Nachts lockt das Verlangen
gehen, wo sie die Pferde beobachten konnte. Amelia schien von allem fasziniert zu sein, was sich bewegte.
Der Flur vor Lucas’ Zimmer lag ruhig und verlassen da.
Behutsam umfasste sie die Türklinke, hielt den Atem an, und drückte sie hinunter. Es klickte, die Klinke gab nach. Weit schwang die Tür vor ihr auf.
Sie spähte in sein Allerheiligstes und unterdrückte einen Anflug von schlechtem Gewissen. Es gab keinen Grund dafür, denn hier lagen vielleicht die Beweise, die Amelia helfen konnten.
Sie zwang sich mit einem großen Schritt einzutreten. Die Decke war hoch, und es gab zahlreiche Fenster, die dem Raum ein helles, luftiges Flair verliehen. Neben den Glastüren, die auf einen Balkon hinausführten, standen blattreiche dunkelgrüne Pflanzen. Davor beherrschte ein großes Himmelbett den Raum, dem die naturweißen Wildseidenvorhänge eine männliche Note verliehen.
Ein cremefarbenes Sofa dahinter bildete den Mittelpunkt einer Sitzgruppe. Der Boden bestand aus glänzendem Ahornholz, während die Vorhänge und das Bettzeug golden schimmerten und mit smaragdgrünen Fäden durchzogen waren.
Sie war überrascht, dass an den hellgrünen Wänden so viele Familienbilder hingen. Für eine Weile ließ sie sich von einem alten Foto mit einem Paar darauf gefangen nehmen, das offensichtlich Lucas’ und Konrads Eltern zeigte.
Weitere Fotos zeigten Lucas und Konrad in jungen Jahren und eines einen älteren Mann. Sie war sich so gut wie sicher, dass es der Großvater war, der Amelia seine Anteile an der Firma hinterlassen hatte.
Das nächste war ein Bild von Konrad und Monica, das sie noch nie gesehen hatte. Monica saß auf einem eleganten Stuhl und trug ein tief ausgeschnittenes puderrosa Satinabendkleid. Konrad stand hinter ihr und hatte eine Hand auf ihre Schulter gelegt. Er trug einen Smoking mit einem Einstecktuch, das zum Kleid passte. Ein Mann musste schon sehr selbstbewusst sein, wenn er Rosa zu tragen wagte.
Wofür hatten sie sich wohl so schick gemacht? Für eine Party? Einen Wohltätigkeitsball? Hatte Konrad in dieser Nacht einen großen Scheck für einen guten Zweck ausgestellt? Dieser Zug an der Demarco-Familie hätte Monica gefallen.
Devin berührte das Foto mit den Fingerspitzen. Die beiden sahen so glücklich darauf aus. Vielleicht hatte ja Konrad auch seinen Bruder getäuscht, genau wie alle anderen?
Aber dann erinnerte sie sich an das Gespräch, das ihre Schwester mitgehört hatte. Das erlaubte keinerlei Zweifel, Lucas hatte von dem Plan gewusst, Monica zu schwängern. Als brillant hatte er die Idee bezeichnet und darüber gelacht, wie sie ihren Cousin Steve ausgetrickst hatten. Sie nahm ihnen keineswegs übel, dass sie Steve austricksen wollten. Aber sie würden es nicht länger auf Monicas Rücken oder dem einer anderen unschuldigen Frau tun, dafür würde sie sorgen.
Ihr Blick fiel auf ein Foto von Konrad und Amelia. Er trug Jeans und T-Shirt, und anders als auf den sonstigen gestellten Fotos war er sich der Kamera nicht bewusst. Baby Amelia schlief in den Armen ihres Vaters, umfasste mit ihrer kleinen Hand seinen Zeigefinger, ihr Mund war gespitzt und die Augen geschlossen. Der Ausdruck von Ehrfurcht auf Konrads Gesicht sagte ihr eindeutig, dass er Amelia geliebt hatte. Von ganzem Herzen.
Sie wehrte sich gegen den plötzlichen Ansturm von Gefühlen. Dass Konrad Amelia geliebt hatte, änderte nichts an der aktuellen Situation.
In einem Erker entdeckte sie auf einem kleinen Schreibtisch einen Computer. Gut möglich, dass die Brüder über E-Mail kommuniziert hatten. Und hier in seinem Schlafzimmer verwendete Lucas vielleicht kein Passwort zum Schutz seines Computers.
Wenn die Nachrichten weit genug zurückreichten, würde sie hier vielleicht genau das finden, was sie brauchte. Schnell setzte sie sich an den Schreibtisch und drückte auf eine Taste. Der Bildschirm leuchtete auf, und Lucas’ E-Mail-Programm war bereits geöffnet.
Ihr Herz schlug schneller vor Aufregung. Sie ging die Liste der Ordner durch und entdeckte bald einen mit dem Namen Konrad. Sie klickte ihn an und fand Hunderte von Nachrichten. Eine Goldmine.
Jetzt musste sie nur noch nach den richtigen Daten suchen, der Zeitspanne, in der Konrad und Monica sich kennengelernt hatten. Dort fand sie bald eine Nachricht mit dem Betreff „Date“. Sie öffnete die Nachricht.
„Erinnerst du dich an dieses Mädchen?“, stand da. „Es wird heute spät werden. Du wirst sie lieben.“
Devin lehnte sich zurück.
Das Mädchen konnte
Weitere Kostenlose Bücher