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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Schwahl stemmte die Fäuste in die Seiten. »Und wie wird es in vier Wochen sein? In acht Wochen, oder schon in drei Wochen?« Die Antwort darauf gab er, indem er mit der Faust auf die Karte schlug. Auf Berlin, Dresden, Weimar. Die Holztafel polterte. Schwahl war befriedigt. Auf Kluttigs mahlenden Backenknochen und in Weisangks hilflosen Hundeaugen sah er die Wirkung seiner Worte. Wie ein Feldherr ging er zum Konferenztisch zurück und sagte dabei großspurig:
    »Wollen wir uns noch was vormachen, meine Herren? {Der Bart ist ab. Jawoll, er ist ab!}«
    Er setzte sich. »Im Osten die Bolschewiken, im Westen die Amerikaner, und wir sind mittendrin. Na, wie bitte? – Denken Sie nach, Hauptsturmführer. Keiner kräht nach uns, hierholt uns auch keiner mehr raus. Hier kann uns höchstens noch der Teufel holen.«
    In einem plötzlichen Anfall {dummen Mutes} schmiss Weisangk seine Pistole auf den Tisch. »Mich kriagt er nich«, knarrte er. »Dös is a noch do.« Schwahl beachtete die heroische Geste des bayrischen Schmiedes nicht, der die Waffe ruhmlos wieder an sich nahm, und kreuzte die Arme über der Brust. »Uns bleibt nur übrig, auf eigene Faust zu handeln.« Da sprang Kluttig auf. »Ich durchschaue Sie!«, schrie er, in neue Hysterie verfallend. »Sie wollen sich bei den Amerikanern anbiedern! Sie sind ein Feigling!«
    Schwahl wehrte verdrießlich ab. »Machen Sie nicht so große Worte. Ob Mut oder nicht Mut, was können wir damit noch anfangen! Wir haben uns in Sicherheit zu bringen, das ist alles. Dazu braucht man Klugheit, Herr Hauptsturmführer. Klugheit, Diplomatie, Elastizität.« Schwahl wies seine Pistole auf offener Hand vor: »Das ist nicht mehr elastisch genug.« Auch Kluttig riss die Waffe aus der Tasche, fuchtelnd: »Aber durchschlagend, Herr Kommandant, durchschlagend!« Sie drohten wieder in Streit zu geraten.
    Weisangk streckte die Hände zwischen sie. »Seids friedlich und schiaßt eich nich selba umanand.«
    »Auf wen wollen Sie denn schießen?«, fragte Schwahl fast amüsiert.
    »Auf alle, alle, alle!«, schäumte Kluttig und lief mit wilden Schritten umher. Verzweifelt warf er sich aufs Sofa zurück und fuhr sich durch das spärliche, fahlblonde Haar. Schwahl meinte sarkastisch: »Mit dem Heldentum ist es nun doch wohl vorbei.«
    Am anderen Morgen gab Kluttig den Befehl des Kommandanten dennoch an Reineboth weiter. Er hielt sich mit dem kaum 25-jährigen Hauptscharführer in dessen Dienstzimmer auf, das sich auf dem Seitenflügel des Eingangsgebäudes zum Lager befand. Reineboth stach durch sein gepflegtesÄußeres stark von Kluttig ab. Der eitle Jüngling liebte seine elegante Erscheinung sehr. Ein rosiger Hauch auf der Haut und die wie gepudert erscheinende Unterpartie des Gesichts, auf der auch nicht der Schimmer eines Bartwuchses zu sehen war, gaben Reineboth das Aussehen eines Operettenbuffos, doch war er nur der gewöhnliche Sohn eines gewöhnlichen Bierbrauers.
    Lässig im Stuhl zurückgelehnt und die Knie gegen die Tischkante gestemmt, hatte er den Befehl entgegengenommen. »Sanitrupp? Großartige Idee.« Zynisch verzog er die Lippen. »Da hat wohl einer Angst vor dem schwarzen Mann, was?«
    Kluttig hatte darauf nichts erwidert, er war zum Radio getreten. Breitbeinig und mit den Händen in den Hüften stand er vor dem Kasten, aus dem die Stimme des Nachrichtensprechers erklang:
    »… nach schwerer Artillerievorbereitung ist gestern Abend die Schlacht um den Niederrhein entbrannt. Die Besatzung der Stadt Mainz wurde auf das rechte Rheinufer zurückgenommen …«
    Reineboth sah ihm eine Weile zu. Er wusste, was in Kluttig vorging, und verbarg seine eigene Angst vor der heranrückenden Gefahr hinter schlecht gespielter Schnoddrigkeit. »Es wird Zeit, dass du Englisch lernst«, sagte er, und sein stets arrogantes Lächeln gefror zu einer harten Falte um den Mundwinkel. Kluttig beobachtete den Spott nicht, er knurrte böse: »Die oder wir!«
    »Wir«, entgegnete Reineboth mit Eleganz, warf das Lineal auf den Tisch und stand auf. Sie sahen sich an, schwiegen und versteckten, was sie sich dachten. Kluttig wurde unruhig. »Wenn wir gehen müssen …«, er schüttelte die Fäuste und presste durch die Zähne: »Keine Maus lasse ich hier lebend zurück!« Reineboth kannte das schon. Er wusste, wie er Kluttig einzuschätzen hatte, da war viel hohler Donner dabei.Hämisch lächelnd meinte er: »Falls du damit nicht zu spät kommst, Herr Hauptsturmführer. Unser Diplomat lässt die Mäuse bereits aus

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