Nachtwandler (German Edition)
Mund, um dem Kerl einen wüsten Fluch um die Ohren zu hauen, aber mir bleibt sprichwörtlich jedes Wort im Hals stecken. Das Einzige, das ich in diesem Moment denken kann, ist: Haben will! Sofort!
Er sieht fantastisch aus. Er ist groß, vielleicht zwei oder drei Zentimeter kleiner als ich. Der Körperbau scheint genau meinen Vorstellungen zu entsprechen, denn er ist schlank und dennoch gut gebaut, das lässt jedenfalls sein Oberkörper erahnen, der sich unter dem Hemd abzeichnet. Die Ärmel hat er bis über die Ellbogen hochgekrempelt und lässt dadurch den Blick auf ein Paar kräftige und leicht behaarte Unterarme zu. Die enge Jeans umschließt muskulöse Oberschenkel und einen Hintern, bei dem mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Ich muss mich sehr zurückhalten, damit ich nicht einfach die Hände ausstrecke um zu überprüfen, ob sich diese Pobacken wirklich so knackig anfühlen, wie sie aussehen. Dann wende ich den Blick seinem Gesicht zu. Das Haar ist kurz und dunkel, wenn auch nicht ganz so schwarz wie mein eigenes, und vorn ist es etwas nach oben gegelt. Das Kinn ist unrasiert, was seiner Attraktivität jedoch nicht den geringsten Abbruch tut. Die Unterlippe ist etwas voller als die obere und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich den Wunsch jemanden zu küssen, mit der Zunge über seinen Mund zu lecken und ihn zu schmecken. Irritiert reiße ich mich von dem Anblick dieser verführerischen Lippen los und betrachte seine Nase. Sie ist gerade und rechts von ihr fällt mir ein kleines Muttermal auf. Die ausgeprägten Kieferknochen geben seinem Gesicht eine etwas kantige Form. Dann blicke ich in die wahrscheinlich dunkelsten Augen, die ich jemals gesehen habe.
Dem Fremden ist meine unverhohlene Musterung offensichtlich nicht entgangen, denn er grinst mich spöttisch an.
„Bekomm ich meine Klamotten bitte wieder zurück? Ich stehe nicht so auf Exhibitionismus“, witzelt er und legt den Kopf etwas schief. Seine Stimme klingt tief und melodisch und sie beschert mir ein Kribbeln, das sich über mein Rückgrat nach unten ausbreitet. Ich will Sex mit diesem Kerl, und zwar sofort.
„Bei dem, was ich mit dir vorhabe, brauchst du die eh nicht“, kontere ich schmutzig grinsend und nun ist er es, der mich von Kopf bis Fuß eingehend betrachtet. Ich sehe so etwas wie Interesse in seinen Augen aufblitzen.
„Du vergeudest keine Sekunde, was?“, entgegnet er zwar irritiert, aber keineswegs abgeneigt.
„Warum Zeit verschwenden? Mich über den Sinn des Lebens unterhalten, kann ich auch noch, wenn ich zu alt bin um einen hochzubekommen. Bis dahin genieße ich es in vollen Zügen“, antworte ich, greife nach seinem Hosenbund und ziehe ihn hinter mir her auf die Tanzfläche. Seine Verwirrung weicht einer leichten Verärgerung und im ersten Augenblick sieht es ganz danach aus, als wolle er sich zur Wehr setzen. Dann erkennt er jedoch, dass ich die Tanzfläche anpeile - der Darkroom liegt in der entgegengesetzten Richtung – und lässt sich ohne weiteren Widerstand von mir zwischen die zappelnden Männerleiber zerren.
„Sagst du mir, wie du heißt?“, raunt er mir irgendwann ins Ohr, als wir uns zum Takt der Musik bewegen. Er nähert sich meinem Mund und versucht mich zu küssen. Für den Bruchteil einer Sekunde überlege ich tatsächlich es zuzulassen, doch dann weiche ich ihm geschickt aus.
„Du darfst alles an mir zwischen deine Lippen nehmen, aber auf den Mund küssen ist tabu“, erkläre ich bestimmt.
Erst stutzt er, doch dann schüttelt er lachend den Kopf. „Du weiß nicht, was dir entgeht, aber wie du willst. Sagst du mir trotzdem deinen Namen?“
„Leo“, antworte ich brav. „Und mit wem habe ich das Vergnügen?“, grinse ich. Ich kann es nicht erklären, aber es interessiert mich wirklich, wie er heißt. Normalerweise ist es mir völlig gleichgültig, was für Namen die Typen haben, die ich abschleppen möchte. Smalltalk betreibe ich für gewöhnlich ebenfalls nicht, zumindest nicht mit potentiellen Sexpartnern.
„Felix“, erwidert er. Sein Adamsapfel hüpft aufgeregt auf und ab.
Ich schlinge beide Arme um ihn und ziehe ihn so dicht an mich heran, dass sich unsere Oberschenkel berühren. „Felix“, wiederhole ich ganz dicht an seinem Ohr. Ich fühle deutlich wie er erschauert, die Härchen an seinen Unterarmen stellen sich auf. „Warum bist du nicht schon früher zu mir gekommen?“
„Vielleicht hast du mich einfach bisher nicht gesehen?“, schlägt er vor.
„Nein“, widerspreche
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