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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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öffentliche Bibliothek von Junction City lag an der Ecke State Street und Miller Avenue, ein eckiger Granitklotz von einem Bauwerk mit so schmalen Fenstern, daß sie wie Schießscharten wirkten. Ein Schieferdach bedeckte alle vier Seiten des Hauses, und wenn man sich ihm von vorne näherte, verliehen die schmalen Fenster und die vom Dach geworfene Schattenlinie dem Gebäude das finstere Gesicht eines Roboters aus Stein. Das war ein verbreiteter Stil der Architektur in lowa, so verbreitet, daß ihn Sam Peebles, der seit fast zwanzig Jahren Immobilien verkaufte, ihm einen Namen gegeben hatte: MittelwestenScheußlich. Im Frühling, Sommer und Herbst dämpften die Ahornbäume, die eine Art Hain darum bildeten, das bedrohliche Äußere des Bauwerks, aber jetzt, am Ende eines strengen lowaWinters, waren die Ahornbäume noch kahl, und die Bibliothek sah wie eine überdimensionale Gruft aus.
    Sie gefiel ihm nicht; sie erfüllte ihn mit Unbehagen; er wußte nicht warum. Schließlich war es nur eine Bibliothek, nicht der Kerker der Inquisition. Dennoch stieg ein weiterer saurer Rülpser in seiner Brust empor, während er den Steinplattenweg entlangschritt. Der Rülpser hatte einen merkwürdig süßlichen Beigeschmack, der ihn an etwas erinnerte möglicherweise etwas, das schon lange zurück lag. Er schob sich ein Turn in den Mund, zerkaute es und traf unvermittelt eine Entscheidung. Seine Rede war so, wie sie war, gut genug. Nicht großartig, aber gut genug.
    Schließlich ging es hier um den Rotary Club, nicht um die Vereinten Nationen. Er würde ins Büro zurückkehren und einen Teil der Briefe erledigen, die er heute vormittag liegengelassen hatte.
    Er wollte sich umdrehen, da dachte er: Das ist dumm. Wirklich dumm. Möchtest du dumm sein? Okay. Aber du hast zugestimmt, die verdammte Rede zu halten; also warum hältst du keine gute?

    Er stand auf dem Fußweg zur Bibliothek und runzelte unentschlossen die Stirn. Er machte sich gern über den Rotary Club lustig. Craig auch. Und Frank Stephens. Die meisten jungen Geschäftsleute in Junction City lachten über die Treffen. Aber sie versäumten selten einmal eines, und Sam glaubte, den Grund zu kennen: Es war ein Ort, wo man Beziehungen knüpfen konnte. Ein Ort, wo ein Mann wie er die nichtmehrsojungen Geschäftsleute in Junction City kennenlernen konnte. Typen wie Eimer Baskin, dessen Bank vor zwei Jahren mitgeholfen hatte, ein Einkaufszentrum in Beaverton aufzubauen. Typen wie George Candy dem man nachsagte, daß er mit einem Telefonanruf drei Millionen Dollar Baugeld locker machen konnte wenn er sich dazu entschloß.
    Es waren Kleinstadtbewohner, HighSchoolBasketballfans, Männer, die sich bei Jimmy die Haare schneiden ließen, die Boxershorts und TrägerTShirts statt Pyjamas im Bett trugen, ihr Bier immer noch aus der Flasche tranken, die sich an einem Abend in Cedar Rapids nicht wohl fühlten, wenn sie nicht in volle ClevelandMontur gekleidet waren. Darüber hinaus waren sie die Macher von Junction City und wenn man es recht überlegte, ging Sam nicht genau darum Freitag abends immer hin? Wenn man es genau überlegte, hatte Craig nicht darum so panisch angerufen, nachdem sich der dumme Akrobat den dummen Hals gebrochen hatte? Man wollte von den Machern bemerkt werden aber nicht, weil man etwas versaut hatte. Sie werden alle betrunken sein, hatte Craig gesagt, und Naomi hatte diese Überzeugung bekräftigt, aber jetzt fiel ihm ein, daß er Eimer Baskin noch nie etwas Stärkeres als Kaffee trinken gesehen hatte. Nicht einmal. Und er war wahrscheinlich nicht der einzige. Manche waren vielleicht betrunken aber nicht alle.
    Und diejenigen, die nicht betrunken waren, mochten gut und gerne die sein, auf die es ankam.
    Wenn du das ordentlich machst, Sam, könnte es dein Schaden nicht sein.
    Wäre nicht unmöglich.
    Nein. Das nicht. Selbstverständlich unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Und da war noch etwas anderes, abgesehen von den schattenhaften politischen Hintermännern, die einen freitagabendlichen Vortrag im Rotary Club besuchten: Er hatte sich stets damit gerühmt, daß er alles so gut wie möglich machte. Es war nur e ine dumme kleine Rede. Na und?
    Und es ist nur eine dumme Kleinstadtbibliothek. Wo liegt das Problem?
    Es wachsen nicht einmal Büsche an den Seiten.
    Sam schritt wieder den Gehweg entlang, aber ietzt blieb er stirnrunzelnd stehen. Das war ein merkwürdiger Gedanke, der aus dem Nichts gekommen zu sein schien. Es wuchsen also keine Büsche an den

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