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Nadelstiche

Nadelstiche

Titel: Nadelstiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baden & Kenney
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verkleidet war. Nirgendwo tauchte der Name Big Mike’s oder Gateway Inn auf. Wer danach fragen musste, war schon nicht willkommen. Aber seine Recherche nach Schanklizenzen in Kearny hatte ergeben, dass die für die Wilkens Street, Nummer 440, erteilte Lizenz von einem gewissen Lawrence M. Egli für ein Lokal namens Gateway Inn beantragt worden war.
    Während er darauf zusteuerte, überlegte Sam, wie er die Sache anpacken sollte. Mit einem Spruch wie »Ich suche nach Boo Hravek. Ist ein alter Kumpel von mir« würde er hier niemals durchkommen. In Kearny kannte jeder jeden vom Augenblick der Empfängnis an – da tauchten nicht völlig überraschend alte Kumpel auf.
    Er dachte an die junge Frau, die ihm letzte Nacht nach fünf Cosmo-Cocktails verraten hatte, wo er Boo finden konnte. Falls sie sich heute noch an ihr Gespräch erinnerte, würde sie es bereuen. Einem dahergelaufenen Fremden was über die Jungs aus dem Viertel zu erzählen war nicht in Ordnung, selbst wenn der Fremde netter war als die Männer, die du sonst so kanntest.
    Sam nahm sich ein paar Sekunden Zeit, um den richtigen Gesichtsausdruck aufzusetzen, und öffnete dann die Tür zum Gateway Inn. Er blieb auf der Schwelle stehen, weil er durch den jähen Wechsel von grellem Sonnenlicht in das Halbdunkel des Raumes, der nur von dem Fernseher über der Bar erhellt wurde, einen Moment lang nichts sehen konnte.
    »He, Tür zu, verdammt«, rief eine körperlose Stimme.
    Frische Luft war hier eindeutig nicht willkommen. Sie hätte den erlesenen Geruch nach schalem Bier und Zigarettenqualm verdünnt. Das Rauchen war in den Lokalen von New Jersey inzwischen verboten, aber Sam hatte den starken Verdacht, dass das Gesetz im Gateway laufend missachtet wurde. Oder aber hier drin waren dermaßen viele Zigaretten geraucht worden, dass es Jahrzehnte dauern würde, bis der Raum einigermaßen durchgelüftet war. Als Sam zur Bar ging, spürte er die klebrigen Reste des letzte Nacht verschütteten Biers unter den Schuhsohlen.
    Der Barkeeper, ein Mann Mitte fünfzig in einem kurzärmeligen weißen Hemd, sah ihn flüchtig an. Sam interpretierte das als die Kearny-Version von »Hi, was darf’s sein?«.
    »Ich hätte gern ein Bier und den frittierten Fischteller.« Er brauchte keine Speisekarte, um zu wissen, dass die Küche des Gateway nur Frittiertes zu bieten hatte. Aber Sam hatte in Bangkok geschmorten Affen gegessen und in Ghana gegrillte Heuschrecken – er probierte gern einheimische Spezialitäten.
    Der Barkeeper knallte Sam ein Bier vor die Nase und kehrte dann ans hintere Ende der Bar zurück, um weiter Gläser zu putzen. Der einzige andere Gast, der Typ, der gerufen hatte, er solle die Tür zumachen, saß einige Hocker weiter und studierte verbissen den Schaum in seinem Glas. Auch Sam versank in Schweigen. Schließlich kam der Barkeeper mit Besteck und dem dampfenden Teller mit Fisch und Pommes.
    »Ich such wen, der was für mich erledigen soll.« Sam richtete die Bemerkung an sein Essen, nicht an den Mann, der es trug. »In der Stadt hat einer gesagt, Boo Hravek könnte der Richtige für den Job sein. Wissen Sie, wo ich den finden kann?«
    Der Barkeeper starrte ihn lange an, ohne zu antworten. Dann entfernte er sich, wobei er methodisch die ohnehin schon saubere Bar abwischte. Als er auf halber Strecke war, sagte er. »Was denn für ’nen Job?«
    »Die Art von Job, in der er gut ist.«
    »Wer, sagten Sie, hat Sie hergeschickt?«
    »Hab ich nicht gesagt.«
    Der Mann mit dem Bier wurde plötzlich munter. »Boo arbeitet nicht für jeden.«
    »Weiß ich.« Sam tunkte ein Pommesstäbchen in Ketchup und hielt es über dem Teller in der Schwebe. »Deshalb will ich ihn ja.« Er sah, wie die beiden Männer Blicke wechselten. Anscheinend war seine Antwort gut angekommen. Er riskierte noch ein wenig mehr. »Würde sich für ihn lohnen.« Er wollte keinen Preis nennen, weil er nicht wusste, was Boo, der offenbar darauf spezialisiert war, für andere die Drecksarbeit zu machen, üblicherweise kassierte.
    »Boo müsste bald kommen. Also warten Sie ein bisschen.« Der Barkeeper verschwand in der Küche.
    Sam widmete sich dem Berg Essen vor ihm. Eigentlich gar nicht so schlecht – der Kabeljau war zart und frisch, und dieses sorgsam gealterte Frittierfett verlieh ihm eine schön würzige Note. Er aß und trank, sah sich ein Dragster-Rennen im Fernsehen an und wartete auf Boo. Es gab unangenehmere Arten, einen Nachmittag zu verbringen. War gar nicht übel, für Manny zu

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