Nackt schlafen ist bio
Bedienungen ist die Speisekarte des Restaurants durchaus abwechslungsreich – klar, es gibt natürlich Tofu, Tempeh und Naturreis, aber auch Süßkartoffel-Pommes mit Miso-Dip, Thai-Veggie-Burger mit Salatbeilage, gelbe Erbsensuppe mit Maisbrot, Rüblitorte, Brownies und sogar Alkoholika.
Während ich auf meinen Salat wartete, fragte ich die Bedienung, ob sie je von vegan gewachster Zahnseide gehört habe. Ich dachte, sie hätte vielleicht eine Meinung dazu angesichts ihres doch bestimmt überdurchschnittlich großen Risikos, Spinat- und Brokkolireste in den Zahnzwischenräumen hängen zu haben.
»Ähm, nein«, sagte sie. »Ich hätte nie gedacht, dass Zahnseide auch ein Thema ist.«
»Stört es Sie, wenn Bienen und ihre – ähm – Sekrete für moderne Zwecke wie, sagen wir, Kariesprophylaxe benutzt werden?«, fragte ich.
Nein, das störe sie nicht. Sie sei keine »Hardcore-Veganerin«.
»Es kommt immer auf den jeweiligen Typ an«, setzte sie hinzu. »Da haben wir zum einen all die Vegetarier, aber auch Pescetarier, die Fisch, Eier und Milch zu sich nehmen, Flexitarier, die nur gelegentlich hochwertiges Fleisch essen, und so weiter – inzwischen gibt es so viele Ernährungsphilosophien, und die Menschen haben total unterschiedliche Vorstellungen davon, was richtig und was falsch ist. Zum Beispiel behauptet meine Geschäftsführerin, sie wäre eine strenge Veganerin, aber ich habe sie in Lederschuhen gesehen.«
Was?! Das könne doch nicht sein.
»Doch, wirklich«, beteuerte sie. »Gut, vielleicht hat sie sie aus einem Secondhandladen, aber sie haben neu ausgesehen.«
Ich fragte sie, ob die vegane Bewegung eher das Wohlergehen der Tiere oder die Umweltethik im Blick habe oder ob beides ohnehin unauflösbar zusammengehöre, und sie antwortete, es sei normalerweise ein bisschen von beidem.
»Und dann gibt es gelegentlich auch Leute, die einfach weder Fleisch noch Eier mögen und allergisch auf Milchprodukte reagieren, sodass ihnen nur die vegane Kost bleibt.«
Veganer aus Mangel an Alternativen. Das klang nach einem postmodernen Dilemma.
Jedenfalls beschloss ich, die vegan gewachste Zahnseide zu kaufen, und sei es auch nur, damit ich eine Ausrede habe, um mehr Honig zu essen.
5. APRIL , 36. TAG
Alle Glühbirnen durch Energiesparlampen ersetzen
Ich habe ja schon erwähnt, dass ich bei Wasser ein Snob bin. Nun, wie sich herausstellt, gilt dies auch für diverse andere Dinge in meinem Leben, so etwa für die Beleuchtung. Und ich will gar nicht erst groß um den heißen Brei herumreden – es hängt ausschließlich mit meiner Eitelkeit zusammen und mit meiner Unsicherheit, was Sommersprossen, Falten, Pickel, aufgesprungene Lippen und andere Unvollkommenheiten angeht, die im falschen Licht mit grässlicher Deutlichkeit sichtbar werden können. So ging mein Entschluss, zu Energiesparlampen zu wechseln, schon im Vorfeld mit Beklommenheit und einem gewissen Bedauern einher. Noch schlimmer wurde es dann in dem Laden, wo ich mit endlosen Reihen spiralförmiger Leuchtkörper konfrontiert war; und natürlich hatte ich vergessen, mir vorher die Wattzahl einzuprägen. Ich stand also, vermutlich mit offenem Mund, wie der Ochs vor dem Berg von Energiesparlampen und konnte mich nicht entscheiden, welche Marke die ökologischste war.
Da ich vier Birnen auswechseln musste, fiel meine Wahl schließlich auf zwei warmweiße der einen und zwei plus compacte! einer anderen Marke (rätselhafterweise war die Aufschrift en français , aber pas en anglais ), beide 13 Watt, was 60-Watt-Glühbirnen entspricht und daher in etwa stimmen müsste. Der Vorteil der Ersteren war, dass das Licht vermutlich romantischer sein würde, die anderen wiederum waren kleiner und somit hübscher. Allerdings waren alle in diese Blasenfolie eingeschweißt, die einerseits nicht recycelbar ist und einen andererseits garantiert zur Weißglut treibt, weil man vergeblich versucht, sie aufzureißen, bis man schließlich mit Blasen an den Fingern (daher der Name!) aufgibt, eine Schere sucht und in mörderischer Wut darauf einsticht. Außerdem enthalten die Leuchtstoffröhren Quecksilber; man kann sie also nicht einfach in den Hausmüll werfen, wenn man nicht Bäche, Flüsse und das Grundwasser vergiften will.
Trotzdem, der Wechsel musste sein, und wenn auch nur, um sagen zu können, dass ich es zumindest probiert hatte. Also kehrte ich mit meinen neuen spiralförmigen Kompaktleuchtstofflampen nach Hause zurück und schraubte sie in die Lampen links und
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