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Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Titel: Nachtwesen - Die Vollstreckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Pagel
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Schloss...“, flüsterte sie entzückt und sah Jara mit leuchtenden Augen an. „Du verrichtest dein Tagewerk in einem Schloss, Mutter!“ - „Es ist...groß, ja.“ Jara seufzte leise. Es hätte sie auch sehr gewundert, wenn Kyrana sich nicht beeindruckt gezeigt hätte. Wieder stieg ein ungutes Gefühl in ihr auf und sanft ergriff sie die Hand ihrer Tochter. „Komm.“ Nebeneinander traten sie auf das große Eingangsportal zu und gingen die wenigen Stufen hinauf. „Haus Xyn“, las Kyrana die in Stein gemeißelte Inschrift vor, während ihre Mutter die Tür leise knarrend öffnete.
    Mit kleinen, zögerlichen Schritten betrat das Mädchen die runde Halle. An beiden Seiten waren unter den zugezogenen Vorhängen riesige Fenster zu erahnen. Im Dämmerlicht erkannte man nur undeutlich einige Säulen und weiter hinten eine große Tür. Kein Geräusch war zu vernehmen, außer dem dumpfen Poltern, als die Eingangspforte wieder hinter ihnen ins Schloss fiel. Die Finger in dem seidigen Stoff ihrer Robe verborgen, tuschelte Kyrana begeistert:
    „Die Nachtwesen sind sicher schrecklich reich, wenn sie in solch' schönen Häusern wohnen können.“ Murmelnd warfen die Wände ihre Worte zu ihr zurück, so dass sie hell auflachte. Hastig verschlossen Jaras Finger den Mund ihrer Tochter und ihre Augen blickten erschrocken umher. „Pssssssssssst!“, flüsterte sie nervös. „Wir dürfen sie nicht wecken! Dann werden sie...ungehalten.“ - „Oh!“ Suchend sah das Mädchen sich um und ergriff augenblicklich Jaras Hand fester.
    Dann hauchte sie kaum noch hörbar: „Wo müssen wir denn jetzt hin, Mutter?“ Wortlos zog diese sie durch die Halle, hin zu jener einzigen Tür. Die Bibliothek hatte holzvertäfelte Wände, welche rundum mannshoch mit Regalen bestückt waren. Ordentlich reihte sich Buch an Buch, nur unterbrochen von einzelnen Lücken hier und da.
    Es roch nach Leder und Pergament. Beeindruckt ließ sich Kyrana in einen mächtigen Ohrensessel sinken, welcher in einer Gruppe weiterer Sitzgelegenheiten um einen Tisch herum stand. Ihre Füße reichten gar nicht bis zum Boden, so dass sie sich wagte, sachte mit den Beinen zu wippen, während sie sich umsah.
    Erleichtert, den Ort ihres Schaffens und Wirkens ohne weitere Zwischenfälle erreicht zu haben, machte Jara sich daran, dicke Kerzen anzuzünden, die in großen Ständern aufgestellt waren. Sanftes Licht legte sich über den fensterlosen Raum und vermittelte den Eindruck, es sei bereits Nacht. Dann nahm sie aus einer, versteckt in der Ecke stehenden, Truhe einen Staubwedel heraus und machte sich an die Arbeit. Die Nachtwesen legten großen Wert auf ihre Schriften.
    Kein Stäubchen durfte darauf zu sehen sein. Indes rutschte Kyrana unruhig auf dem Sessel herum. Sie langweilte sich und war enttäuscht. Nur einfach hier zu sitzen und ihre Mutter beim Wischen und Wedeln zu beobachten, war nicht das, was sie erwartet hatte. Als Jara gerade damit beschäftigt war, einige Schriftrollen ordentlich nebeneinander in eines der Regale zu legen, rutschte sie aus den Polstern auf den steinernen Boden und schlich zur Tür.
    Sie würde sich ein Wenig umsehen und vielleicht das Abenteuer finden, welches sie erhofft hatte. Ungehindert erreichte sie den düsteren Gang vor der Bibliothek und sah unentschlossen nach beiden Seiten. Fackeln in verschnörkelten Halterungen tauchten den Flur in mattes Licht und warfen lange Schatten an die Wände. Große Portraits waren zu erkennen und sie beschloss, diese genauer zu betrachten. So legte sie die Hände auf dem Rücken zusammen und marschierte die Reihe der Gemälde entlang.
    Staunend stellte sie fest, dass sie noch niemals so viele gutaussehende Gesichter gesehen hatte, ganz gleich ob Damen oder Herren. Sie alle wirkten erhaben und stolz in ihrer kühlen Schönheit, sodass sie sich selbst noch hässlicher und kleiner vorkam. Den Abschluss bildete das Antlitz eines Mannes. Feingeschnittene Gesichtszüge ließen ihn alterslos wirken.
    Die blasse Haut wurde noch hervorgehoben von den pechschwarzen, leicht gewellten Haaren, welche locker auf seine Schultern fielen. Meerblaue und doch durchsichtig wirkende Augen schienen sie zu fixieren, sodass ein Schauer über ihren Rücken rann. Wie gebannt verharrte sie still dort und starrte das Portrait an. Dies musste Kelmar sein, ja, ohne Zweifel. Ihre Mutter hatte von ihm erzählt.
    Und stets klang dabei ihre Stimme ehrfurchtsvoll und ein kleines Bisschen ängstlich. Wie lange sie dort gestanden hatte,

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