Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising
warten?«, fragte er, als ich ihm wieder Luft zum Atmen ließ.
»Nein!«, knurrte mein Magen. Aber aus der Region darunter kam ein lautes, begeistertes »Ja!«. Die tiefer liegende Region gewann, und ich nahm Ryu bei der Hand und zog ihn auf unser Zimmer. »Aber du musst uns ein paar Sandwiches bestellen«, sagte ich, als wir die Treppen hinaufeilten.
»Getoastet mit Käse, Schinken und Tomaten.« Er nickte grinsend, und so waren alle zufrieden. Es war eine echte Win-Win-Situation.
Stunden später, als ich an Ryu gekuschelt im Bett lag, umgeben von den Krümeln meines Sandwichs, stöhnte ich wieder. Aber diesmal nicht lust-, sondern sorgenvoll.
»Was ist los?«, erkundigte sich Ryu schläfrig.
»Elspeth wird gleich hier sein, und ich weiß immer noch nicht, was ich anziehen soll. Wahrscheinlich muss ich mir etwas ausleihen. Oder schon wieder das rote Wickelkleid nehmen. Meinst du, das ist elegant genug?«
Ryus Grinsen wurde immer breiter. Ich starrte ihn fragend an, aber er schwieg beharrlich.
»Okay«, sagte ich schließlich, als ich die Spannung nicht mehr aushielt. »Was ist los?«
»Schau mal in den Schrank, oberstes Fach. Nimm einen Stuhl.«
Ich hatte schon so ein Gefühl, was jetzt kam, aber es war viel zu sehr wie in Pretty Woman , als dass ich es wirklich hätte glauben können. Ich kletterte aus dem Bett und schob den kleinen Sessel zum Schrank hinüber. Ich versuchte, nicht daran zu denken, was passiert war, als ich das letzte Mal in das oberste Fach eines Schranks geschaut hatte. Aber statt einer Metallbox voll mit Ohren, die bei der leisesten falschen Berührung in die Luft fliegt, lag dort nun eine große, weiße Schachtel mit einer Silberschleife. Ein Aufkleber darauf verriet mir, dass sie aus Iris’ Boutique stammte. Mir gefiel diese Box viel besser.
»Oh, Ryu«, flüsterte ich. »Du hast doch nicht...?«
»Natürlich habe ich«, sagte er vom Bett aus. »Sobald wir entschieden hatten, hierherzukommen, habe ich es von Iris einpacken lassen. In Rockabill magst du ja vielleicht keine Gelegenheit haben, dich schick zu machen, aber hier ganz bestimmt.«
Ehrfürchtig nahm ich die Schachtel aus dem Schrank. Sie war ziemlich groß und unhandlich, und ich fragte mich, wo er sie wohl bis jetzt versteckt hatte. »Ah«, fiel mir ein, »natürlich!«
»Und ich dachte schon, du hättest die Leichen der Kobolde hinten drin!«, rief ich, stieg vom Sessel herunter und setzte mich wieder zu Ryu aufs Bett. Dabei drückte ich die Schachtel die ganze Zeit fest an meine Brust. Ich fühlte mich wie ein Kind an Weihnachten.
»Hä?«, fragte Ryu verwirrt. »Im Auto«, erklärte ich. »Als du nicht wolltest, dass ich meine Sachen in den Kofferraum packte, dachte ich, dass da hinten die Leichen drin sind.«
»Wieso sollte ich bitte schön Koboldleichen im Kofferraum meines Porsches spazieren fahren?«, fragte er, als sei dies das Verrückteste, was er je gehört hatte.
Ich sah ihm fest in die Augen. »Ryu, ich muss mich erst noch an den Gedanken gewöhnen, dass es überhaupt so etwas wie Koboldleichen gibt. Ob es vernünftig ist, sie in einem Kofferraum zu verstauen, ist dabei erst einmal zweitrangig.«
Ryu lachte und küsste mich. »Das ist natürlich ein Argument«, räumte er ein. Dann schüttelte er auffordernd die Schachtel. »Mach sie auf«, sagte er zärtlich.
Ich löste die silberne Schleife und hob den Deckel ab.
Eingeschlagen in hauchdünnes Seidenpapier lag darin das silbrige Kleid und die hohen Schuhe mit den schwarzen Schleifchen an den Zehen.
»Oh, Ryu«, hauchte ich. »Ich fühle mich wie Julia Roberts. Nur ohne die Nuttengeschichte. Vielen, vielen Dank.«
»Gern geschehen, Miss True«, sagte er und lehnte sich zurück an das Kopfteil des Bettes. »Und diesmal geht es nicht auf die Firma. Diesmal ist es wirklich ein Geschenk von mir.«
Ich stand auf, hielt mir das Kleid an und betrachtete mich im Spiegel. Es war genauso perfekt, wie ich es in Erinnerung hatte. Allerdings hatte ich keine Vorstellung, wie ich darin am besten meine Brüste verstauen sollte. Hoffentlich kannte Elspeth irgendeinen Zaubertrick, der Kleider und Oberweite am richtigen Platz hielt. Ich drehte mich zu Ryu um und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Für den Moment hatte ich alle Sorgen vergessen.
»Großartiger Sex, schöne Kleider und ein getoastetes Käsesandwich, wann immer ich will - an dieses Leben könnte ich mich wirklich gewöhnen«, scherzte ich und wandte mich wieder meinem Spiegelbild zu, wobei ich
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