Nachtruf (German Edition)
natürlich waren beide drogenabhängig. Es passte alles perfekt zusammen.“ Er wickelte eine Strähne ihres feuchten Haars um seinen Finger. „Die Amphetamine sorgten dafür, dass die Polizei kaum Fragen stellte. Es war einfach, den Körpern die Drogen zu verabreichen und dann eine gewisse Menge von dem Stoff im Haus zu verstecken. Ich war damals gerade dabei, meine Assistenzzeit im Krankenhaus zu beenden. Ich hatte Zugang zu Drogen. Und bin mit dem perfekten Verbrechen davongekommen.“
„Ich glaube Ihnen kein Wort.“ Sie schrie auf, als er sie am Hals packte und sie zwang, ihm in die Augen zu blicken. Was sie dort sah, war böse und tot zugleich.
„Ich habe eine lange Zeit gewartet, um jene Nacht noch einmal zu erleben. Deine Mutter hat übrigens um das Leben ihres Liebhabers gebettelt. Wirst du das auch tun?“ Er ließ sie mit einem kleinen Schubser los und warf einen Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims. „Es ist schon nach zehn. Gleich ist es so weit.“
Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie war mitten in einem Drama, das Carteris schon geschrieben hatte. Auch die Rollen waren bereits besetzt. Er wollte den Tod ihrer Eltern nachspielen. Trevor sollte die Rolle von Gavin und sie die von Desiree übernehmen.
„Was, wenn ich mich für Sie entscheide? Wir könnten jetzt zusammen verschwinden, bevor er hier auftaucht …“
„Hör sich einer diese Frau an! Schmiedet schon Pläne, um das Leben ihres Geliebten zu retten.“ Er schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. „Deinetwegen habe ich heute übrigens eine Menge Energie verschwendet. Das ganze sinnlose Herumgerenne da draußen …“
Mit dem Zeigefinger schob er den Träger des Tops von ihrer Schulter und entblößte ihre Haut. Rains Herz hämmerte.
„In vielerlei Hinsicht verdanke ich Desiree alles. Sie war meine erste Kostprobe. Mein Körper saugte ihre Energie förmlich auf, und meine eigene Kraft wuchs, während ihre schwand. Ich trank ihre Essenz in jener Nacht. Es war eine unglaublich süße Rache.“ Carteris streichelte ihren Nacken. Rain erschauderte. „Damals wurde mir klar, dass sich das Geheimnis ewigen Lebens im Blut verbirgt. Diese Entdeckung war die Grundlage meiner Forschungen.“ Er beugte sich näher zu ihr und strich mit den Lippen an ihrem Kinn entlang. „Ich könnte jetzt eine Kostprobe von dir vertragen, Rain.“
Mit letzter Kraft stieß sie ihn weg und rannte zur Tür der Hütte. Doch er war mit zwei schnellen Schritten wieder bei ihr und riss ihre Hände von der Tür. Durch seine Größe war es ihm ein Leichtes, sie zu überwältigen. Sie schrie, als er sie zurück zur Couch schleppte, sie grob auf die Kissen schubste und sich dann auf sie legte. Zur Warnung hielt er ihr das Skalpell vor das Gesicht.
„Pst. Nicht bewegen.“
„Bitte“, flehte sie.
„Du benimmst dich, als ob ich dich gleich beißen würde. Du hast zu viele Horrorfilme gesehen.“ Er drückte seine Nase an ihre Haut und atmete ihren Duft ein. „In Wirklichkeit ist eine kontrollierte Schnitttechnik viel erstrebenswerter.“
Rain schluckte und ließ die Klinge in seiner Hand nicht aus den Augen.
„Im alten Sanskrit gibt es ein Sprichwort, das so viel bedeutetwie: Ein Leben ernährt das nächste.“
Das Skalpell schnitt in ihre Schulter. Rain schluchzte, als ein dünnes, rotes Rinnsal erschien und ihre Haut hinabrann. Carteris senkte seinen Mund darauf, und sie spürte, wie sie immer tiefer in das schwarze Loch fiel, das Dante für sie gegraben hatte.
Das Kerzenlicht wurde langsam schwächer. Die Schatten um sie herum wurden tiefer und verwandelten sich. Rain lag auf der Couch. Wie lange war sie bewusstlos gewesen? Kurz fragte sie sich, ob das alles nur ein schrecklicher Albtraum gewesen sein konnte. Aber nach und nach wurde sie sich wieder der rustikalen Umgebung um sie herum bewusst.
„Es ist Zeit, dass du aufwachst, meine Liebe.“
Carteris’ Stimme brachte sie vollends in die Realität zurück. Sie setzte sich auf und presste die Finger an ihre Stirn, als sich der Raum um sie herum zu drehen schien. Carteris ließ sich neben sie auf die Kissen fallen. Ein Ausdruck entzückter Belustigung erschien auf seinem Gesicht.
„Fühlst du dich schwach? Mach dir keine Sorgen. Ich habe dir nicht genug abgenommen, dass es dir schaden könnte – nicht mehr, als man dir im Krankenhaus abgenommen hätte, um genau zu sein. Ich fürchte nur, ich kann dir weder Kekse noch Saft anbieten.“
Obwohl ihr noch immer schwindelig war, stand Rain
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