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Nachts wenn der Teufel kam

Nachts wenn der Teufel kam

Titel: Nachts wenn der Teufel kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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muß. Jetzt sieht er sie und strebt mit Riesensätzen auf die Felder zu. Sie holen auf. Sie schwingen sich über den Gartenzaun, sie sehen den Flüchtigen jetzt ganz deutlich vor sich, klein und geduckt hastet er über das Feld.
    Er hatte sich ohne Schuhe in das Haus geschlichen. Die Wollstrümpfe sind bald zerfetzt. Er flüchtet barfuss weiter. Der schwere Lehmboden hängt sich mit dicken Klumpen an seine Füße, aber auch an die Füße der Verfolger, und macht sie bleischwer.
    Niemand kann später sagen, wie lange diese zähe, gespenstische Jagd im Dunkel dauerte. Immer wieder ist der Mörder zum Greifen nahe, und doch entkommt er in letzter Sekunde.
    Auf einmal ist der Schatten wie vom Erdboden verschwunden. Auch der stoßweise Atem ist nicht mehr zu hören. Der Mörder muß in Deckung gegangen sein. Als ob er es gelernt hätte. Als ob er wüsste, wie man sich unsichtbar macht.
    Die Verfolger haben keine Taschenlampe bei sich. Sie sind überzeugt, daß der Mann nicht weit gekommen sein kann. Sie durchsuchen die Gräben, das Gestrüpp, die Furchen. Aber sie finden nichts.
    Nach etwa einer halben Stunden kommen sie verärgert zurück. Sie sehen aus, als hätten sie im Schlamm gebadet.
    Mittlerweile ist die Polizei eingetroffen. Ein Arzt untersucht kopfschüttelnd die beiden Opfer, die nicht vernehmungsfähig sind. Herr Kühne stöhnt ein paar Mal, murmelt etwas vor sich hin, niemand versteht es.
    »Er ist kräftig«, sagt der Arzt, »vielleicht wird er es überleben. Aber in den nächsten Tagen ist gar nicht daran zu denken, von ihm etwas zu erfahren. Vielleicht haben wir mehr Glück mit seiner Frau. Sie kommt sicher durch.«
    Nach der uniformierten Polizei treffen jetzt Kripo-Beamte ein. Sie telefonieren mit der Kaserne, bitten um Urlaubsverlängerung für die drei als Zeugen benötigten Unteroffiziere. Der U.v.D. muß erst den Offizier vom Dienst fragen. Nach einer Stunde erreicht er ihn. Die drei Männer dürfen bleiben, solange die Polizei sie braucht.
    Die Verletzten werden in das Krankenhaus geschafft. Frau Kühne ist bei Bewußtsein, aber auf die eindringlichen Fragen der Polizeibeamten entgegnet sie immer wieder: »Ein Mann, ein Mann.«
    »Kennen Sie ihn?« fragt der Polizeibeamte weiter.
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Bitte, lassen Sie sie jetzt in Ruhe«, schaltet sich der Arzt ein. »Es sind sonst ernste Komplikationen zu befürchten. Nervenschock. Vielleicht haben Sie morgen mehr Glück.«
    Dutzende von Neugierigen beobachten den Krankentransport. Die Nachricht von dem Mordüberfall hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Die Zaungäste der Sensation erscheinen auf Fahrrädern, zum Teil im Pyjama, mit schnell übergeworfenem Wintermantel. Die Polizeiposten vor der Haustür müssen verstärkt werden, weil die Schaulustigen immer wieder in das Haus eindringen wollen.
    Die Vernehmung der beiden Verfolger ergibt keine konkreten Anhaltspunkte.
    »Ich habe nur einen Schatten gesehen«, gibt Unteroffizier Schneider zu Protokoll, »und bin ihm gefolgt. Es war ein Mann. Ich kam ihm ein paar Mal ganz nahe, aber der Kerl hatte Pferdelungen und eiserne Nerven. Plötzlich war er weg.«
    »Sie können also gar nicht sagen, wie er ausgesehen hat?« unterbricht ihn der Polizeibeamte.
    »Er war nicht sehr groß. Jung muß er auch gewesen sein, bei dem Tempo, das er uns vorlegte. Möglich, daß er sich gut ausgekannt hat. Aber ich glaube, er ist einfach blindlings davongelaufen. Ein paar Mal ist er gestolpert und hingefallen. Er muß noch schlimmer aussehen als wir. Das ist doch sicher eine Chance für Sie?«
    »Natürlich«, erwidert der Inspektor. »Ich habe gar keinen Zweifel, daß wir den Burschen bald fassen.«
    Auch der zweite Verfolger, Unteroffizier Gerstner, kann die Aussage seines Kameraden nicht ergänzen.
    »Jedenfalls haben Sie Ihre Pflicht getan«, sagt der Inspektor ein wenig pathetisch. »Ich glaube, Sie haben den Wirtsleuten das Leben gerettet.«
    »Wenn sie durchkommen«, wirft der Arzt ein.
    Der Erkennungsdienst ist an der Arbeit. Fußspuren gibt es in der Gaststube zu viele, um die des Mörders finden zu können. Mit den Fingerabdrücken ist es ähnlich. Die Scherben der geborstenen Bierflasche werden gesammelt und in Seidenpapier eingewickelt. Beim schlechten Licht der elektrischen Lampe läßt sich nichts feststellen. Aber auch der Versuch, einen Tag später im Laboratorium mehr herauszufinden, bleibt ohne Erfolg.
    Die Ermittlungen am Tatort gehen bis fünf Uhr morgens weiter. So lange halten auch

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