Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising
bedroht fühlte?«
Ich wusste nicht, ob Ryu sich nun stärker auf Iris’ Herumgezupfe konzentrierte oder auf meine Worte, aber er nickte beipflichtend. »Für seinen Handlanger mache ich mich ziemlich gut«, dachte ich amüsiert.
»Irgendetwas war schon komisch«, sagte Iris. »Aber Peter wollte nicht darüber sprechen. Um ehrlich zu sein, haben wir sowieso nicht viel geredet, wenn wir zusammen waren.« Sie lächelte mich an und griff um mich herum, um mir den BH zu öffnen. Ich hielt den Atem an. Sie streifte mir die Träger über die Schultern, und ihre Hände strichen an meinen Armen entlang hinunter. Dann griff sie sich meinen BH zwischen den beiden Körbchen und entledigte mich seiner mit einem sanften Ruck, damit er nicht mehr störend unter dem Kleid hervorlugte.
»Aber er meinte, dass irgendetwas Verdächtiges mit den Halblingen vorginge, die er katalogisierte. Er sagte zwar nicht, worum es sich handelte, aber es kann nichts Gutes gewesen sein, denn ich konnte schmecken, dass er Angst hatte.« Ein erregter Schauder lief mir den Rücken hinunter, als sie das Wort »schmecken« verwendete, um zu beschreiben, wie sie Peters Gefühle wahrgenommen hatte, und hinter mich trat, um mein Kleid zu schließen. Mit ihrer freien Hand strich sie mir wie nebenbei die Wirbelsäule entlang, was mich dazu veranlasste, kerzengerade dazustehen, während sie den Reißverschluss hochzog. Das Kleid saß sehr eng, aber ich denke, das war beabsichtigt.
Ryu betrachtete mich mit ausgefahrenen Fängen, während Iris noch immer dicht hinter mir stand und den Nackenverschluss
einhakte. Dann band sie mein Haar zu einem Pferdeschwanz, damit mein Hals freilag. Das Kleid muss ganz gut an mir ausgesehen haben, denn Ryu fing beinahe an zu sabbern.
Dann ließ mich Iris noch in ein anderes Paar Schuhe mit geradezu lächerlich hohen Absätzen und roten Sohlen schlüpfen. Ich wurde das Gefühl nicht los, sie wollte mich unbedingt auf den Geschmack bringen, öfter hohe Schuhe zu tragen. »Noch mehr Louboutin«, flötete sie. »Diesmal allerdings Peeptoes.« Die Wahnsinnsgeräte waren aus schwarzem Satin und hatten quer über die Zehen diese entzückenden Schleifchen.
»Er hat auch gesagt, dass er jemanden gesehen hat, der eigentlich nicht hier sein dürfte. Allerdings war er sich dessen nicht sicher. Das heißt, er war nicht sicher, dass der, den er gesehen hatte, auch der war, den er meinte, und es kam mir so vor, als könne er sich nicht vorstellen, dass dieser Jemand wirklich hier war«, sagte sie etwas verworren, und ich versuchte, ihrem Gestammel zu folgen. »Aber gleichzeitig war er ziemlich sicher, dass er sich nicht getäuscht hatte.« Iris war einen Schritt zurückgetreten und betrachtete mich zufrieden. Doch dann zupfte sie vorsichtshalber doch noch ein wenig an meinem Kleid herum.
»Er hat es zwar vor mir nie zugeben wollen, aber er hatte Angst. Besonders zum Schluss«, erklärte Iris.
Dann war der Moment gekommen, in dem sie mich zum Spiegel umdrehte, und sogar ich schnappte bei meinem Anblick nach Luft.
Das Kleid war einfach unglaublich . Es hatte einen tiefen V-Ausschnitt, der bis hinunter zu einem empireartigen Taillenansatz
verlief. Dort markierte eine Blumenspange den Übergang vom Neckholderausschnitt zum fließenden Rest. Das Kleid war aus Chiffon, und es kam mir so vor, als umgäben mich ganze Wolken dieses Stoffes. Noch nie im Leben hatte ich so fantastisch ausgesehen. Und die absolute Krönung waren die Schuhe, die einfach atemberaubend schick waren. Jeder Gedanke an Peter war verflogen, als ich mich drehte und wendete, um mich in dem 360-Grad-Spiegel von allen Seiten betrachten zu können. »Das ist kein Kleid«, dachte ich begeistert, »sondern ein Traum!«
Ryus Stimme klang heiser, als er sich nach einer Weile wieder einmischte: »Iris, all diese Informationen sind eine große Hilfe, aber haben Sie irgendeine Idee, warum Peter Angst hatte?«
Iris wandte sich Ryu zu und sah dabei so ernst aus, wie ich sie den ganzen Abend über noch nicht erlebt hatte: »Nein, das weiß ich nicht, und ich war auch klug genug, nicht danach zu fragen. Ich bin im Leben nicht so weit gekommen, weil ich Fragen gestellt habe, deren Antworten ich besser nicht wissen sollte. Alles, was ich weiß, ist, dass Peter sich vor irgendetwas ernsthaft fürchtete, und damit gab ich mich zufrieden.«
Iris ging zu dem zierlichen Sekretär hinüber, der neben dem Spiegel an der Wand stand. Sie öffnete eine der Schubladen mit einem Schlüssel und
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