Nachtraeglich ins Glueck
vergangenen Jahren an Sam gedacht hatte, waren eine enorme Wut und eine übermäßige Abscheu in ihm hochgekocht, die er nur schwer unterdrücken konnte. Allein Mattie war der Grund, weshalb er sich darum bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Ein Fünfjähriger konnte nicht verstehen, dass seine Mutter ein egoistisches und gefühlloses Miststück war, das zu unreif und verwöhnt gewesen war, um sich um ihr Baby kümmern zu wollen.
Er wollte Mattie solche Konflikte ersparen, zumal er sich in den letzten Monaten vermehrt darüber Gedanken machte, was er seinem Sohn sagen sollte, wenn er von ihm wissen wollte, wer seine Mutter war und weshalb sie nicht bei ihm war. Die Frage konnte er nicht beantworten, wusste er doch selbst immer noch nicht, was damals bloß in Sam vorgegangen war.
„Dr. Sam ist viel lustiger als Dr. Connor, Dad.“
Drew gab einen unbestimmten Laut von sich, den Mattie jedoch nicht wahrzunehmen schien, da er begeistert fortfuhr. „Sie war sogar schon bei uns im Kindergarten und hat erzählt, dass wir immer viel Gemüse essen sollen.“
„Mhh“, plötzlich verging ihm der Appetit und er schob seinen Teller beiseite.
Er wollte nicht, dass Sam hier in Hailsboro lebte. Das war nicht zu tolerieren! Außerdem hatte er keine Ahnung, was Sam mit ihrem Umzug bezwecken wollte. Sie musste doch wissen, dass er sie nicht in Matties Nähe lassen würde, schließlich wollte er nicht, dass sein Sohn miterleben musste, wie egoistisch und gefühllos seine Mutter in Wirklichkeit war. Die andere Frage, die er sich stellte, war ganz einfach. Warum wollte Sam nach fünf Jahren plötzlich Kontakt zu ihrem Sohn haben? In den ersten fünf Jahren hatte es sie auch nicht interessiert, wie es Mattie ging, weshalb sollte sie plötzlich derart versessen darauf sein, ihr Kind zu sehen, dass sie sogar nach Hailsboro gezogen war? Nicht eine einzige Karte oder auch nur ein Anruf war in den vergangenen Jahren bei ihm eingegangen. Es war beinahe so gewesen, als hätte sie vergessen, dass sie ein Kind hatte.
„Dad, du zerdrückst deinen Becher.“
Aus seinen Gedanken gerissen starrte Drew von Matties ungläubigen Augen auf den Plastikbecher in seiner Hand, den er hoffnungslos zerquetscht hatte. Überlegungen zu Sam ließen ihn leider immer die Fassung verlieren.
Rasch stellte er den Becher beiseite. „Beeil dich ein bisschen, Kumpel. Wir müssen noch die Angelruten aus der Garage holen.“
„Bekomme ich dieses Mal deine Angel?“
Drew lachte kurz auf. „Mal sehen. Und jetzt iss deinen Salat auf.“
8. Kapitel
Drew schloss beschwingt die Haustür auf und trug das Essen, das er von Sams Lieblingschinesen geholt hatte, nur unter Mühen in die Wohnung hinein. Er hatte einige Schwierigkeiten, die Tüte, die Post sowie die Blumen, die er Sam gekauft hatte, festzuhalten und währenddessen die Tür aufzuschließen.
Das tat seiner guten Laune jedoch keinen Abbruch, da er den Brief des Architekturbüros aus San Francisco in der Post entdeckt hatte, auf den er schon seit einigen Tagen gewartet hatte. Erleichtert, dass der unterschriebene Arbeitsvertrag endlich bei ihm in Chicago angekommen war, hatte er es fast schon tänzelnd in den dritten Stock geschafft, in dem er mit Sam wohnte. Mit dem Vertrag in der Tasche könnte er endlich den Mietvertrag für die schöne Wohnung in San Francisco unterschreiben, die sich Sam ausgesucht hatte, als sie vor wenigen Wochen zusammen nach Kalifornien geflogen waren.
Während Drew in seinem Vorstellungsgespräch gesessen hatte, war Sam in der Universität gewesen, auf die sie wechseln wollte, wenn sie zusammen nach San Francisco umziehen würden. Er war über Sams Enthusiasmus und ihre Begeisterung über die neue Universität erleichterter als über seine Jobzusage gewesen, denn er wusste, dass ihr die Auseinandersetzung mit ihrer Mutter sehr zu schaffen machte.
Er gab es gerne zu – Sams Mutter war eine frustrierte Zimtzicke, die es ständig schaffte, ihrer Tochter ein schlechtes Gewissen einzureden, und die nichts anderes im Sinn hatte, als Sams Leben zu diktieren. Er konnte sie einfach nicht leiden und war froh, wenn Sam und er endlich weit weg von Chicago lebten, um der ständigen Kontrolle ihrer Mutter zu entgehen. Die Frau war einfach unerträglich und warf ihm immer noch vor, nur hinter Sams Geld her zu sein, was an sich schon lächerlich war, wenn man bedachte, an welcher kurzen Leine die Frau ihre Tochter ständig hielt. Er hatte schon oft erlebt, dass Sam
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