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Nacktbadestrand

Nacktbadestrand

Titel: Nacktbadestrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Vavrik
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beschert hatte, nicht wehtun.
    Â»Komm doch herein«, sagte ich.
    Gebückt trat er näher und sah mich scheu und unsicher an. Im Vorzimmer stellte er seine Tasche auf den Boden und wartete. Er hatte wirklich gar nichts mit dem weißhaarigen Herrn von dem Foto zu tun.
    Ich tat alles, um ihm das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Ich bin so oft verletzt worden, ich weiß, wie sich das anfühlt und möchte das niemandem antun. Es war natürlich nicht nur meine Schuld, dass ich ein völlig falsches Bild von ihm entwickelt hatte. Er hatte mit meinen Sehnsüchten gespielt, wohl halb in der Erwartung, dass ich mich am Ende schon mit der Realität abfinden würde. Aber es war doch auch ein wenig meine Schuld. Ich hatte bereitwillig an dieses Bild, das er von sich erschaffen wollte, geglaubt. Es ist immer einfacher, sich in jemanden zu verlieben, den man kaum kennt, weil ein Mensch nie so perfekt sein wird, wie das Bild, das man sich in seiner Verliebtheit von ihm macht. Natürlich hatte ich das gewusst und geahnt, dass auch Peter nicht so wunderbar sein würde wie mein Bild von ihm. Aber dass dieser Mann so stark von meinem Traumbild abweichen würde, hatte ich trotzdem nicht für möglich gehalten.
    Als er sich umständlich seines Mantels entledigte, sah ich, dass er an den Armen schlaffe, hängende Falten hatte. Ich führte ihn in mein Wohnzimmer, wo er auf dem Sofa Platz nahm. Ich betrachtete ihn. Sah, dass seine legeren Jeans nur notdürftig verbargen, wie dürr seine Beine waren, nichts außer Haut undKnochen. Schlank wäre eindeutig das falsche Wort für diesen Mann gewesen. Seine Hände waren knochig, sein Gesicht voller tiefer kummervoller Falten. Und seine rote, knollige Nase stimmte mich besonders traurig. Es war die Nase eines Trinkers.
    Schon wieder ein Trinker! Wie hatte mir das nur passieren können? Ich wusste nicht, was ich tun sollte. In meiner Verunsicherung begann ich zu reden. Ich redete und redete, um ihn meine Ernüchterung nicht spüren zu lassen. Er tat mir unendlich leid. Also erzählte ich immer weiter, ohne zu wissen, was ich da eigentlich sprach.
    Ich hatte Kaffee bereitgestellt. Ich wusste, dass er Kaffee liebte. Er hatte mir am Telefon erzählt, dass er jeden Tag zehn oder zwölf Tassen trank, sogar nachts. Jetzt interessierte er sich aber gar nicht dafür. Mit wirren Bewegungen fing er an, seine Tasche auszuräumen. Darin befanden sich lauter Geschenke für mich, die er nach und nach auf das Couchtischchen legte. Verschiedene Parfums, Cremen, Cognac, fünf Garnituren Spitzenunterwäsche in allen möglichen Farben, Schmuck, Sektgläser und Schokolade. Viel Schokolade.
    Ich wollte ihn am Auspacken hindern, wollte ihm sofort die Wahrheit sagen. Dass das nichts werden würde mit uns, dass er gar nicht erst versuchen sollte, mich zu überzeugen, dass ihn das höchstens erniedrigen würde. Ich schaffte es aber nicht. Vielleicht wollte er mich für die Märchen entschädigen, die er mir am Telefon erzählt hatte. Vielleicht dachte er, ich würde mich nur zieren. Aber diese Geschenke machten alles nur noch schlimmer.
    Ich verstummte und sah nur auf die vielen Dinge, die nun neben meinem Sofa lagen, ohne zu wissen, was ich tun sollte. Da schaute er plötzlich auf und sah mir zum ersten Mal in die Augen. Er sagte, dass ich wunderschön sei, noch schöner, als er sich mich vorgestellt hätte.
    Vielleicht war er nur höflich, aber ich nahm seine Komplimente für bare Münze. Ich lächelte etwas unbeholfen und hoffte, dass er nicht dachte, die Dinge würden jetzt für ihn in die richtige Richtung laufen.
    Ich stand schnell auf, holte Kekse aus der Küche und stellte sie auf den Tisch, aber er nahm keine. Er erinnerte mich daran, dass er schwer zuckerkrank war. Ich konnte mich nicht erinnern, dass er mir das erzählt hatte. Er hatte nur erzählt, dass er einmal schwer krank gewesen sei. Vor vierzig Jahren hatten ihm die Ärzte gesagt, dass ihm nicht mehr allzu viel Zeit bleiben würde. Das hatte er all die Jahre mit sich herumgetragen. Bis seine Frau sogar noch vor ihm gestorben war.
    Er hatte es wirklich nicht leicht gehabt. Und jetzt musste ich es ihm noch einmal schwer machen. Ich hätte mich gerne zu ihm gesetzt, ihn gestreichelt und getröstet. Aber das wäre natürlich dumm gewesen.
    Trotzdem legte sich seine Zurückhaltung allmählich. Er erzählte mir von

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