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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Benzin in den Gräben verbrennen und verhinderte nur den Funkenflug. So stand zwei Nächte lang eine lodernde Fackel über der Wüste, und die Beduinen, die sie aus der Ferne sahen, glaubten an ein Naturwunder und flehten Allah an, sie vor dem Feuer, das vom Himmel regnete, zu verschonen.
    Das Attentat hatte sieben Tote gekostet. Bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt und verbrannt lagen sie nun in Blechsärgen aufgebahrt in der kleinen Moschee. Zehn Soldaten hielten die Ehrenwache. Am nächsten Tag sollte die Beerdigung sein. Am Rande der Oase hob man die Gräber aus. Aber es blieb eine geheime Beerdigung. Die Toten durften nicht tot sein, noch nicht. Kein Angehöriger wurde benachrichtigt. Strengste Geheimhaltung war angeordnet worden. Dafür flogen aber schon am nächsten Morgen nach der Sprengung fünf Offiziere des Geheimdienstes nach Bir Assi und begannen, jeden zu verhören.
    Die Soldaten, die Fellachen, die Techniker, die Arbeiter, Frauen und Kinder, Greise und Krüppel. Auch die Mädchen im ›großen Haus‹ wurden verhört. Auch Aisha.
    Am dritten Tag nach dem Attentat landeten wieder einige Hubschrauber auf dem Platz vor der Kaserne von Bir Assi. Sie brachten aus dem Urlaub kommende Soldaten zurück.
    Und noch zwei andere Dinge landeten.
    General Yarib Assban traf ein. Eine Ordonnanz trug ihm einen Holzkasten nach.
    Die Urne Birgit Brockmanns war eingetroffen. Mit feierlichem Ernst trug Assban sie zum Haus Alf Brockmanns. Und aus einer der Transportmaschinen stieg der junge Soldat Hassan Ben Alkir. In seinem Militärgepäck befand sich ein kleines Paket. Ein Pappkarton, umwickelt mit Packpapier und einer normalen, alltäglichen Kordel.
    Es gibt keine Oase, die so einsam ist, daß der Tod sie nicht findet.
    *
    Aisha saß in ihrem kleinen Zimmer auf der kargen, nur mit zwei Wolldecken bedeckten Bettstatt und las in einem schon sehr zerfledderten Comic-Heft, das irgendwann einmal ein Soldat aus dem Urlaub mitgebracht hatte und das nun von Hand zu Hand ging, als es dreimal kurz und einmal lang an der Tür klopfte.
    Das kleine, stickige Zimmer, in dem außer dem Bett nur noch ein Spind, eine Waschschüssel und zwei Lederkissen den Eindruck eines ›Wohnraumes‹ ausmachten, lag nicht in dem ›großen Haus‹, von dem Aisha erzählt hatte. Sie wußte, daß Alf Brockmann niemals das Dirnenhaus besuchen würde und hatte deshalb gerade diesen Platz als ihre Wohnung angegeben. In Wahrheit hauste sie in einem Fellachenhaus am Rande der Oase und knüpfte Matten aus Palmfasern. Das war ihr offizieller Beruf. Sie war als ›unbedenkliche Eingeborene‹ bei den Überwachungsstellen registriert und galt als Oasenbewohnerin, die nicht überwacht zu werden brauchte.
    Aisha wartete, bis sich das Klopfen an der Tür wiederholte. Dreimal kurz – einmal lang. Dann öffnete sie die Tür einen Spalt und sah hinaus.
    Der Soldat Hassan Ben Alkir stand draußen und grinste sie freundlich an. Aisha trat zur Seite und ließ Hassan ins Haus schlüpfen.
    »Einen schönen Gruß, Schwester«, sagte er, pellte einen Leinensack von dem mitgebrachten Paket und legte es auf den Tisch. Aisha sah es kurz an und trat dann zwei Schritte zurück, so schnell, als sei sie in einen Feuerkreis geraten.
    »Was soll das, Hassan?«
    »Welche Frage.« Hassan setzte sich, zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch gegen die Decke.
    »Für wen?« fragte Aisha leise. Das Entsetzen stand deutlich in ihren Augen. Sie brauchte die Antwort nicht mehr, sie ahnte sie schon.
    »Der Weiße.«
    »Alf Brockmann?«
    »Wie er heißt, weiß ich nicht. Man sagte mir nur: Aisha weiß Bescheid.«
    »Und … und wann?«
    »So schnell wie möglich. Zwei Fehlschläge haben wir jetzt gehabt. In Kairo und hier. Man will nicht länger warten. Wir müssen jetzt an die Wurzel gehen.«
    »Alf Brockmann ist nicht die Wurzel.« Aisha bemühte sich, ganz ruhig zu sprechen. Sie starrte das harmlose Paket an und wußte, was geschehen würde, wenn jemand die Verschnürung aufknotete. »Er ist nur ein kleines Rädchen in dieser gewaltigen Maschinerie. Glaubt man etwa, daß sich etwas ändert, wenn Brockmann durch dieses Paket in die Luft fliegt?«
    »Anscheinend ja. Sonst hätte man es mir nicht gegeben.« Hassan Ben Alkir sah hinaus auf die sonnenheiße Oasenstraße. Kinder spielten mit einem luftlosen Gummiball. Wenn sie ihn gegen die Wände schossen, klang es wie klatschende Ohrfeigen.
    »Verschwendung ist das!« rief Aisha.
    Hassan hob die Schultern. »Weiß ich es? Wir sollen

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