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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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immer eines gewesen. Sie sind zwei der menschlichen Konstanten. Aber nur der Autor von unheimlichen und phantastischen Geschichten gibt dem Leser die Möglichkeit zu einer totalen Identifikation und Katharsis. Wer in diesem Genre schreibt und auch nur die blasseste Ahnung hat von dem, was er da tut, weiß, daß es sich bei dem ganzen Gebiet der unheimlichen Phantastik um einen Filter zwischen dem Bewußtsein und dem Unterbewußtsein handelt. Horror-geschichten sind wie ein U-Bahn-Hauptbahnhof in der menschlichen Psyche, wo sich die blaue Linie dessen, was wir uns unbesorgt aneignen, mit der roten Linie dessen kreuzt, was wir auf die eine oder andere Art wieder loswerden müssen.
    Wenn man unheimliche Geschichten liest, glaubt man nicht wirklich, was der Autor da geschrieben hat. Wir glauben nicht an Vampire, Werwölfe oder Lastwagen, die plötzlich von selbst fahren. Die Schrecken, an deren Realität wir alle glauben, sind die, über die Dostojewski, Albee oder MacDonald schreiben: Haß, Entfremdung, ungeliebt alt werden zu müssen, auf unsi-cheren Teenagerbeinen in eine feindliche Erwachsenenwelt zu stolpern. In unserer realen Alltagswelt sind wir oft wie Theater-masken von Tragödie und Komödie, auf der Außenseite grinsend, nach innen Grimassen schneidend. Und irgendwo in uns gibt es eine Art zentrale Umschaltstelle, einen Transformator, wo die Drähte von den beiden Masken miteinander verbunden sind. Diese Stelle ist es, an der uns die Horrorgeschichte zu packen bekommt.
    Der Horror-Autor unterscheidet sich nicht sehr vom walisischen Sündenesser, der die Sünden des teuren Verblichenen auf sich nimmt, indem er das Brot des teuren Verblichenen ißt.
    Die Geschichte der Monstrositäten und des Grauens ist ein Korb, vollgepackt mit Problemen; wenn der Schriftsteller vorbei kommt, nimmt man einen von seinen imaginären Schrecken aus dem Korb und legt einen eigenen wirklichen dafür hinein -
    für eine Zeitlang jedenfalls …
    Die Werke von Edward Albee, von Steinbeck, Camus, Faulkner - sie handeln von Angst und Tod, manchmal auch von Horror, aber für gewöhnlich befassen sich die Autoren der Hochüteratur auf eine reajere, alltäglichere Weise damit. Ihre Werke gehören in den Rahmen der rationalen Welt; es sind Geschichten, die »passieren könnten«. Sie gehören zu der U-Bahn-Linie, die draußen durch die äußere Welt führt. Es gibt andere Autoren - James Joyce, Faulkner beherrscht beides, Lyriker wie T. S. Eliot oder Sylvia Plath und Anne Sexton -, deren Werk im Land des symbolischen Unterbewußtseins angesiedelt ist. Sie fahren mit der Linie, die durch die Landschaften der Innenwelt führt. Aber der Horror-Schreiber befindet sich fast immer an jenem zentralen Umsteigebahnhof, an dem sich alle Linien treffen. Wenn er sein Bestes gibt, haben wir oft jenes unheimliche Gefühl, nicht zu wachen und nicht zu schlafen, wenn die Zeit sich zur Endlosigkeit zerdehnt, wenn wir Stimmen hören, aber ihre Worte nicht verstehen, wenn der Traum uns real erscheint und die Realität wie ein Traum.
    Ein seltsamer und wunderbarer Umsteigebahnhof ist das.
    Hill House befindet sich dort, wo die Züge in beide Richtungen abfahren, mit seinen geisterhaft verschlossenen Türen; die Ringgeister, die Frodo und Sam verfolgen, sind dort; und Pickmans Modell; der Wendigo; Norman Bates und seine furchtbare Mutter. Kein Wachen oder Träumen gibt es auf jenem Bahnhof, nur die Stimme des Autors ist da, gedämpft und rational, und sie erzählt davon, wie die solide Struktur der Wirklichkeit mit schockierender Plötzlichkeit einen Riß bekommen kann. Er erzählt dir, daß du den Autounfall sehen wülst, und ja, er hat recht - du willst. Da ist eine tote Stimme am anderen Ende der Leitung mitten in der Nacht … hinter den Wänden des alten Hauses bewegt sich etwas, das sich größer als eine Ratte anhört … eine Bewegung im Dunkeln am Ende der Kellertreppe. Er will, daß du all diese Dinge siehst und noch mehr; er will, daß du deine Hand auf die Gestalt unter dem Tuch legst. Und du willst auch mit deinen Händen nach ihr fühlen. Ja, das willst du.
    Dies sind einige von den Dingen, die eine Horrorgeschichte meinem Gefühl nach bewirkt, aber ich bin felsenfest überzeugt, daß sie außerdem noch etwas bewirken muß, und das vor allem anderen: Sie muß eine Geschichte erzählen, die den Leser oder Zuhörer für eine Weile in ihrem Bann hält, verloren in einer Welt, die niemals war und niemals sein kann. Mein ganzes Leben als Schriftsteller

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