Nachtzug
Angreifer mit dem Gewehr erreicht und schoß direkt auf seinen Kopf. Hartmanns Blut zerfloß im Straßenstaub zu einer grauroten Lache.
Nachdem sie einen raschen Blick über den menschenleeren Park geworfen hatten, bestiegen die drei Männer den Wagen. Der Verwundete hielt sein Knie, während die beiden anderen ihm halfen. Der Dobermann kletterte hinten hinein. Noch bevor die Türen richtig zugeschlagen waren, jagte der Wagen schon los und raste aus dem Park.
»Hier, nimm!« sagte der Gewehrschütze und langte unter den Sitz, wo er ein Tuch hervorzog. Er reichte es dem Hundehalter, der sein Bein krampfhaft umfaßt hielt. »Das muß als Verband reichen, es wird noch eine Weile dauern, bis uns ein Arzt helfen kann.«
»Du hast es vermasselt, Mann!« rief einer der anderen Männer und griff nach dem Tuch. »Warum mußtest du ihn gleich erschießen? Ihn zu verletzen hätte doch gereicht!«
Der Mann mit dem Gewehr strich sich mit der Hand über seine schweißnasse Stirn. Das noch friedlich und ruhig im Morgenschlaf liegende Buenos Aires zog rasch an ihnen vorbei. »Ich mußte irgendwas unternehmen. Noch ein Schuß, und einer von uns wäre vielleicht tot gewesen. Betrachte es mal so rum. Wir haben allen die Mühe des Prozesses erspart. In sechs Monaten wäre er doch sowieso hingerichtet worden.«
»Da ist was dran«, brummte der andere Mann, der dabei war, das Knie seines Freundes provisorisch zu verbinden. »Aber jetzt können wir der Welt nichts vorweisen. Wir hätten jedem zeigen können, was für ein Schwein er war. Wir brauchen doch die Publicity.«
»Zumindest wird die Polizei in diesem Fall Terroristen aus der linken Szene verdächtigen«, meinte der Fahrer mit tiefer Stimme. »Hartmann war ein Konservativer. An uns wird dabei keiner denken.«
»Ist das wirklich so vorteilhaft?«
Die Frage blieb unbeantwortet, denn die Männer konzentrierten sich nun auf ihr Ziel.
Als sie mit quietschenden Reifen auf dem Vorfeld des
Aeroparque Ciudad de Buenos Aires
angekommen waren, stürmten sie Hals über Kopf aus dem Wagen und eilten zu einem wartenden DC -3-Fracht {14} flugzeug. Zuerst ließen sie den Hund über die Gangway hochlaufen, dann folgten sie ihm ins Flugzeug. Als die Luke verschlossen war, verließ das Flugzeug das Vorfeld, rollte auf die Startbahn und beschleunigte rasch.
*
Bevor er das Sprechzimmer betrat, um seinen letzten Patienten an diesem Tag zu untersuchen, machte Dr. John Sukow am Fenster seines kleinen Labors eine Pause und blickte hinaus, um die Stimmung dieses Spätnachmittags auf sich wirken zu lassen. Für einen Oktobertag war es sehr angenehm: Die Sonne lachte, Kinder spielten vergnügt im Central Park. Es war ein wunderschöner Tag, eigentlich viel zu schön, um sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten. Der Sommer schien New York etwas länger als sonst verwöhnen zu wollen.
An der Tür klopfte es leise. Eine grauhaarige Frau in weißem Kittel sagte lächelnd: »Sie wissen doch, daß in Ihrem Sprechzimmer noch jemand auf Sie wartet, Dr. Sukow?« Er drehte sich um und erwiderte ihr Lächeln. »Ja, danke, Natascha. Ich habe es nicht vergessen. Aber heute ist es so wunderschön da draußen. Schauen Sie nur über den Park. Jeder genießt das wunderbare Wetter.«
Der Doktor begab sich nach draußen ins Vorzimmer. Er blickte auf die Uhr, es war fast vier. Vielleicht würde diese Untersuchung nicht zu lange dauern, und er könnte anschließend unten im Park einen Spaziergang machen. Wie oft bot sich ihm schon die Gelegenheit dazu? Dr. Sukow strich das Revers seines Arztkittels glatt und machte sich leicht humpelnd zu seinem Sprechzimmer auf. Bevor er eintrat, verweilte er kurz, um die Krankenkartei zu studieren, die Natascha für ihn bereitgelegt hatte.
Die Kartei enthielt nur einen Auskunftsbogen, der unvollständig ausgefüllt war und keine Eintragung im Feld »Anlaß des Arztbesuchs« aufwies. Name: Mary Dunn. Angaben zum Personenstand: keine. Geburtsdatum: 22. 02. 1916. Anschrift: Americana Hotel. Beruf: Verwaltungsangestellte im Krankenhaus. Geburtsland: Polen.
Die letzte Angabe ließ Dr. Sukow aufmerken, denn sie rief für einen kurzen Moment eine verschwommene Erinnerung in ihm hervor. Dann steckte er den Auskunftsbogen in die Kartei zurück und betrat das Sprechzimmer.
{15} »Guten Tag, Mrs. Dunn«, wandte er sich an die Dame und reichte ihr die Hand. Die gutgekleidete, sehr rüstig wirkende Frau ergriff seine Hand und drückte sie kräftig: »Guten Tag, Herr Doktor.«
»Nehmen Sie
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