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Nacktbadestrand

Nacktbadestrand

Titel: Nacktbadestrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Vavrik
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sein weiches Haar. Er lächelte. Ich küsste ihnauf die Stirn, wie um ihm Gute Nacht zu sagen. Er schlief kurz ein. Als wir uns am Abend verabschiedeten, wünschte ich ihm alles Gute bei seinen Bemühungen um seine ehemalige Freundin. Er versprach, mich bald wieder anzurufen. Er tat es dann allerdings nicht. Ich hoffe, dass sich die beiden wieder versöhnt haben.

13
    Ich hatte nichts zu tun. Die Wohnung war aufgeräumt, die Wäsche lag frisch gebügelt im Schrank, und die Küche blitzte vor Sauberkeit. Ich allein habe noch nie besonders viel Unordnung gemacht. Zum Fernsehen hatte ich keine Lust.
    Nach den Aufregungen der vergangenen Wochen fühlte ich mich auf einmal traurig. Es war, als wäre ich plötzlich in ein richtiges Loch gefallen. Ich kannte dieses Gefühl. Ein paar Mal in meinem Leben habe ich Depressionen gehabt und mit der Zeit gelernt, wie ich sie bekämpfen konnte. Wenn ich bemerkte, dass meine Stimmung immer trüber wurde, ging ich hinaus. Ehe mich mein Kummer in meiner Wohnung fesseln und mir die Luft zum Atmen nehmen konnte, lief ich durch die Natur, bis ich vor Erschöpfung nicht mehr konnte, und irgendwann hatte ich die Verzweiflung meistens bezwungen.
    Doch diesmal blieb ich zu Hause. Es war noch nicht so weit, und vielleicht waren es auch keine Depressionen. Ich musste einfach schon den ganzen Tag an den jungen Mann denken, den einzigen, zu dem ich in meiner Jugend engeren Kontakt gehabt hatte. Der mich ein paar Mal nach Hause begleitet hatte, bis meine Mutter die zwischen uns entstehende Verbindung mit einer Ohrfeige jäh beendet hatte. Auf einmal war mir sein Name wieder eingefallen. Ich hatte ihn vermutlich irgendwann in den Fünfzigerjahren vergessen, aber jetzt war er mit einem Mal wieder da: Anton.
    Anton hatte sein Pharmaziestudium bestimmt geschafft und es zum Apotheker gebracht, wie er es sich immer gewünscht hatte.Er hatte ohne Zweifel eine Frau gefunden, zu der er so nett sein konnte, wie er es zu mir gerne gewesen wäre. Auf diese unschuldige Art. Ich erinnerte mich, wie wir einmal nebeneinander unter einem Apfelbaum gesessen hatten, befangen durch die Nähe des anderen, obwohl zwei Meter zwischen uns gewesen waren. Er hatte mich während unserer ganzen gemeinsamen Zeit kein einziges Mal berührt.
    Aber einmal hatte er mir ein Gedicht geschenkt. Zu meinem Geburtstag. Ich glaubte mich zu erinnern, dass ich dieses Gedicht niemals weggeworfen hatte, obwohl ich Anton damals nicht wirklich ernsthaft nachgetrauert hatte. Ich machte mich auf die Suche danach. Wenn es tatsächlich mehr als ein halbes Jahrhundert überstanden haben sollte, musste es bei meinen alten Fotos sein. Da war es auch: Ein vergilbtes, in der Mitte gefaltetes Blatt Papier, mürbe geworden vom Lauf der Zeit, krakelig beschrieben, und als ich es zur Hand nahm, fiel ein Foto heraus.
    Es war ein Passbild von Anton. Es zeigte ihn mit seinem glatten Haarschopf und der großen dunkel gefassten Brille. Er blickte ernst drein, ernst und artig wie ein Mensch, der keine Abgründe kennt, wie ein junger Mann, der zu einer tiefen und zärtlichen Liebe bereit ist. Hatte ich ihn damals wirklich nur wegen dieser Ohrfeige ziehen lassen? Auf einmal kam mir das unwahrscheinlich vor. Lag das nur daran, dass einem solche Kränkungen im Nachhinein oft gar nicht mehr so schlimm erscheinen? Oder war ich damals kalt gewesen, gefühlskalt und unreif?
    Â»1947«, stand auf der Rückseite des Fotos. 1947 war ich achtzehn geworden. Damals war ich noch so ahnungslos. Vielleicht hatte Anton aber schon viel mehr über die Liebe gewusst als ich. Vielleicht war in Wahrheit gar nicht meine Mutter schuld an unserer Entfremdung gewesen, sondern nur ich selbst. Weil ich nichts begriffen hatte.
    Ich öffnete den vergilbten Bogen und las:

    Hab ein Brieferl Dir geschrieben,
    weil Du heut Geburtstag hast.
    Aus dem Garten bring ich Blumen,
    und ein Sprüchlein wüsst’ ich fast.
    Wenn ich’s nicht vergessen hätte!
    Weißt, mein Herzlein geht so laut,
    und ich spür, dass jeder Vogel,
    jedes Bäumchen nach mir schaut.
    Tu mich fürchten, tu mich schämen,
    gell, Du wirst mich schon verstehn!
    Dass ich lieb, so lieb Dich habe,
    müssen doch nicht alle sehn.

    Ich saß mit dem Blatt Papier da, das leicht und empfindlich war, als könnte es jeden Moment zwischen meinen Fingern zerfallen, und weinte. Die Tränen kamen plötzlich über mich, ich konnte gar

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