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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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nur Verdruß mit ihnen, denn hier in der Bottic-Gegend taugen die Weiber alle nichts. Wenn ich mir wieder eine nehme, dann will ich mir sie von weiterher holen, aus fremden Gegenden, aus Michle oder aus Jessenitz. Aber daß du den wahren Glauben verlassen hast und ein Türke geworden bist, das war nicht recht von dir und gefällt mir gar nicht. Mit der ewigen Seligkeit ist es für dich Essig.«
»Bei wem die Wahrheit ist, ob bei euren Pfaffen oder bei den unsrigen, das mag Gott erkennen«, erwiderte der Besucher.
»Du bist mir ein verstockter Bursche geworden«, sagte der alte Mann verdrießlich.
Eine Weile aßen sie schweigend. Dann fragte der Gärtner:
»Wen hast du oben in der Burg getroffen?«
»Den Zdenko Lobkowitz«, gab der Besucher zur Antwort. »Er ist recht alt geworden.«
»Das kommt von der Lebensweise«, erklärte ihm der Gärtner. »Er sollt's machen wie ich, tagsüber Kohlrüben, Rettiche und Botkohl, morgens und abends eine Milchsuppe und eine Schnitte Kornbrot dazu, — das erhält jung. Hast du auch Seine Majestät, den Kaiser, gesehen?«
»Seine Majestät, der Kaiser, hat mich empfangen«, berichtete der Besucher.
Der alte Mann warf einen Blick auf die Stubentüre, ob sie geschlossen sei.
»Er soll aber schon recht schwach im Kopfe sein, sagen die Leute«, bemerkte er sodann.
»Der? Schwach im Kopf?« rief der Besucher. »Von all denen, die um ihn sind, ist er der klügste. Nicht einen Augenblick lang hat er sich beirren lassen von meinem seidenen Staatsgewand, von meinem Turban und den Saffianschuhen, von meinem Bart und von dem Smaragd an meiner Hand. Der nicht.«
Der alte Mann hörte zu essen auf und blickte seinen Besucher fragend an.
»Ja, Vater, er hat mich erkannt. Nach soviel Jahren hat er mich erkannt«, sagte der Heinrich Twaroch halb stolz, halb traurig.
    Der entwendete Taler
    Der junge Sohn Kaiser Maximilians II., der spätere Kaiser Rudolf II., der eben aus Spanien, wo er am Hofe König Philipps seine Erziehung erhalten hatte, zurückgekehrt war, ritt einstmals, ohne jedes Gefolge und auch von keinem seiner Diener begleitet, von Prag nach seinem Schlößchen Benatek, um dort etliche Tage zu verbringen. Nun geschah es aber, daß er bei einbrechender Dunkelheit vom Weg abkam und immer tiefer in einen dichten Wald geriet, der kein Ende nehmen wollte, und wie er nun mit seinem Reitpferd nicht mehr weiterkonnte und sich damit abzufinden begann, die Nacht unter den Tannenbäumen auf dem feuchten Moos zu verbringen, da sah er in einiger Entfernung den Schein eines Feuers. Er meinte, daß sich dort vielleicht Holzfäller oder Kohlenbrenner ihre Abendmahlzeit bereiteten, und die würden ihm, dachte er, den Weg nach Benatek weisen können. Er band daher sein Pferd an einen Baumstamm und ging auf die Feuerstelle zu.
    Er gelangte zu einer Lichtung, da standen ihm plötzlich zwei Männer gegenüber, beide von riesenhaftem Wuchs und brandrotem Haar, mit gewaltigen Stangen in den Händen, und was er für ein Holz- oder Kohlenfeuer gehalten hatte, das waren drei leuchtende Haufen, der eine von gemünztem Gold, von Silbertalern der zweite und von kupfernen Dickpfennigen der dritte, und es waren der Gold-, der Silber- und der Kupfermünzen so viele, daß man drei Kornsäcke mit ihnen hätte füllen können.
    Der junge Erzherzog dachte nun nicht anders, als daß er da auf zwei Räuber gestoßen sei, die ihren Schatz im dichten Holz verbergen wollten. Doch er fürchtete sie nicht, denn er sah, daß sie keine anderen Waffen zur Hand hatten als ihre Stangen, die er leicht mit seinem Degen unterlaufen konnte. Und so fragte er sie im gelassenen Ton, ob sie ihm den Weg nach Schloß Benatek weisen könnten.
    Der eine von den beiden deutete mit seiner Stange schweigend in östliche Richtung. Der junge Erzherzog aber begann jetzt Gefallen an diesem Abenteuer zu finden, er ging nicht, er fragte die beiden Männer, wer sie den seien.
    »Die unter mir stehen, nennen mich den Großen und Mächtigen«, gab der, der ihm den Weg gewiesen hatte, zur Antwort. »Und mein Geselle heißt der Furchtbare und Starke.«
    An diesen Worten, aber mehr noch am Klang der Stimme erkannte der Sohn des Kaisers, daß diese beiden nicht der Erde angehörten. Sie waren Nachtgespenster oder Dämonen. Er hatte in jenen Tagen noch die Kühnheit und Unbekümmertheit der Jugend, aber dennoch befiel ihn Angst, er wäre jetzt gerne weit we g gewesen, doch er wollte um alles in der Welt die beiden nicht merken lassen, wie es um ihn stand. Und so

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