Nachtraeglich ins Glueck
außerdem war ich so unglücklich, dass meine Therapeutin mich für selbstmordgefährdet hielt, und du denkst tatsächlich, dass du mir Kummer erspart hast?!“
„Er war nicht der Richtige für dich!“
„Das hattest nicht du zu entscheiden“, schrie Sam zurück.
„Aber ihr habt doch nur noch gestritten!“
„Wegen dir, Mom! Wir haben wegen dir gestritten!“ Sie zitterte vor Wut. „Du wolltest unbedingt, dass ich während der Schwangerschaft bei dir blieb, weil du dich um mich kümmern wolltest! Dabei hast du ständig versucht, einen Keil zwischen Drew und mich zu treiben. Wer hat mir denn andauernd erzählt, dass Drew vermutlich andere Frauen in San Francisco kennenlernte, während ich schwanger war? Ich war so unsicher wegen deinen pausenlosen Vermutungen und habe es an ihm ausgelassen. Dabei hat er wie wahnsinnig gearbeitet und konnte es dir jedoch nie rechtmachen!“
„Er passte einfach nicht zu dir“, beschied ihre Mutter streng.
Gegen soviel Ignoranz kam Sam einfach nicht an. Enttäuscht fasste sie sich ans Gesicht. „Und das Baby? Warum musstest du mir mein Baby wegnehmen? Du wusstest, wie sehr ich mich auf meinen Sohn gefreut hatte“, von heftigen Gefühlen übermannt begann sie zu weinen.
Seufzend erklärte ihre Mutter. „Du warst zu jung für ein Kind und wärst mit einem gemeinsamen Kind niemals von Drew weggekommen. So war es das Beste für alle.“
„Du hast mein Leben ruiniert“, schrie Sam außer sich. „Also erzähl mir nicht, was das Beste für mich gewesen wäre! Wie konntest du mir ins Gesicht sehen und sagen, dass das Baby gestorben sei? Wie konntest du Onkel Gordon nur dazu bringen, mich anzulügen? Und was zum Teufel hast du bloß Drew erzählt?“
„Wenn du in dieser Laune bist, rede ich nicht mit dir, Samantha.“
„Laune?!“, spukte sie förmlich aus. „Ich habe gestern herausgefunden, dass mein Kind nicht gestorben ist und dass mein damaliger Freund denkt, dass ich unser Baby nicht mehr wollte und es abgeschoben habe! Das ist keine Laune, Mom, das ist ein Alptraum! Und du bist diejenige, die daran Schuld ist!“
„Da tut man alles für sein Kind und das ist der Dank?“
„Du bist ein furchtbarer Mensch“, schrie Sam los. „Ein schrecklicher Mensch, der nur an sich denkt! Es ist mein Leben, über das du einfach entschieden und das du zerstört hast! Und das wirklich Schlimme ist, dass du deinen Fehler nicht einmal einsiehst, sondern dich auch noch dazu beglückwünscht. Oh Gott, Mom, er ist doch auch dein Enkel!“
Am anderen Ende blieb es ruhig, bis ihre Mutter einen genervten Laut von sich gab. „Also, weißt du ... dieses Dramatisieren passt nicht zu dir.“
Sam schluckte den bitteren Geschmack auf ihrer Zunge hinunter und sah kummervoll ein, dass alle Argumente einfach verpufften. Ihre Mutter wollte sie nicht verstehen und zeigte ihr auf diese Weise, dass sie sie nicht liebte. Dass sie sie nicht so liebte, wie man sein Kind lieben sollte.
„ Mom, ich bin froh, dass ich nicht mehr in Chicago lebe, denn so entgehe ich der Möglichkeit, dich zufällig auf der Straße zu treffen. Von heute an will ich dich nicht wiedersehen. Mach dir keine Mühe, mich anzurufen, denn ich werde den Anruf sicherlich nicht annehmen.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, legte Sam auf und weinte. Doch sie weinte nicht darüber, ihre Mutter verloren zu haben, sondern dass sie ihr blind vertraut und so die Möglichkeit verloren hatte, ihr Baby aufwachsen zu sehen.
7. Kapitel
„Daaaaaaad! Haben wir noch Eiskrem da?“
Drew schloss für einen kurzen Moment die Augen und zählte innerlich bis fünf, bevor er seinem Sohn antwortete. „Ja, das haben wir, aber du kriegst trotzdem nichts. Ist dein Zimmer aufgeräumt?“
„Aber, Daaaaad!“
„Kein aber“, rief er aus der Küche zurück ins Wohnzimmer. „In einer halben Stunde ist das Abendessen fertig, bis dahin möchte ich, dass dein Zimmer aufgeräumt ist.“
„Okay“, Matties enttäuschte Stimme klang nun ein wenig näher.
Drew drehte sich neugierig um und erblickte seinen Sohn, der ihn anblinzelte und das Kinn nach vorne schob. Zwar kostete es Drew sehr viel Mühe, aber er schaffte es, trotz der gespielt betretenen Miene nicht lachen zu müssen. Mattie war erst fünf, dennoch hatte er es faustdick hinter den Ohren und wusste sehr gut, wie er seinen Vater umstimmen konnte.
„Wenn ich mein Zimmer aufgeräumt habe, darf ich dann ein Eis haben?“
„Erst wird gegessen“, Drew deutete auf den Herd.
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