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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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beobachteten, was ich tat, und lasen, was ich darüber zu sagen hatte. Vielleicht blieb nichts davon bei ihnen hängen und sie surften gleich weiter zu PerezHilton.com, um den neuesten Klatsch über Jennifer Lopez und Brangelina zu erfahren. Vielleicht nahmen jedoch auch ein paar Leute Anteil an meinem Konflikt, welchen Apfel man im Supermarkt kaufen sollte, an meiner demografischen Einschätzung der Öko-Szene oder meinem etwas skurrilen Erlebnis mit Freecycle. Vielleicht konnte sogar der eine oder andere Blog-Eintrag einen Leser dazu inspirieren, Recycling-Küchenpapier oder eine nicht allzu hässliche Stofftragetasche zu kaufen.
    Doch auch wenn nicht – selbst wenn dieses pseudomasochistische Vorhaben mir nicht mehr bringt, als dass ich meine Konsumgewohnheiten auf den Prüfstand stelle, Mutter Natur ein paar Glühbirnen als Opfergabe darbringe und mir darüber klar werde, was es wirklich heißt, ein moderner Umweltschützer zu sein, hat es sich letzten Endes doch gelohnt. Ich sollte mich von der alten Weisheit leiten lassen, dass man stets das bereut, was man nicht getan hat, nicht das, was man getan hat.
    Das Einzige, was mich jetzt hemmt, ist meine Angst (ist das nicht immer so?). Heute ist der 31. Tag, und mir gehen bereits die Ideen aus. Mein Ziel, jeden Tag einen winzigen Schritt zu machen, könnte sich als ein Ding der Unmöglichkeit erweisen, einfach weil die Anzahl der Produkte, auf die ich umsteigen kann, begrenzt ist und ich auch meiner armen Sophie nur ein bestimmtes Maß an Veränderungen ihrer Katzenwelt zumuten darf. Und wenn ich an diese Sache genauso herangehe wie an meine Hausarbeiten, werden sicherlich meine perfektionistischen und zwanghaften Neigungen durchschlagen, was bedeuten könnte, dass ich eine neurotisch-selbstzerstörerische Öko-Sucht an den Tag lege. Bis zur Halbzeit habe ich wahrscheinlich die Phase des freundlichen Müsli-Mampfers hinter mir, habe aus lauter Technikfeindlichkeit meinen Stromanschluss gekündigt und ernähre mich ausschließlich von Linsensprossen, die ich als heimisches Erzeugnis auf meinem eigenen Kompost ziehe.
    Dies ist mein Dilemma nach einem Zwölftel des Weges: Wie macht sich ein Martini in meiner Hand, wenn ich Dreck unter den Fingernägeln habe?
    Mal im Ernst: Ist es denn überhaupt möglich, in seinem Leben Hunderte von Dingen zu ändern, ohne dabei auch ein anderer Mensch zu werden? Wie kann ich mich wirklich auf die Öko-Bewegung einlassen, ohne die Orientierung zu verlieren? Ach, vergiss die Orientierung – wie schaffe ich es, nicht meinen Job zu verlieren? Meine Wohnung? Meinen gesunden Menschenverstand?
    Ich glaube, die Antwort lautet, dass ich bei all den vernünftigen Menschen, die ich kenne, Halt suchen und darum beten muss, dass sie nicht mit mir zusammen abstürzen.

3. APRIL , 34. TAG
    Kein Geschenkpapier mehr, außer gebrauchtes oder Altpapier
    Meine Schwester und ich haben dieselbe Stimme, dieselben Haare und dieselben Eltern, aber damit enden unsere Gemeinsamkeiten auch schon. Fünfeinhalb Jahre jünger als ich lässt sich Emma durchs Leben treiben, wohin der Wind sie auch weht. Ich meine das ziemlich wörtlich – wenn die Böen stark genug sind, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie mit ihren kaum mehr als 40 Kilogramm hochgehoben und durch die halbe Stadt getragen wird, doch solange sie in der Nähe eines Starbucks landet, stört sie das nicht weiter. Natürlich ist auch Emma nicht völlig unbekümmert, aber entweder ziemlich gut im Vergessen oder im Verdrängen, denn oberflächlich betrachtet ist dieses Mädel ein Musterbeispiel für Sanftmut und Gelassenheit. Wie bei Bambi ist alles an meiner Schwester winzig außer ihren riesigen, braunen Augen, was sie feenhaft naiv wirken lässt, und zwar größtenteils zu Recht, obwohl Emma in ihrer Kindheit und Jugend den britischen Schrulligkeiten unserer Eltern genauso ausgesetzt war und daher auch einen gewissen trockenen und sarkastischen Humor entwickelt hat.
    Zwar hat es in der Vergangenheit mitunter geschwisterliche Rivalitäten gegeben – für die fast ausschließlich ich verantwortlich war –, aber heute kommen wir gut miteinander aus, insbesondere wenn wir über Klamotten, Typen, Pop und taktisch kluges Verhalten in Familienangelegenheiten reden. Doch sobald die Rede auf meine ökologischen Weltverbesserungsbemühungen kommt, finden wir nicht den geringsten gemeinsamen Nenner. Nicht dass es Emmas ausdrückliche Absicht ist, den Planeten zu ruinieren, aber es liegt ihr auch

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