Nachtwelt (German Edition)
Unterschiede. Es gibt Westen unterschiedlicher Länge und Jacken mit kurzem oder langem Arm. Bei den meisten dienen Gürtel dazu, die Weste oder Jacke zu schließen. Einige aber haben Knöpfe, die aussehen, als wären sie aus den Gebeinen von Tieren geschnitzt.
Mimi sitzt zwischen Andy und seiner Frau Michi. Andy hat schulterlanges Haar und ein Gesicht dem man ansieht, dass er bisher wild und leidenschaftlich gelebt hat. Er ist einer der Männer, die eine Streitaxt führen. Er hat seine Lederweste und sein Hemd ausgezogen. Wie andere der Männer sitzt er mit freiem Oberkörper an dem wärmenden Feuer.
Auf Andys linken Arm ist ein Drache tätowiert. Der Drache speit Feuer und sein Kopf bedeckt fast den gesamten Unterarm. Die Flammen züngeln über Andys Handrücken, bis hin zu seinen Fingern. Der Körper des Drachens verläuft über den restlichen Unter- und den gesamten Oberarm, bis auf das Schulterblatt. Die Drachenpfoten, mit den scharfen Krallen, legen sich um Andys Arm. Die gesamte linke Seite seines Rückens ist mit dem Drachenschwanz bedeckt.
Im Schein des Feuers, das bei jedem winzigen Windhauch zu tanzen beginnt, fangen die Rot- und Orangetöne des Drachens an, in einem unwirklichen Licht zu leuchten. Man könnte glauben, dass der Drache lebendig sei und sein Feuer tatsächlich Andys Hand verbrennt.
An Mimis linker Seite sitzt Andys Frau, Michi. Sie hat etwas Elfenhaftes. Nicht nur hier in dieser magischen Nacht, sondern auch in der Welt der Angorasocken. Wie flüssiges Silber fließt ihr weißblondes Haar über ihre Schultern und reicht ihr bis zu den Hüften. Im Schein des Feuers ist Michis Haut beinahe durchsichtig und ihre sanften Augen sind auf einen Punkt in weiter Ferne gerichtet.
Außer Petra, Michi und Andy kennt Mimi niemanden. Und obwohl die Männer und Frauen ihr fremd sind, sind sie ihr dennoch vertraut.
An Mimis Feuer sitzt auch eine junge Frau. Sie ist nicht älter, als die Auszubildenden der Gärtnerei und von umwerfender Schönheit. Sie hat eine Figur, die jeder Männerfantasie gerecht wird.
Lange, lockige rote Haare umrahmen ein schön geschnittenes Gesicht mit großen, grünen Augen. Untypisch für ihre Haarfarbe sind die pechschwarzen, dichten Wimpern und Augenbrauen. Sommersprossen geben ihr eine mädchenhafte Fröhlichkeit.
Neben der rothaarigen Schönheit sitzt ein Mann. Er ist groß und breit wie ein Schrank. Mimi ist er vertraut, wie kaum ein anderer Mensch. In diesem Moment weiß sie, dass er schon immer ihr Freund war und sein wird.
Seit sie die Lichtung betreten hat, hat Mimis Herz nicht aufgehört wie verrückt zu schlagen. Als sie jetzt ihr Gegenüber betrachtet (der Sechste an ihrem Feuer), setzt ihr Herz einen Schlag aus, um dann viel zu schnell weiter zu hüpfen. Weil ihre Gedanken verrückt in ihrem Kopf hin und her springen, wird ihr ein wenig schwindelig.
Seine Hände sind groß und braungebrannt. Seine starken Arme und seine muskulöse Brust zeichnen sich unter dem Leinenhemd ab. Das schwarze Haar ist leicht gewellt und sieht wild aus. Während sie ihn anstarrt, hat der Mann den Blick gesenkt. Doch plötzlich hebt er den Kopf und schaut sie an.
Seine Augen sind dunkel, beinah’ so schwarz wie sein Haar. Sein Blick ruht nur einen winzigen Moment auf Mimi. Er nickt kurz, um dann wieder den Kopf zu senken. Mimi ist total durcheinander. Noch nie hat ein Mann sie so angesehen. Damit sie aufhört ihn anzustarren lässt sie den Blick über den Rest der Gemeinschaft schweifen. Als sie zu Petra hinüber sieht, könnte sie wetten, dass diese schon wieder lächelt.
Ein Glitzern am Waldrand erregt Mimis Aufmerksamkeit. Es sieht aus, als wären die diamantenen Sterne des Nachthimmels hinunter auf den Boden gefallen.
Es sind die wolfsähnlichen Hunde, die die Parierstange ihres Schwertes zieren. In ihren Augen bricht sich das Licht der Feuer. Die Hunde haben die Größe eines Kalbes und Mimi schätzt ihr Gewicht auf mindestens achtzig Kilogramm. Ihr Fell ist grau und struppig. In einem großen Rudel liegen sie zusammen. Insgesamt zählt Mimi dreißig von ihnen. Auf dieser Lichtung befinden sich genauso viele Hunde, wie Menschen.
Ganz langsam erhebt sich einer der Hunde und kommt näher. Im Licht der Feuer kann Mimi seine wunderschönen Augen erkennen. Sie haben die Farbe von Honig. Alt und weise schauen sie ihr bis in die Tiefen ihrer Seele. In diesem Moment ist sie sich sicher, würde der „Wolf“ sprechen können, er würde jede ihrer Fragen
Weitere Kostenlose Bücher