankgeschrieben?«
    »Bis Montag.«
    »Lass dich noch zwei weitere Wochen krankschreiben. Mindestens!«
    Alex grinste. »Nee. Montag geh ich wieder.«
    »Bist du verrückt? Warum das denn? Du kannst kaum krauchen und willst da jeden Tag zwölf Stunden stehen und schwere Töpfe schleppen?«
    »Ich kann das nicht ertragen, wenn meine Kumpels meine Arbeit mitmachen müssen. Aber das kapierst du nicht. Das hast du noch nie kapiert, weil du dich immer nur für dich selbst interessierst, darum lass es lieber.«
    »Stimmt. Ich seh das nicht ein. Du machst dich richtig kaputt.«
    »Ja. Na und?«
    Matthias fühlte sich elend in diesem Moment. In seiner Familie lief alles schief. Keiner wusste, wie es mit seiner Mutter Henriette weitergehen würde, und Alex ruinierte konsequent seine Gesundheit. Seit Jahren schuftete er in den Großküchen unterschiedlicher Luxushotels, und überall war es dasselbe Lied. Keinen Tag arbeitete er weniger als zwölf Stunden, Doppelschichten waren an der Tagesordnung, und das alles für einen Hungerlohn: Überstunden wurden grundsätzlich nicht bezahlt. Wie oft hatte er versucht, ihn zu einem anderen Beruf zu überreden, aber es hatte alles nichts genutzt.
    Die Vorspeise kam und bot eine gute Gelegenheit, das Thema zu wechseln.
    »Warst du schon mal bei Oma?«
    »Nee. Aber vielleicht humple ich morgen mal hin. Geht’s ihr besser?«
    »Sie lebt nicht mehr, Alex. Sie vegetiert. Es ist grausam. Kann sein, dass sie dich erkennt, kann auch nicht sein. Jedenfalls wirst du es nicht merken.«
    Alex schwieg und stocherte in seiner Vorspeise herum. Matthias sah, dass in seinen Augen Tränen schwammen. Er ist so ein empfindsamer Mensch, dachte Matthias, und hat sich dazu entschlossen, unter diesen ganzen primitiven Köchen zu verrohen. Es brach ihm das Herz,

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