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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte früher einmal Josef Brahms geheißen.
    Das erste Leben des Hauptmanns Josef Brahms hörte am Morgen des 31. August 1942 auf. An diesem Tag wurde sein Tigerpanzer in der Wüste lahmgeschossen, und während die Rommel-Armee vergeblich gegen die britischen Stellungen bei El Alamein anrannte, holten halbverdurstete Tommies Hauptmann Brahms und vier von seiner Tigerbesatzung aus dem glühenden Stahlkasten und fuhren sie nach Alexandrien in die Gefangenschaft.
    Dort wurde Josef Brahms gut verpflegt, dort traf er auf andere Offizierskameraden, und als er nach Kriegsende erfuhr, daß man ihn einschiffen und nach England bringen wollte, verschwand er von einem Außenkommando spurlos in der Wüste. Und mit ihm sieben andere Offiziere und ein Feldwebel der ehemaligen ›Wüstenfüchse‹.
    Damals suchte man nicht lange nach diesen acht Flüchtenden. Die Wüste würde sie bald wieder ausspucken, dachte man. Und wenn nicht … gefährlich werden konnten sie nicht. Sie konnten Datteln ernten, die Sterne anstarren, die Sonne verfluchen, das schale Wasser trinken, sich nachts am getrockneten, angezündeten Kamelmist wärmen, sich gegen die Sandflöhe wehren, von Schakalen anheulen lassen, die Fäuste gegen die kreisenden Geier schütteln. Es war ein Hundeleben, in das sie geflüchtet waren. Warum sollte man sich die Mühe machen und sie suchen?
    Fünf Jahre lebte Hauptmann Brahms mit seinen Männern in der Oase Dachla, einem grünen Gebiet inmitten der Libyschen Wüste von der Größe des Rheinlandes. Das kleine Dorf Ain Chebir wurde ihre Heimat. Dort bauten sie moderne Bewässerungsanlagen, versuchten den ersten Orangenanbau und handelten mit Vieh und Frauen, einem begehrten Artikel für die Beduinen, die junge Mädchen in ihren weltvergessenen, winzigen Wüstendörfern so nötig brauchten wie Salz und Töpferwaren.
    Dieses einfache und oft mühsame Leben von Kolonisatoren änderte sich schlagartig, als General Nasser im März 1954 ägyptischer Ministerpräsident wurde.
    In Suez, bei einer Kanalbesichtigung, wurde Hauptmann Josef Brahms mit seinen sieben Mannen dem General vorgestellt.
    »Was können Sie beitragen zum Aufbau Ägyptens?« fragte Nasser. Und Hauptmann Brahms antwortete mit zusammengeknallten Hacken:
    »Wir können alles, Herr General.«
    Seit diesem Tage wurde aus Brahms Darahn, aus Josef das arabische Jussuf. Hauptmann Brahms und seine Freunde besuchten in Alexandrien eine Schule, hielten sich als Militärberater in der Negev-Wüste, an der israelischen Grenze auf. Schließlich bekam Brahms das Haus ›Roseneck‹ außerhalb Kairos, einen Geheimsender und den Auftrag, Spionageabwehr zu betreiben.
    In den Augen Hauptmann Brahms' sah das folgendermaßen aus: Geld aus Ägypten, Aufträge aus Deutschland, Sabotagematerial aus England. Oft war es eine Kunst, alle drei Seiten gleichmäßig zu befriedigen und nicht durcheinander zu kommen. Ganz kompliziert wurde es, als der deutsche Handelsvertreter Hans Ludwigs nach Kairo kam, um für eine deutsche Eisenfirma eine Nahostniederlassung zu gründen. Es blieb nicht aus, daß Ludwigs eines Tages im deutschen Club mit Jussuf Ibn Darahn zusammentraf und man nach einer Stunde vorsichtigen Abtastens entdeckte, daß Hans Ludwigs Leutnant einer Flakeinheit gewesen war, die bei Tobruk zehn englische Panzer abgeschossen hatte.
    Bei dieser Gelegenheit stellte sich aber auch heraus, daß Ludwigs nicht nur Röhren verkaufte, sondern auch für den Staat Spionage betrieb, der als Erzfeind Ägyptens galt und auf dessen Agenten die Gruppe Brahms angesetzt war.
    »Das ist eine schöne Sauerei«, sagte Hauptmann Brahms in einer Ecke des deutschen Clubs und prostete Ludwigs zu. »Theoretisch müßte ich Sie jetzt verhaften lassen. Praktisch ist das aber nicht möglich, denn wir alten Rommel-Kameraden – Prost, Ludwigs! Überlegen wir mal, ob wir nicht zusammenarbeiten können.«
    Es war möglich. Nur wurde das Kreiselspiel immer komplizierter. Keiner durfte dem anderen weh tun, und doch erwarteten alle Auftraggeber Erfolge.
    Als das Labor am Nilufer gesprengt werden sollte und durch den Nachtwächter Hassan Ibn Mahmut gerettet wurde, empfing Hauptmann Brahms mit saurer Miene seinen Freund Ludwigs.
    »Was denkst du dir eigentlich?« sagte er. »Wenn Abu Zabal in die Luft gegangen wäre, hätten auch wir das Fliegen gelernt. Wir hatten abgemacht, daß die Bombe nicht stärker ist als eine normale Granate. Was da hochgegangen ist, war aber eine Mine.«
    Hans Ludwigs nickte. »Die Packung

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