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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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rostige, zusammengewürfelte Hoovervilles, welche von Polizisten mit Schlagstöcken umgeben waren.
    »Aber beide sind noch gültig«, sagte sie und klopfte nachdrücklich darauf, »und darauf kommt es schließlich an, Sam, oder nicht? Auf das Ergebnis!«
    »Ja wird wohl so sein.«
    Er sah sie hoffnungsvoll an, worauf Ms. Lortz die Brauen hochzog möglicherweise ein wenig defensiv. »Ein Penny für Ihre Gedanken«, sagte sie.

    »Ich habe darüber nachgedacht, daß dies ein seltenes Vorkommnis in meinem Leben war«, sagte er. »Nicht unerhört, nichtsdergleichen, aber selten; ich bin hierhergekommen, weil ich ein paar Bücher wollte, um meine Rede aufzulockern, und Sie scheinen mir genau das gegeben zu haben, weshalb ich gekommen bin. Wie oft geschieht so etwas in einer Welt, wo man normalerweise nicht einmal ein gutes Lammfleisch beim Metzger bekommt, wenn man Appetit darauf hat?«
    Sie lächelte. Es schien ein aufrichtig fröhliches Lächeln zu sein aber Sam fiel wieder auf, daß ihre Augen nicht lächelten. Er glaubte nicht, daß sich deren Ausdruck überhaupt einmal verändert hatte, seit er in der Kinderbibliothek über sie gestolpert war
    oder sie über ihn. Sie hatten ihn immer nur beobachtet. »Ich glaube, ich habe gerade ein Kompliment bekommen!«
    »Ja, Ma’am, so ist es.«
    »Ich danke Ihnen, Sam. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen.
    Man sagt, mit Schmeichelei kommt man überall durch, aber ich fürchte, ich muß von Ihnen trotzdem zwei Dollar verlangen.«
    »Wirklich?«
    »Das ist die Gebühr dafür, eine Leihkarte für Erwachsene auszustellen«, sagte sie, »aber die gilt dann drei Jahre und die Verlängerung kostet nur fünfzig Cent. Also abgemacht, oder was?«
    »Hört sich gut an.«
    »Dann kommen Sie hier entlang«, sagte sie, worauf Sam ihr zum Ausgabeschalter folgte.
    3

    Sie gab ihm eine Karte zum Ausfüllen; darauf schrieb er Namen,
    Adresse, Telefonnummern und die Büroanschrift.
    »Wie ich sehe, wohnen Sie in der Kelton Avenue. Hübsch!«
    »Nun, mir gefällt es dort.«
    »Die Häuser sind schön und groß Sie sollten heiraten.«
    Er zuckte ein wenig zusammen. »Woher wissen Sie, daß ich nicht verheiratet bin?«
    »Genauso wie Sie wissen, daß ich es nicht bin«, sagte sie. Ihr Lächeln war etwas verschlagen und katzenhaft geworden. »Nichts am dritten Finger.«
    »Oh«, sagte er emotionslos und lächelte. Er glaubte nicht, daß es sein gewohnt strahlendes Lächeln war, und seine Wangen fühlten sich etwas warm an.

    »Zwei Dollar, bitte.«
    Er gab ihr zwei Dollarnoten. Sie ging zu einem kleinen Schreibtisch, auf dem eine uralte, skelettähnliche Schreibmaschine stand, und tippte ganz kurz etwas auf eine grell orangefarbene Karte.
    Diese brachte sie zum Ausgabeschalter, unterschrieb sie schwungvoll am unteren Rand und schob sie zu ihm herüber.
    »Bitte lesen Sie sie durch und bestätigen Sie, daß alle Angaben korrekt sind.«
    Sam gehorchte. »Alles bestens.« Ihr Vorname, sah er, war Ardelia. Ein hübscher, recht ungewöhnlicher Name.
    Sie nahm seinen neuen Leihausweis zurück den ersten, den er seit dem College besaß, fiel ihm bei näherem Nachdenken ein, und schon den damaligen hatte er so gut wie nie benützt und legte ihn unter dem Mikrofilmaufzeichner neben die Karte, die sie aus einer Lasche hinten in jedem Buch herauszog. »Die können Sie nur eine Woche behalten, weil sie aus der Abteilung für spezielle Nachschlagewerke sind. Das ist eine Kategorie, die ich selbst erfunden habe für Bücher, die sehr gefragt sind.«
    »Hilfen für angehende Redner sind sehr gefragt?«
    »Die, und dann Bücher über Sachen wie Klempnerei, einfache Zaubertricks, gesellschaftliche Umgangsformen Sie wären überrascht, nach welchen Büchern die Leute verlangen, wenn sie in der Klemme stecken. Ich weiß es.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Ich bin schon lange, lange Zeit in diesem Metier tätig, Sam. Und diese Bücher kann man nicht verlängern, also achten Sie darauf, daß Sie sie bis zum sechsten April zurückbringen.« Sie hob den Kopf, das Licht spiegelte sich in ihren Augen. Sam tat fast als Funkeln ab, was er gesehen hatte aber es war kein Funkeln. Es war ein Glanz. Ein kalter, harter Glanz. Einen Moment sah Ardelia Lortz aus, als hätte sie eine Silbermünze in jedem Auge.
    »Oder?« fragte er, und plötzlich kam ihm sein Lächeln gar nicht mehr wie ein Lächeln vor mehr wie eine Maske.
    »Sonst muß ich Ihnen den Bibliothekspolizisten auf den Hals schicken«, sagte sie.

    4

    Einen

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