Nachts sind alle Katzen geil.
letztes Jahr hatte Malte noch wehmütig reagiert, wenn er an
zwei frisch Verliebten vorbei kam. Hatte weg gesehen, wenn sie
sich engumschlungen küssten. Denn dann war die Sehnsucht
nach einem liebevollen Menschen an seiner Seite einfach zu
groß. Seine Ehe war vor 3 Jahren in die Brüche gegangen. Sie
hatten sich auseinander gelebt, sich gegenseitig nichts mehr zu
sagen.
Es dauerte lange, bis er sich in dieser neuen Situation zurecht
gefunden hatte – an das Alleinsein konnte er sich lange nicht
gewöhnen. Auch war es gar nicht so einfach für ihn, auf das
andere Geschlecht zu zugehen. Erstens war er schon Ende
vierzig und zweitens überhaupt nicht der Typ, der sich bei
irgendwelchen Treffpunkten und Veranstaltungen herumtrieb
oder auf After-Work-Parties und in Discos auf Fleischbeschau
ging. Außerdem konnte er auch gar nicht Tanzen. Also schrieb
er auf diverse Bekanntschaftsanzeigen in der Sonntagszeitung.
Ließ sich dafür sogar beim Fotografen ein Bild machen. Aber
seine Briefe blieben sämtlich unbeantwortet.
Doch jetzt, in diesem Frühling, war das alles anders. Malte
kam mittlerweile sehr gut allein zurecht. Er hatte im Herbst
einen Kochkurs belegt, konnte nun problemlos mit der
Waschmaschine umgehen und seine Hemden faltenfrei bügeln.
Er hatte sich von dem inneren Zwang befreit, eine neue
Partnerin finden zu müssen.
Wenn er irgendwann ein passendes Gegenstück finden sollte –
o.k.
Und wenn nicht, dann würde er eben alleine bleiben.
Malte sog die frische Luft, die vom See leicht herüber wehte,
tief in seine Lungen. Lehnte sich an den Mast mit dem
Rettungsring und ließ seinen Blick über das sanft gekräuselte
Wasser schweifen. Ein paar Segelboote waren schon unterwegs,
brachten kleine, bunte Farbtupfer auf den hellblauen
Untergrund. Er schaute zum wiederholten Male auf die Uhr. Es
war kurz vor drei. Er war sichtlich aufgeregt, denn gleich würde
er SIE wieder sehen. Noch gestern früh hätte er im Traum nicht
daran gedacht, heute eine Verabredung mit dieser
außergewöhnlichen Frau zu haben.
Malte war zum 50. Geburtstag seines Nachbarn Harald
eingeladen.
Und da hatte er SIE getroffen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Er war stets hilfsbereit und so war es auch keine Frage, dass er
schon am Mittag ins Vereinsheim des Ruderklubs kam, um bei
diversen Aufbauarbeiten mitzuwirken. Schließlich öffnete er die
Sektflaschen, um die Bowle anzusetzen.
»Wo kommen die Gläser hin?« fragte plötzlich eine ihm
unbekannte, weibliche Stimme schräg hinter ihm.
»Oh, bitte gleich hier«, erwiderte er.
Malte drehte sich um und zeigte auf den Tisch. Dabei hatte er
dummerweise den Korken losgelassen – und der schoss genau in
diesem Augenblick aus der Flasche, traf SIE am Backenkno-
chen, nur knapp unter ihrem linken Auge. SIE hatte zum Glück
das Tablett schon abgestellt, sonst hätte es Scherben gegeben.
Malte hätte in Grund und Boden versinken können, so peinlich
war ihm das.
Natürlich war sein Missgeschick von allen Anwesenden sofort
bemerkt worden.
»Immer diese Junggesellen«, lachte Harald trocken.
SIE hielt sich die Backe, es tat ihr sichtlich weh.
»Entschuldigen Sie bitte vielmals«, stammelte Malte verlegen.
Schnell griff er in den Kübel, in dem sich schon ein paar
Eiswürfel befanden. Er fischte einen davon heraus, wickelte ihn
in eine Serviette und Welt ihn vorsichtig gegen die sich rötende
Stelle.
»Ich weiß gar nicht, wie … äh, was … äh, …«, suchte er
verzweifelt nach den passenden Worten.
»Es ist halb so schlimm«, wollte sie ihn beruhigen, »ist gleich
wieder in Ordnung.«
»Das hätte ins Auge gehen können«, war er weiter untröstlich.
Der Eiswürfel kühlte angenehm, Malte hielt ihn immer noch an
ihr Gesicht, bemerkte aber nicht, daß die anderen Finger seiner
Hand sanft ihre Wange berührte. Aber SIE spürte es.
»Sie können es ja heute Abend wieder gut machen«, lächelte
sie ihn an.
Malte schaute fragend, verstand nicht ganz.
»Sie gewähren mir den ersten Tanz«, erklärte sie ihrem
verdutzten Gegenüber.
»Daraus wird nichts«, unterbrach sie Harald kurzerhand,
»erstens gehört der Eröffnungstanz deinem Bruder und zweitens
kann Malte gar nicht tanzen!«
Malte hätte abermals in den Boden versinken können.
Ausgerechnet Haralds Schwester!
»Malte? Ein eher ungewöhnlicher Name für die Gegend liier«,
lenkte SIE das Gespräch in eine andere Richtung.
»Ja, ich komme
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